Herdecke. . Eheleute Isabella und Sebastian Stosik eröffnen Lebensmittel-Geschäft am Donnerstag. Frische Waren und polnische Spezialitäten.

Bei der Wohnzufriedenheitsanalyse, deren erfreuliche Ergebnisse die Stadt Herdecke mit der Hochschule Bochum 2015 veröffentlichte, schnitt der Nacken am schlechtesten ab. Ein Grund für den vergleichsweise niedrigen Wohlfühlfaktor (immer noch auf hohem Niveau): mangelhafte Infrastruktur. Das soll sich ändern. An diesem Donnerstag, 28. März, wollen die Eheleute Isabella und Sebastian Stosik in der Ringstraße 51 einen Supermarkt eröffnen.

„Viele fragen uns schon ganz neugierig, wann wir aufmachen“, sagt der 33-Jährige, der – wie auch seine Frau – aus Polen stammt. Als kleines Kind kam er nach Deutschland und lebt seit 2011 in Herdecke. Nach seiner Ausbildung bei Rewe in Dortmund arbeitete er zwölf Jahre lang für den gleichnamigen Supermarkt von Christian Symalla in Ende, war dort bis zu seinem Ausscheiden im Juli 2017 auch lange Marktleiter. Mit der Zeit reifte der Gedanke, sich selbstständig machen zu wollen. Unterstützt wurde er dabei von seiner Gattin (30), die er über den Job kennenlernte und die am Nacken wohnte. Seit einigen Wochen sorgen Zwillinge für Trubel im Hause Stosik.

Zwei berufliche Standbeine

Zwei neue Herausforderungen stehen nicht nur privat auf der Tagesordnung. Im Sommer 2017 gründete der 33-Jährige seine Großhandelsfirma Aurellia Trade GmbH. „Ich importiere viel Ware aus Polen, als Hauptgeschäft haben sich damals Kekse herauskristallisiert“, berichtet Sebastian Stosik. Als Ein-Mann-Betrieb (mit Unterstützung vor allem vom Schwiegervater und von der ganzen Familie) fuhr der Kaufmann in der Anfangszeit durch ganz Deutschland, besuchte Messen und knüpfte Kontakte. 150 Kunden sind es mittlerweile, die von ihm polnische Leckereien beziehen. Und bei der Suche nach einem geeigneten Lager stieß er im Sommer 2018 auf das seit langem leerstehende Ladenlokal am Nacken.

Bis 2006 hatte dort ein Netto geöffnet, zuvor war es ein Edeka. Stosiks Idee: Lager und Verkauf in einem. Nach dem Erwerb des entsprechenden Gebäudeteils begannen im Januar die Renovierungsarbeiten. „Aus der Nachbarschaft blieben viele vor dem Geschäft stehen und schauten hoffnungsfroh hinein. Und gerade Ältere sagten uns, dass sie sich sehr über einen Supermarkt freuen würden“, erzählt der Herdecker, der unter anderem von Edeka Ware erhält und sonst frei einkaufen kann. Sechs Helfer unterstützen die Eheleute seither beim Einrichten, die Regale auf 460 Quadratmetern Verkaufsfläche füllen sich schrittweise.

Kooperationspartner aus Ende

Stosiks Konzept: „Wir sind ein richtiger Supermarkt, nur eine Nummer kleiner. Es soll zu jedem Produkt hier eine günstige Variante und einen bekannten Namen geben.“ Konkret können Kunden sich ebenso auf frische Ware einstellen wie auch auf russische und polnische Spezialitäten, die etwa ein Viertel des Sortiments ausmachen. „Die Wurst aus meinem Heimatland sticht dabei hervor.“

Zum Standard gehören Obst, Gemüse, Milch, Käse, Eier, Yoghurt, Getränke, Tiefkühlware und verpacktes Fleisch in einer Truhe. Das kommt von einem Großhändler aus Oberhausen, den Sebastian Stosik zufällig kennenlernte.

Auch in Herdecke schaute sich der 33-Jährige um und fand drei Partner-Betriebe in Ende: Kooperationen bestehen mit Blumen König, mit dem Tomatenhändler Babkus und mit Neuhaus Grillwurst. „Wir wollen hier in erster Linie ein Grundsortiment für die Leute vom Nacken bieten“, sagt Stosik, der als Geschäftsführer auf acht Angestellte (zwei 450-Euro-Kräfte und sechs in Teilzeit) und mit seinem Aurellia-Handel weiter auf ein zweites Standbein setzt.

Keine echte Konkurrenz für andere

„Als kleiner Supermarkt müssen wir hier mit anderen Zahlen rechnen als große Betriebe. Wir wollen als kleinere Ausführung wahrgenommen werden und uns etablieren. Die Stammkundschaft steht für uns im Vordergrund, auch wenn wir natürlich auch Auswärtige aus der nahen Umgebung rund um Herdecke anlocken wollen“, sagt der 33-Jährige, der sein Nahversorgungs-Geschäfts nicht als klassische Konkurrenz für Discounter oder große Supermärkte ansieht.

Wie soll denn der Laden direkt neben dem Friseur „Hairdecke“ und Kiosk am Nacken heißen? „Unser Sohn hat ein mint-farbenes Stoffmonster geschenkt bekommen, das so schön knistert.“ Die Eltern fanden Gefallen an der Farbe – und tauften ihr neues Geschäft „Mint-Markt“. Mit dieser entsprechenden Optik außen und im Inneren hoffen sie, einen Wiedererkennungswert gefunden zu haben.

Neue Aufgabe optimistisch angehen

Bliebe noch die Frage, wie groß das Risiko und ob ein neuer Supermarkt in abgelegener Lage ein besonderes Wagnis sei. „Ich bin positiv gestimmt und grundsätzlich ein optimistischer Typ“, sagt Sebastian Stosik. Er sei vom Fach und wisse, worauf es in dem Metier ankomme. „Zudem haben uns die Reaktionen und die erfreuliche Resonanz gezeigt, dass wir hier mit einigen Kunden rechnen können. Viele aus der Nachbarschaft sind froh, für Lebensmittel nicht mehr fahren zu müssen.“ Sollte sich der „Mint-Markt“ etablieren, könnte am Nacken der Wohlfühlfaktor steigen.