Wetter. Kartoffel kaufe ich eigentlich direkt beim Bauern oder im Supermarkt. Doch wie aufwendig ist eigentlich so eine Ernte? Wir haben das getestet.
Sie haben wohlklingende Namen: Annabell, Belana oder Laura. Experten wissen jetzt schon, dass hinter diesen Namen keine Damen stecken, sondern Kartoffelsorten. Sie sind auf dem Hof Hinnebecke zu finden. Die Redaktion wollte wissen, wie aufwendig es ist, die leckeren Knollen zu ernten. Vorab: Schnelle Hände und ein gutes Auge sind die Grundvoraussetzung.
In diesem Jahr ist die Familie Beckmänning vom Hof Hinnebecke in den Kartoffelverkauf, neben den Tannenbäumen und Eiern der Hühner, eingestiegen. In den vergangenen zwei Jahren testeten die Geschwister Nils (20), Paula (18) und Stina (16) zunächst auf kleiner Fläche, wie der Anbau funktioniert. Im April ging es dann auf das große Feld. Zunächst wurde das Land gepflügt, gekreiselt und eingeebnet, dann folgte die Pflanzung. „Dabei muss man darauf achten, dass die Abstände in der Reihe passen“, erklärt Nils vor der Ernte.
Je mehr Platz die Pflanzen haben, desto größer werden die Kartoffeln. „Wir wollen aber Speisekartoffeln, und die sollen möglichst gleich groß sein“, so Nils Beckmänning. Danach wird wieder Erde auf die Bahn gehäufelt, damit die Pflanzen auch gut angehen. Bis zur Ernte waren die Geschwister zweimal auf dem Feld und haben Unkraut gezogen. „Im Mai hat uns der Spätfrost um zwei Wochen zurückgeworfen, aber heute können wir zum sechsten Mal ernten“, erzählt er stolz.
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Diesmal gibt es allerdings ein Handicap: Sie haben mich dabei. Landwirtschaftlich bin ich nicht ganz unbefleckt. So habe ich während meiner Studienzeit in einer Bauern-Metzgerei mit eigener Schlachterei gearbeitet. Doch eine Kartoffelernte war bisher noch nicht dabei. Die drei Geschwister sind aber überaus geduldig mit mir und erklären, worauf es ankommt. Erstmal werde ich mit Handschuhen ausgestattet, für die ich im Nachhinein noch sehr dankbar bin. Dann erklärt Nils mir den Kartoffelroder, der vom Traktor gezogen über die Bahn mit den Kartoffeln fährt. Er holt die Pflanzen aus dem Boden, befördert sie auf eine kleine laufende Rüttelplatte, auf der bereits die gröbsten Erdklumpen abfallen. Anschließend wird das Kraut, so nennt sich der obere Teil der Pflanze, von den Kartoffeln getrennt. Dann werden die Knollen über ein Förderband nach oben gebracht. Dort wird mein Einsatzort sein.
Die beiden Schwestern Paula und Stina nehmen mich oben auf dem Roder in die Mitte. Dort gibt es kleine Lehnen, die ich aber definitiv nicht brauchen werden, wie sich herausstellt. Die kleine Tür hinter uns wird zu gemacht, dann setzt Nils den Traktor mit uns als Anhänger in Bewegung. Das Laufband fährt an. „Du musst gleich die Erdklumpen, Steine und faule oder kaputte Kartoffeln aussortieren. Die wirfst du da in den Schacht“, erklärt Paula. Dann stellt sie das Förderband per Hand an, und los geht es. Die ersten zwei Meter sind noch einfach. Nur wenige Kartoffeln kommen zu uns herauf, aber sie haben schon eine gewisse Geschwindigkeit. Dann geht der Roder auf die richtige Bahn, und ich kann kaum schauen, wie schnell die 16-jährige Stina ihre Hände über die Kartoffeln auf dem Laufbahn gleiten lässt und alles aussortiert, was da nicht hingehört. Alles kann sie jedoch nicht erwischen, und so komme ich auch zum Einsatz. Nach einer kurzen Orientierung versuche ich es ihr nachzumachen, aber ganz so schnell sind meine Hände trotzdem nicht. Glücklicherweise steht neben mir noch Paula. Sie beseitigt die Reste, die von meiner Arbeit noch übrig bleiben. Zu Beginn bin ich noch recht vorsichtig. Kartoffeln, die vielleicht nicht ganz der Norm entsprechen, also kleine Fehler haben, einfach wegzuwerfen, ist eigentlich nicht mein Stil. Aber: So lautet nun mal die Aufgabe.
Zeit zum Nachdenken bleibt nicht
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Zwischendurch läuft das Band fast über, so viele Kartoffeln, Erdklumpen, Steine und auch ein bisschen Kraut befinden sich darauf. Paula stellt das Band etwas langsamer ein. Ob es an mir liegt? Ich hoffe nicht und gebe mir noch mehr Mühe, schneller zu sein. Währenddessen merke ich deutlich, dass die Sonne, trotz des späten Nachmittags immer noch eine ziemliche Kraft hat. Mir wird schon erheblich warm. Viel Zeit, um darüber nachzudenken, bleibt jedoch nicht. Das Band läuft immer weiter. Dann bleibt der Traktor stehen. Das Band läuft leer. Ich traue mich, aufzuschauen. Wir sind am Ende der Bahn angelangt. Einsatzende. Ein Blick in den Kartoffelbunker zeigt: Rund 400 Kilo Kartoffeln haben wir innerhalb einer halben Stunde geerntet. Ein bisschen stolz bin ich schon. Die geernteten Kartoffeln kommen nun in die Scheune, und bevor sie in Netze zum Verkauf gepackt werden, werden sie nochmal sortiert. Ich hätte nie gedacht, dass es so viel Arbeit macht, bis die tolle Knolle in den Verkauf geht.