Herdecke. . Lars Strodmeyer (Prozessgemeinschaft Herdecke unter Strom) kritisiert Politiker wie Staatssekretär Bareiß wegen der Stromtrasse von Amprion.
Der für viele enttäuschende Bürger-Dialog mit dem Parlamentarischen Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie wirkt auch bei der Prozessgemeinschaft Herdecke unter Strom noch nach. Während manche die Diskussion am 24. Januar im Ratssaal über die genehmigte Amprion-Stromleitung als „Farce“ bezeichnen, hat Lars Strodmeyer einen offenen Brief an Thomas Bareiß geschrieben. Hier einige Auszüge daraus.
Im Namen der Prozessgemeinschaft kritisiert Strodmeyer Staatssekretär Bareiß: „Leider lässt die Enttäuschung über Ihren schlechten und vielfach nicht richtigen Informationsstand bei vielen Herdecker Bürgern nicht nach. Wie emotional die Bürger auf die Begleitung Ihres Ortstermins durch eine Amprion-Delegation reagiert haben, haben Sie live mitbekommen. Sich im Gegenzug eine Begleitung des Termins durch Bürger im Vorfeld zu verbitten, passt perfekt in das Bild, was wir Bürger leider im gesamten Verlauf des Verfahrens gewinnen konnten.“
Impulse fast nur von Anwohnern
Laut Lars Strodmeyer interessiere die Meinung und die Sorgen der Betroffenen weder Politiker wie Bareiß noch die Bezirksregierung oder Amprion. Ein Bürgerdialog wurde demnach zehn Jahre lang versäumt, damit auch die frühe Beteiligung der Betroffenen und die rechtzeitige Auslotung von Alternativen. „Von keiner Seite wurde jemals aktiv nach einer besseren Lösung für die Bürger gesucht. Jeglicher Impuls zu diesem 80 Jahre währenden Projekt kam von Seiten der Anwohner.“
Der Herdecker skizziert, dass alle Termine mit Verantwortlichen nach ähnlichem Muster verliefen. „Wir trafen auf schlecht informierte und desinteressierte Politikvertreter mit wenig Willen, sich der Probleme und deren Lösungen ernsthaft anzunehmen. Ich werde das hier nicht weiter vertiefen, weil unsere Erfahrungsberichte den Rahmen sprengen würden.“
Viele Fragen der Herdecker blieben demnach am 24. Januar unbeantwortet. Zum Beispiel diese: Der Ausbau der Trasse von Dortmund nach Dauersberg sei notwendig, um ein Gelingen der Energiewende herbeizuführen. Derzeit betrage der Anteil an erneuerbaren Energien in der Leitung durch Herdecke rund fünf Prozent. „Zudem ist unsere Trasse aktuell nicht ausgelastet. Bitte legen Sie dar, wieviel Leistung die Trasse zukünftig führen wird und für welche Region dieser Strom gedacht ist. Sie sprachen vom Ruhrgebiet. Über welche Wege gelangt der, der durch Herdecke fließt, ins Ruhrgebiet? Wie erfolgt der Anschluss an die von Ihnen genannte Windkraft aus der Nordsee?“
Strahlenbelastung klären
Zudem fragt Strodmeyer, wieso es keinen Unterschied in den Grenzwerten für Strahlenbelastungen der Anwohner bei Bestandstrassen und bei Neubautrassen gebe. An Bareiß gerichtet: „Bitte nennen Sie uns Grenzwerte bei Neubautrassen und für Anwohner im Trassenraum unserer Trasse nach Ausbau.“
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Der Herdecker versteht nicht, wieso dieser Trassenausbau nicht als Neubau gilt. „Die Masten stehen an anderen Orten, die Masten sind doppelt so hoch und verursachen ein Mehrfaches an Strahlung. Weder bei Autobahnen, noch bei Gebäuden kann man sich auf ähnliches berufen.“
Schwer zu glauben sei auch, dass der Schutz des Menschen angeblich immer im Vordergrund stehe. „Bei unserer Trassenführung befinden sich im 200-Meter-Abstand von der Trasse ca. 2500 Menschen inklusive unserer 400 Grundschüler. Sie selbst haben gesagt, dass der Natur- und Umweltschutz vielfach über’s Ziel hinaus schießt. Wenn auch Sie dieser Meinung sind, warum setzen Sie sich dann nicht dafür ein, die Alternativtrasse entlang der Autobahn (zu einem Drittel bereits ebenfalls Bestandstrasse) und durch/über den Wald ernsthaft und unvoreingenommen zu prüfen? Sie erklärten vielmehr, dass die Alternative länger sei und mehr Maststandorte brauche. Das ist faktisch und belegbar falsch.“
Keine innovative Lösung
Der Sprecher der hiesigen Prozessgemeinschaft hinterfragt auch eine angeführte Studie, wonach sich die Immobilienpreise entlang von Höchstspannungsfreileitungen nicht negativ verändern. „Nach unserer Information sinken die Bodenrichtwerte entlang der 380-KV-Leitungen, und die Gutachterausschüsse reagieren hier mit Abschlägen bei der Bewertung. Bitte verschaffen Sie uns Zugang zu dieser Studie, die das Gegenteil belegt.“
Für die Prozessgemeinschaft stehe fest, dass „Sie hier eine nicht benötigte Trassenerweiterung für die nächsten 80 Jahre zu Lasten der Gesundheit der Anwohner und Grundschulkinder sowie auf Kosten der Immobilieneigentümer mit einer 100 Jahre alten Technik durchsetzen wollen.“ Innovation in Form von Infrastrukturkanälen oder moderner Kompaktmasten sehe anders aus.