Wetter/Gevelsberg. Von Albringhausen bis Gevelsberg: Der Lückenschluss am Radweg Von Ruhr zu Ruhr lässt auf sich warten. Laut Straßen NRW könnte das bis 2030 dauern
Vor genau einem Jahr nahm der Landesbetrieb Straßen NRW den Silscheder Tunnel und den Hangschluchtwald in seine Planung für den Ausbau des Radweges zwischen Gevelsberg und Wetter auf. Bis zu diesem Zeitpunkt war vorgesehen, die Strecke um das Bauwerk herum zu führen. Seit einem Jahr wird nun die neue Planungsvariante geprüft. Wir haben nachgefragt, wie der aktuelle Stand im Verfahren ist und wie die Arbeiten am Radweg voranschreiten.
Zum Hintergrund
Der Landesbetrieb Straßen NRW ist seit einigen Jahren dabei, einen Großteil der ehemaligen Elbschebahntrasse als Radstrecke zwischen Wetter und Gevelsberg umzubauen – als Lückenschluss zum Rundweg „Von Ruhr zu Ruhr“. Im August vor drei Jahren wurde der erste Bauabschnitt in Wengern inklusive Viadukt für Radler frei gegeben. Der geplante zweite Bauabschnitt schließt sich von Albringhausen bis nach Silschede (Im Hedtstück) an, wurde aber – wie berichtet – in der Umsetzungsplanung zeitlich hinter den dritten Bauabschnitt gelegt und baulich noch nicht begonnen.
Der dritte Bauabschnitt, der derzeit in Arbeit ist und vorgezogen wurde, beginnt in Silschede im Bereich des alten Bahnhofes Asbeck sowie der Straße Im Hedtstück und führt bis zum S-Bahnhof Gevelsberg-West. Die notwendigen Hangsicherungsarbeiten sind mittlerweile abgeschlossen.
Als nächstes stehen die Bauwerke im Fokus. Insgesamt sechs befinden sich in diesem Bereich: vier Brücken, das Eisenbahnviadukt Stefansbecke und der Tunnel Klosterholz. Sie alle müssen verkehrstechnisch gesichert und saniert werden.
Zum Zeitplan
Die Vergabe der Aufträge für die Bauwerksanierungen läuft, im Spätsommer oder Herbst könnte es mit den Arbeiten losgehen. Erst wenn die Bauwerke fertig sind, geht es an den Radweg an sich. Je nach Verlauf und unter Berücksichtigung des Artenschutzes sei mit einer Fertigstellung im Winter oder Frühjahr 2021/22 zu rechnen, heißt es vom Landesbetrieb. Bis Sommer oder Herbst 2022 sollen die etwa drei Kilometer Radweg fertig gestellt sein.
Zum Vorwurf, dass in den vergangenen Monaten nicht viel auf dem zukünftigen Radweg passiert ist, erklärt der zuständige Projektleiter Thomas Schittkowski von Straßen NRW, dass vieles im Hintergrund geschehe und ein großer Planungsaufwand bestehe. Es sei sehr schwierig, die Trasse unter den notwendigen Umweltaspekten herzurichten, „es ist keine einfache Reaktivierung der Fläche.“ Auch die Topographie sorge für einen großen Arbeitsaufwand.
Er rechnet damit, dass der gesamte Radweg in all seinen Abschnitten eher 2030 als 2025 fertig gestellt wird. Auch der Silscheder Tunnel hätte sicherlich seinen Anteil an der Verzögerung. Die Sanierung wird nicht nur teuer, von mehreren Millionen Euro zusätzlich ist die Rede, sondern auch sehr aufwändig.
Silscheder Tunnel
Der mögliche Ausbau der Strecke durch den Silscheder Tunnel und den anschließenden Hangschluchtwald würde sich örtlich im zweiten Bauabschnitt befinden und zeitlich zum neuen vierten Bauabschnitt werden. Eigentlich plante Straßen NRW mit einer Umfahrung des Tunnels. Seit dem Sommer 2019 ist der Silscheder Tunnel offiziell Bestandteil der Planung und aktuell in der Prüfung. Die Stadt Gevelsberg sieht zwei Vorteile bei der Durchfahrt durch den Silscheder Tunnel: Radfahrer müssten die Elbschebahntrasse nicht verlassen. Und die Umfahrung würde eine Steigung von etwa 14 Prozent bedeuten – gegenüber 2,5 Prozent auf dem Radweg durch den Tunnel und den Hangschluchtwald.
Der Knackpunkt
Der still gelegte 870 Meter lange Silscheder Tunnel ist im Laufe der Jahre zur Heimat von Fledermäusen geworden. Und genau darin liegt der Knackpunkt. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände dürfen durch die Planung nicht ausgelöst werden. Das bedeutet, dass die gesamte Planung in enger Abstimmung und in Begleitung der Unteren und Oberen Naturschutzbehörde des Ennepe-Ruhr-Kreises und der Bezirksregierung Arnsberg erfolgen muss. Eine Artenschutzprüfung läuft derzeit mit dem Ziel, eine Möglichkeit zur Nutzung zu finden, ohne die Tiere zu vertreiben. Auch hier könnte eine Tunnel im Tunnel-Lösung eine Möglichkeit sein, wie sie beim Klosterholztunnel umgesetzt wird. Hier wird die Decke abgehängt und eine Seite des Tunnels zugebaut, um den Fledermäusen einen geschützten Raum zu bieten. In Silschede müsste sicherlich eine aufwändigere Lösung her, um die Nistmöglichkeiten zu erhalten und Störungen zu minimieren.
Kaum spürbar bergauf
Der fehlende Ausbau für die Strecke Von Ruhr zu Ruhr auf dem Gebiet der Stadt Wetter (von der Brücke am alten Külpmann-Steinbruch in Albringhausen/Am Overbeck bis zur Gevelsberger Grenze) lässt laut Straßen NRW noch einige Zeit auf sich warten.
Seit 2017 gelangen Pedaltreter vom Ruhrtalradweg in Wengern über den Abzweig Am Jakob zum Viadukt und hinauf bis zur Ratelbecke. In schöner Landschaft geht es auf der historischen Zugstrecke kaum spürbar bergan bis zum Landhaus am alten Bahnhof Albringhausen.
Auf dem ausstehenden Teilstück in Esborn muss der Landesbetrieb unter anderem noch Grundstücksfragen mit Privatbesitzern klären.
Thomas Schittkowski erklärt, dass auch geprüft werde, in welchem Zustand das Bauwerk ist. Ob die Idee, den Radweg durch den Silscheder Tunnel zu führen, umsetzbar ist, wird sich noch zeigen. Das Ergebnis ist weiterhin offen.
Auch der Hangschluchtwald ist eine Herausforderung für die Planer und Umweltschützer. Die 35 Meter steilen Hänge haben eine hohe ökologischen Bedeutung. Problematisch ist die notwendige Hangsicherung. Statt die alten Rubinien aus Sicherheitsgründen zu fällen, präsentierte das von der Stadt Gevelsberg beauftragte Ingenieurbüro Ahlenberg aus Herdecke eine Alternative: Die Planer schlagen eine Art Drahtkäfig vor, der die Radler auf dem Radweg schützt und den Hangschluchtwald erhält. Die Kosten, die damals berechnet wurde, belaufen sich für die Radwegeinhausung etwa 200.000 Euro je 100 Meter. Der Hangschluchtwald erstreckt sich über eine Länge von etwa einem Kilometer. „So etwas ist noch nirgendwo gebaut worden“, sagt Thomas Schittkowski