Herdecke. Die Maiwoche in Herdecke ist jedem der Senioren ein Begriff. Aber längst nicht alle gehen heute noch so gerne hin wie in jüngeren Jahren.

Nichts gegen zwei Mal im Jahr Trödelmarkt mit Kirmeswochenende. Aber Heinz Kühnholz war Anfang der Siebziger Jahre nicht der Einzige, dem das zu wenig war. Der Herdecker Händler wollte für seine Heimatstadt ein jährliches Stadtfest und fand Mitstreiter. Die Idee zur „Maiwoche“ war geboren. Und eigentlich jeder der Senioren am täglichen Stammtisch in Herdecke kann etwas dazu sagen.

Am 1. Montag im Mai gab es einen Trödelmarkt und am 1. Montag im Oktober. Dazu kam jeweils eine Kirmes an dem Wochenende. So war es in Herdecke, bevor Heinz Kühnholz und sein Vorstandskollege Udo Löffler aus dem Werbering ein richtiges Fest auf die Beine stellen wollten. Bierstand, Ochse vom Spieß, eine Dixieband – auf diesen drei Säulen ruhte zunächst das Konzept. Langsam erst kam auch die Stadtverwaltung als Veranstalter ins Spiel.

Nach dem Stammtisch aufs Fest

Mittlerweile ist die Maiwoche zum Synonym für die Feierfreude und den Gemeinsinn der Herdecker geworden. Über Christi Himmelfahrt wird es in diesem Jahr die 46. Auflage geben. Und Adi Möller geht nicht hin. „Damit habe ich nichts am Hut“, sagt der 86-Jährige, der in den achtziger Jahren nach Herdecke gekommen ist und noch weiß, wie sich der Verkehr durch die komplette Hauptstraße schlängelte. Für die Maiwoche wurden auf den Parkplätzen, die mittlerweile vom Kampsträter Platz überdeckt werden, und vor dem Rathaus Buden aufgebaut. Und damals, ja da ging Möller auch noch zur Maiwoche hin.

Täglich am Stammtisch

Seit Jahrzehnten kommt eine Runde von Rentnern in Her­decke regelmäßig zusammen.

An jedem Tag der Woche treffen sie sich, nach festem Plan, in verschiedenen Cafés der Herdecker Innenstadt.

Die Mitglieder der Runde sind zwischen 76 und 98 Jahre alt.

Geredet wird über Politik und Fußball. Im Mittelpunkt stehen aber Geschichten von früher.

Die Redaktion hat sie notiert.

Die Abkehr vom Herdecker Stadtfest ist bei ihm erst mit dem Alter gekommen. „In jüngeren Jahren war ich mitten drin“, erinnert sich Möller, und auch sein Stammtischnachbar Heinz Badziong hat in den ersten Jahren, als er noch nicht nur ein paar Lenze vor der Hundert stand, immer vorbei geschaut. „Ich liebe den Rummel nicht“, sagt der Senior heute. Vor einem halben Jahrhundert war das noch völlig anders. Und auch für ihn war ein Gang über die Maiwoche in der Wahlheimat eine Selbstverständlichkeit.

Für Dieter Krüger ist das bis heute so geblieben. 81 Jahre jung ist er, und auch im letzten Frühling hat er sich ganz selbstverständlich ins bunte Treiben zwischen Kampsträter Platz und Viehmarktbrunnen begeben. Obwohl: „Das Programm ist für mich nicht mehr so interessant“, sagt er. Aber Freunde und Bekannte von früher treffen, mit ihnen nicht nur über die Maiwochen von damals reden, das lässt sich der gebürtige Herdecker nicht nehmen.

Die 33.Herdecker Maiwoche: Junggästeführer der Stadt Herdecke unterstützen die Stiftsdame.
Die 33.Herdecker Maiwoche: Junggästeführer der Stadt Herdecke unterstützen die Stiftsdame. © Heinrich Hendel

Für Dr. Klaus Imle war die Maiwoche „immer ein wunderbares Gemeinschaftserlebnis.“ In den Sportgruppen hat er selbst mitgemacht oder die Kinder beim Sackträgerlauf angefeuert. Ihm, dem Zugereisten, haben das Fest und die Atmosphäre „das Gefühl gegeben, in Herdecke freundlich angekommen zu sein.“

Jeden Tag trifft sich der Stammtisch in einem der Herdecker Cafés. Die Abfolge ist festgelegt. An ihr ändert sich auch nichts, wenn an vier Tagen im Mai in Herdecke Stadtfest gefeiert wird. Der Tag ist ja noch lang genug, wenn die Stammtisch-Runde nach Kaffee und dieser und jener Geschichte meist gegen Mittag wieder auseinander geht. Aber während der Maiwoche gibt es vielleicht verstärkt Geschichten von der Maiwoche wie sie war, als sie erst die Konturen von heute gewann.

Zur Freude der Vereine

Ein Fest von Herdecker Vereinen für Herdecker Bürger ist die Maiwoche auch heute noch. Clubs und Verbände übernehmen auch die Versorgung mit Essen und Trinken und bessern damit ihre Kassen auf. Zunächst war das gar nicht so leicht zu kalkulieren. Von einem Ochsen am Spieß in einem der Anfangsjahre blieb allerdings nichts übrig, erinnert sich Heinz Kühnholz. Nichts, bis auf einen großen Hüftknochen. Die blanke Trophäe „haben wir mit Freuden zu Gastwirt Albert ins Haus Pfingsten getragen“, denkt er lachend zurück.

Heinz Kühnholz hat die Maiwoche nicht nur als Geschäftsmann aufs Gleis gesetzt. Zur Eröffnung hat er im Männerchor die Gäste mit in Empfang genommen – bis es das Freibier gab. „Beim zweiten Schlag spätestens war das Fass offen, ob bei Bürgermeister Hugo Knauer oder auch bei seinem Nachfolger Hans Werner Koch.“ An diese Schlagkraft hat Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster bisher nicht anschließen können. Der Feierlaune der Herdecker hat das keinen Abbruch getan: So einen schönen Bierregen wie 2019 hat es in fast 50 Jahren Maiwoche noch nicht gegeben.

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