Wetter/Hagen. . Jens Mütze beschäftigt sich oft mit der Demag. Der Bevollmächtigte der IG Metall Hagen ist recht optimistisch, was den Standort Wetter betrifft.
Die Demag ist in Sachen Mitarbeiterzahl der größte Betrieb im Zuständigkeitsgebiet der Geschäftsstelle IG Metall Hagen. Auch deswegen hat Jens Mütze als 1. Bevollmächtigter einen besonderen Blick auf das Unternehmen in Wetter, zumal er hier obendrein dem Aufsichtsrat als Arbeitnehmer-Vertreter angehört und für diese Seite die Verhandlungen zum Zukunftstarifvertrag führte. Vor den Feierlichkeiten zum 200-jährigen Bestehen skizziert der Gewerkschafter, was für die „Demagogen“ erreicht wurde und 2019 zu tun ist.
Der Zukunftstarifvertrag ist unterschrieben, wie bewerten Sie die Verhandlungen mit Konecranes?
Jens Mütze: Wir sind ja nicht blauäugig in die Verhandlungen gegangen und wussten, dass auch bei Konecranes nicht alles so bleiben wird, wie wir es uns wünschen würden. Wir, also die Belegschaft, der Betriebsrat, die Vertrauensleute und die IG Metall, haben diesen Veränderungsprozess angenommen, um ihn auf Augenhöhe mitgestalten zu können. Ziel war es von Anfang an, so viele tarifgebundene Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten und für die Zukunft zu sichern. Der Umgang mit der Geschäftsführung und Konecranes ist bis dato hart, aber fair.
Welche Stärken beinhaltet der Zukunftstarifvertrag aus Ihrer Sicht, was hätte besser laufen können?
Besser wäre es gewesen, wir hätten nicht über eine Arbeitsplatzreduzierung verhandeln müssen, sondern um einen Arbeitsplatzaufbau! Aus meiner Sicht hat der Zukunftstarifvertrag folgende Stärken: Ausschluss der Standortschließung bis 2030, industrielles Konzept „Wetter 2020“, Beschäftigungsgarantie für mindestens 1001 Beschäftigungs- und Ausbildungsverhältnisse bis 2028, Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2019, festgeschriebene Ausbildungs-Zusicherung (je nach Bedarf 20 bis 30 Azubis pro Jahr), ein Investitionspaket für die Modernisierung und Zukunft des Standortes in zweistelliger Millionenhöhe. Und zu guter Letzt die garantierte Tarifbindung bis zum 31. Dezember 2031. Dadurch konnten wir grundsätzlich die Größe und die Bedeutung des Standortes Wetter im Konecranes-Konzern positiv und zukunftsorientiert herausstellen. Dieses Ergebnis konnte auch nur durch die Unterstützung aller Mitarbeiter(innen) und deren Geschlossenheit gemeinsam erzielt werden. Ein, aus meiner Sicht, klares Bekenntnis zur Mitbestimmung und Solidarität.
Bei der Vorstellung des Programms zu den 200-Jahr-Feierlichkeiten schrieb ein Facebook-Nutzer, dass das die Abschiedsvorstellung der Demag in Wetter sei. Wie erklären Sie sich den Pessimismus?
Zeiten mit mehreren Tausend Beschäftigten, als die Werksstruktur hier völlig anders war, gehören der Vergangenheit an. Wir konnten für den Standort heute mit 1300 Mitarbeitern eine Mindestzahl von 1001 ausverhandeln. Ich bin optimistisch, dass Konecranes bis 2028 auch keine 300 Stellen hier abbaut. Die Konzernleitung hat sich klar dazu aufgestellt, im Markt zu wachsen. Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen sie weiterhin qualifizierte und engagierte Mitarbeiter. Deshalb streben wir derzeit einen Teilinteressenausgleich an, auch um den Wissenstransfer von älteren auf jüngere Kollegen zu ermöglichen. Wir wollen das Potenzial der rentennahen Jahrgänge nutzen, ehe manch einer sozialverträglich ausscheiden kann. Ergänzend werden Kolleginnen und Kollegen von Demag-Service am Standort bleiben, auch wenn sie wohl ab dem 1. Juli organisatorisch zu einer dann übergreifenden Service GmbH von Konecranes gehören. Für die soll dann ein Haustarif gelten. Das wollen wir jetzt im Februar fixieren. Wir sind guter Dinge, auch hier einen akzeptablen Kompromiss zu erzielen.
Beim Service steht also eine Vereinheitlichung an. Wie sieht es in anderen Abteilungen aus, was ist mit der Synchronisierung von Produkten?
Die gute Nachricht: Der viel diskutierte Seilzug wird weiter in Wetter hergestellt. Auch die unbefristete Übernahme von Auszubildenden werte ich als Erfolg. Das dickste Brett haben wir in der Logistik für ca. 100 betroffene Demagogen zu bohren. Konecranes will das extern vergeben. Wir sind aber überzeugt, dass wir das weiter intern regeln sollten, müssen dafür aber kürzere Wege im Werk und Modernisierungen anstreben. Das sollte Teil der zukunftsorientierten Investitionen sein. 2019 haben wir Klarheit, ob die Logistik intern oder extern organisiert wird.
100 Betriebe zu betreuen
Die IG Metall Hagen mit ihrer Geschäftsstelle in der Körnerstraße 43 ist für rund 100 Betriebe in Hagen, Schwerte, Herdecke und Wetter zuständig.
Jens Mütze, der kürzlich 50 Jahre alt wurde, ist seit 2013 der 1. Bevollmächtigte, als Beisitzerin ist auch Ivonne Eisenblätter (Wetter/Demag) im Hagener IG-Metall-Vorstand aktiv. 2020 stehen wieder Wahlen an.
Mütze wuchs in Hagen auf und ist gelernter Betriebsschlosser. Im Krupp-Stahl-Werk bzw. Deutschen Edelstahlwerk hatte er als Betriebsrat viel Kontakt zur IG Metall. Dort trat der Familienvater dann die Nachfolge von Hubert Rosenthal an.
Wie geht es denn in Sachen Stellenabbau weiter?
Wir haben für ein Jahr betriebsbedingte Kündigungen verhindert und uns verabredet, im November 2019 erneut darüber zu reden. Dass Stellen allenfalls sozialverträglich abzubauen sind, gehört zu unserem Zehn-Punkte-Katalog. Eventuell verlängern wir am Jahresende die Absprachen zum Thema Kündigungen. Für die Belegschaft sollte es auf Qualifizierung und eine gewisse Flexibilität ankommen, ein Aufgabenwechsel im eigenen Werk kann auch Vorteile mit sich bringen. Nur so können wir Veränderungen mitgestalten und den Leuten die Angst nehmen.
Aber das Demag-Werk wird – damit auch der Standort Wetter – doch weiter geschwächt?
Wir dürfen nicht verkennen: Die Musik spielt nicht nur hier, auch wenn wir hier gut aufgestellt sind. Die Größe des Werks an der Ruhrstraße kann ein Vor- wie Nachteil sein. Ob jemand etwas von der Marke Konecranes oder Demag kauft, wird am Ende über den Preis entschieden. Wir wollen das Werk in Wetter mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln stabilisieren, zukunftsorientiert aufstellen und ein starker sowie innovativer Standort im Konecranes-Konzern sein. Da helfen natürlich auch die aktuell erfreuliche Auftragslage und die generellen Wachstumsperspektiven. Bei den Verhandlungen über einzelne Bereiche im gesamten Jahr 2019 geht es auch darum, sinnvoll zu investieren. Dabei müssen wir die sensibilisierte Belegschaft mitnehmen und informieren, damit Demag/Konecranes trotz der wechselvollen Vergangenheit auch zukünftig ein attraktiver Arbeitgeber ist und bleibt. Ich halte übrigens die 200-Jahr-Pläne für angemessen, damit wird auch gerade die Wertschätzung der Mitarbeiter deutlich. Schließlich haben Menschen die Werte erarbeitet, für die die Demag auch heute noch steht.