Herdecke. . Neues Sicherheitskonzept für das „Sauf-Gelage“, Bleichsteinwiese verwaist: Polizei und Stadt Herdecke haben mit dem Verdrängungseffekt gerechnet.

Welch ein Kontrast: Am Rande der Maiwoche 2018 tummelten sich zum Auftakt bis zu 600 junge Leute auf der Bleichsteinwiese, ein Jahr später so gut wie niemand. Die Auswirkungen des dort neu erlassenen Alkohol- und Glasverbots sind offensichtlich. Die drei eingerichteten Zugangskontrollen zum Sport- und Freizeitzentrum wollen in diesen Tagen nur wenige passieren, stattdessen treffen sich Hunderte Jugendliche aus nah und fern an anderen Stellen entlang des Ufers.

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„Es hat den klassischen Verdrängungseffekt gegeben, der zu erwarten war“, erklären Dietmar Trust als Einsatzleiter der Polizei und Lars Heimann, Rechts- und Ordnungsdezernent der Stadt Herdecke. Die beiden Behörden setzen in Absprache mit weiteren Beteiligten nach den ausufernden Vorkommnissen in den Vorjahren – wie berichtet – ein neues Sicherheitskonzept um. „Die Zusammenarbeit der Einsatzkräfte hat wieder gut funktioniert“, heißt es am Freitag aus dem Rathaus, nachdem tags zuvor kaum junge Leute zum Trinken und Feiern an das Ufer gekommen sind.

Einsatzzentrum unter der Ruhrbrücke

Am Mittwoch verteilten sich Kleingruppen vor allem unterhalb des Hotels Zweibrücker Hof und weiter bis zum Quartier Ruhraue, in Richtung Schulhof des Friedrich-Harkort-Gymnasiums ist weniger los. Das Einsatzzentrum befindet sich unter der Ruhrbrücke, hier haben sich Dutzende Ehrenamtler des Roten Kreuzes mit ihrem Zelt für Behandlungen und auch das Technische Hilfswerk neuerdings platziert.

THW leuchtet Treffpunkte an drei Stellen aus

Das Technische Hilfswerk (THW), das auf einen ruhigen Donnerstagabend zurück blickt, leuchtet an drei Stellen mit Schweinwerfern größere Treffpunkte am Ufer aus.

20 Ehrenamtler sind bis tief in die Nacht unterwegs, so ist es laut André-Marcelle Hubert, Leiter der Dienststelle, an allen Tagen während der Maiwoche geplant.

Das THW Hattingen stellt als Unterstützung für das Rote Kreuz ein Motorrad und Quad für Erste-Hilfe-Einsätze („First responder“) zur Verfügung.

Unterdessen gehen Polizisten und Mitarbeiter der Stadt, unterstützt von einem Sicherheitsdienst, durch die Reihen. Sie nehmen in der Dunkelheit Personalien auf oder schütten mit Hinweisen auf das Jugendschutzgesetz Alkohol weg. „Es sind hier insgesamt weniger unterwegs als vor einem Jahr am Mittwoch“, meint Dr. Heismann, der wie seine Kollegen gut an den orange-farbenen Westen zu erkennen ist. Sie konfiszieren (bis Montag) auch Musikboxen wie Ghettoblaster, um die Nachtruhe einzuhalten. „Da es keine Masse ist, lassen sich die Leute einzeln besser kontrollieren“, sagt Stadtsprecher Dennis Osberg.

Das bestätigt die Pressestelle der Polizei am Freitag: „normales Einsatzaufkommen ohne größere Ausschreitungen.“ Die Beamten sprachen demnach an den ersten beiden Tagen bzw. Nächten 16 Platzverweise am Ufer aus, dazu zwei Strafanzeigen plus eine daraus folgende Ingewahrsamnahme. Als kurz nach 22.30 Uhr ein sehr lauter Knall zu vernehmen ist und sich ein Anwohner von der Vinckenbergstraße meldet, eilen die Polizisten dorthin, ohne etwas feststellen zu können.

Tumulte an der Hengsteyseestraße

Also richtet sich der Fokus weiter auf das Geschehen am Ufer, wo zahlreiche Einsatzwagen stehen. Flaschensammler sind auf der Suche nach Pfandbehältern, zwischenzeitlich fährt ein Boot der DLRG vorbei. Mancherorts riecht es nach Marihuana.

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Im Verlauf des Abends steigt mit dem Alkoholkonsum auch das Aggressionspotenzial. Das ist auch an den Bushaltestellen Hengsteyseestraße zu spüren, hier steigen die Auswärtigen (in diesem Jahr wieder viele aus Hagen bzw. Vorhalle und Witten) ein und aus. Von dort ist der bis 22 Uhr geöffnete Getränkeladen nur ein paar Meter entfernt, den haben die Behörden ebenso im Blick wie den Schulshop am Sonnenstein. Ab und an heulen Motoren von Autos auf. Imponiergehabe.

Erste Bilanz vom Roten Kreuz

Das eigentliche Fest in der Stadt war aus der Sicht des Deutschen Roten Kreuzes „zwar voll, aber ruhig. Wir hatten dort nur wenige Einsätze, die am Ende in einer Fahrt ins Krankenhaus mündeten“, sagte ein Sprecher.

Das Alkohol- und Glasverbot zeigt Wirkug: Die Wiese ist am Mittwochabend fast verwaist.
Das Alkohol- und Glasverbot zeigt Wirkug: Die Wiese ist am Mittwochabend fast verwaist. © Steffen Gerber

Am Bleichstein-Gelände habe das neue Sicherheitskonzept dafür gesorgt, dass die Wiese fast leer war. Stattdessen hat sich das Geschehen weiter Richtung Ruhr verlagert. „Für uns bedeutet das leider deutlich mehr Aufwand, da unsere Teams längere Wege haben und so die Einsätze länger dauern“, berichtete Jens Struppek. „Trotz gesunkener Einsatzzahlen waren unsere Helfer mehr eingebunden, als in den Vorjahren.“ Die Bilanz für Mittwoch am Bleichstein-Gelände: um die 50 Einsätze, von denen fünf im Krankenhaus endeten.

„Es ist klar, dass wir hier am Ufer nach den Vorjahren nicht alles auflösen und verhindern können“, so Wachenleiter Trust. Um 23 Uhr geht eine Kleingruppe über den Realschul-Parkplatz. In Hörweite des Reporters sagt ein Jugendlicher: „Mein Kumpel aus Herdecke hat mir zum Saufen hier erzählt, dass in diesem Jahr so viele Bullen ‘rumlaufen wie bei einem BVB-Spiel gegen Schalke.“ Merke: Die Strategie, das Alkohol-Gelage einzudämmen und langfristig zu verhindern, scheint sich herumzusprechen.