Herdecke. Bettina Reichel gibt nach fünf Jahren Vorsitz der Werbegemeinschaft Herdecke ab. Wegen Corona fällt 2020 jedes Stadtfest (u.a. Winterzauber) aus

Neues Personal an der Spitze: Die Tagesordnung zur Jahreshauptversammlung signalisierte den Mitgliedern der Werbegemeinschaft Herdecke bereits Veränderungen. Im Zweibrücker Hof verkündete Bettina Reichel dann, dass sie jetzt nach fünf Jahren ihr Vorstandsamt aufgibt. Nachfolgerin und neue Vorsitzende ist die bisherige Stellvertreterin, Kirsten Deggim. Auch Osita Uchegbu, seit 2007 Geschäftsführer, hört auf. Seinen Posten übernimmt Julia Herrmann.

Bettina Reichel

Mit dem Hinweis auf das Sprichwort „Neue Besen kehren gut“ begründet die Mode-Fachfrau, dass sie nun den Vorsitz abgebe. Das habe keine Auswirkungen auf ihre Geschäfte in der Fußgängerzone, sagt Reichel und berichtet von erfreulichen Tendenzen, da die Corona-Krise teilweise sogar Kunden aus Großstädten ins beschauliche Herdecke führe. „Als erste Vorsitzende – und das war ich super gerne – will ich vorne weg gehen. Wir haben in meiner Amtszeit viel umgesetzt, das war teilweise sehr intensiv. Mir fehlten zuletzt aber Ideen, wie ich die Werbegemeinschaft weiter an vorderster Front voranbringen kann.“ Impulse sollen nun von anderen kommen.

Nicht mehr Vorsitzende der Werbegemeinschaft Herdecke: Mode-Geschäftsfrau Bettina Reichel.
Nicht mehr Vorsitzende der Werbegemeinschaft Herdecke: Mode-Geschäftsfrau Bettina Reichel. © Privat

Sie trete ohne Groll von ihrem Amt zurück, das sie im Falle einer unbefriedigenden Lösung auch weiter geführt hätte. Stattdessen lobt sie das „tolle“ Vorstands-Team, sieht die Gemeinschaft generell gut aufgestellt und arrangiert sich auch mit ihrer Nachfolge, die sie gerne aus den Reihen des Einzelhandels als größte Gruppe gesehen hätte. „Das hat aber nichts mit der Person zu tun, das weiß Kirsten Deggim auch. Ich erhoffe mir nun frischen Wind und begrüße es auch, dass mit Marion Ambrosius-Schumacher nun wieder eine erfahrene Geschäftsfrau im Vorstand aufrückt.“

Kirsten Deggim

Die 47-Jährige ist Inhaberin einer Marketing-Agentur in Herdecke und sieht ihre Stärken im Netzwerken, daher trieb sie auch den Gründer- und Unternehmertreff hier voran. Nach zwei Jahren als „Vize“ der Werbegemeinschaft übernimmt sie nun dankbar den Vorsitz ihrer verdienstvollen Vorgängerin und will im Sinne der Mitglieder „Herdecke weiterhin attraktiv halten. Ich habe viele Kontakte zum Einzelhandel und kenne auch die Bedürfnisse der Dienstleister. Der Austausch untereinander ist mir wichtig.“ Vieles befinde sich in guten Bahnen, Corona sorge für große Herausforderungen, denen die verheiratete Mutter von drei erwachsenen Kindern mit vermehrten Treffen und einer Betonung der Gemeinschaft begegnen will. „Ich setze mich dafür ein, dass wir uns gegenseitig unterstützen, einem Partner beispielsweise mal eine Schaufenster-Fläche zur Verfügung stellen.“

Ambrosius-Schumacher wieder Stellvertreterin

59 Mitglieder zählt die Herdecker Werbegemeinschaft aktuell. Die nächste Jahreshauptversammlung (die Zusammenkunft jetzt am Mittwoch war wegen Corona vom Frühjahr in den Sommer verschoben worden) steht im März 2021 auf dem Programm.

Vorstandswahlen finden in der Regel alle zwei Jahre statt.

Die 17 anwesenden Mitglieder votierten jetzt auch wieder für Marion Ambrosius-Schumacher (bisherige Beisitzerin) als zweite Stellvertreterin der Vorsitzenden.

Der andere „Vize“ Claus Schölermann stand nun nicht zur Wahl. Unverändert heißt der Schatzmeister Imad El-Masri, Matthias Boldt bleibt Beisitzer.

Auch das Internet biete weitere Möglichkeiten. „Es soll aber jetzt nicht jeder einen Online-Shop eröffnen. Der Zustand der Werbegemeinschaft und die Mischung hier sind gut, nun geht es behutsam um die Weiterentwicklung“, sagt die Herdeckerin Deggim, die in ihrer Heimat auch politisch für die Grünen etwas bewegen will.

Osita Uchegbu

Seit 2007 war der derzeitige Amtsleiter (Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing, Tourismus) der Stadt Geschäftsführer der Werbegemeinschaft. Dieses Ehrenamt gibt er schweren Herzens auf, da er Ende des Jahres die Herdecker Verwaltung verlässt und beruflich eine neue Herausforderung annimmt. „Es war eine Kopfentscheidung, der Vorstand war für mich so etwas wie eine kleine Familie.“ Die Art der Zusammenarbeit habe ihm Spaß bereitet. „Es war schön zu sehen, was wir auf die Beine gestellt haben. Das positive Feedback hat uns oft bestärkt, dass wir zufrieden beizeiten die Früchte unserer Arbeit ernten konnten.“ Erfreut blickt er in die Innenstadt, wo er sowohl momentan als auch in den letzten Monaten so gut wie keinen Leerstand feststellen könne – „das war vor Jahren schon mal anders. Wir bewegen uns hier seit einiger Zeit auf einem hohen Niveau.“ Auch die Bemühungen, die Altstadt mit dem jungen Zentrum am Flussufer zu verbinden, gehen demnach in die richtige Richtung. Hilfreich sei stets auch seine Tätigkeit als städtischer Wirtschaftsförderer gewesen, wobei sich die tatsächlichen Auswirkungen der Corona-Krise wohl erst im Herbst 2020 oder später zeigen könnten. Der Werbegemeinschaft mit ihren guten Strukturen wünscht Uchegbu, dass die neuen Entscheidungsträger sich nicht auf dem Erreichten ausruhen und die gute Vorarbeit (Kontakte zu Agenturen, Dienstleistern, erfolgreiche Plakat-Aktionen) für neue Projekte nutzen. „Ich denke, dass wir nach viel Arbeit nun die Werbegemeinschaft in gute Hände übergeben.“

Julia Hermann

Julia Herrmann, die urlaubsbedingt bei der Jahreshauptversammlung fehlte, setzt eine Tradition fort. Die Werbegemeinschafts-Geschäftsführer kamen wie zuletzt etwa Rolf Reichardt oder Uchegbu allesamt aus dem städtischen Wirtschaftsförderungs-Amt. Seit Jahresanfang arbeitet Herrmann in der Herdecker Verwaltung. Zuletzt kümmerte sie sich um den Stadtgutschein, der sich laut Amtsleiter Uchegbu sehr gut entwickle: „Wir haben nach einem halben Monat 62 Karten mit einem Wert von 1900 Euro verkauft, zudem mit dem Shakespeare-Pub einen weiteren Teilnehmer auf Geschäftsseite gewinnen können und eine Händlerin mit konkretem Interesse, in den Kreis der derzeit 28 Anbieter dazuzustoßen.“

Stadtfeste

Keine Maiwoche, keine anderen Feste im Zentrum: Nach den zahlreichen Veranstaltungs-Absagen in diesem Jahr (jetzt Mitte August beispielsweise hätte „Herdecke karibisch“ Besucher in die Innenstadt gelockt) verkündete nun die Werbegemeinschaft, dass auch der Winterzauber im Dezember ausfalle.

„Diese Entscheidung trafen nun die Werbegemeinschaft mit der Stadt sowie dem Heimat- und Verkehrsverein“, hieß es nach der Jahreshauptversammlung der Händlerschaft. Zur Begründung reichen sechs Buchstaben: C-o-r-o-n-a.

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Bei dem Treffen erfuhren die hiesigen Geschäftsleute aber auch von zwei Terminen zu ihren Gunsten. Am 4. Oktober und 29. November 2020 soll es in Herdecke verkaufsoffene Sonntage geben. Und zwar – so hatte es die nordrhein-westfälische Landesregierung vor rund vier Wochen in Aussicht gestellt – ohne das sonst erforderliche Begleitprogramm. Sollten weitere Signale in diese Richtung gehen und falls auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi das Vorhaben nicht verhindert, können Ladeninhaber auf einen kleinen Ausgleich nach den Einnahmeausfällen wegen der Pandemie hoffen.

Austausch mit EN-Agentur

Zudem steht die Werbegemeinschaft in Kontakt zur EN-Agentur. Die Wirtschaftsförderer des Kreises kennen die Not der Gewerbetreibenden und entwickeln derzeit ein Konzept, um Kunst und Handel zu kombinieren. Die Herdecker Verantwortlichen entscheiden dann, ob sie diese Vorlage umsetzen oder – darauf aufbauend – eine eigene Veranstaltung noch in diesem Jahr konzipieren. „Nach der Absage aller Stadtfeste 2020 geht es in den nächsten Monaten darum, kleinere, aber ähnlich attraktive Alternativ-Angebote zu entwickeln“, sagt die neue Werbegemeinschafts-Vorsitzende Deggim. „Den Schutz-Anforderungen entsprechend, soll dabei nicht so eine große Menschenmenge entstehen wie bei den sonstigen Anlässen. Wobei diese neuen Wege womöglich auch nach der Corona-Zeit Bestand haben können.“

Die Werbegemeinschaft will kein Risiko in diesem Jahr durch größere Ansammlungen eingehen. Deggim: „Wir wollen uns schnellstmöglich wieder unseren Kernthemen widmen, bleiben aber vorsichtig.“