Herdecke. . Die Prozessgemeinschaft Herdecke unter Strom freut sich über Unterstützung von AHE. Die Entsorgungsfirma und betroffene Eheleute hoffen auf mehr.
Abwarten und Tee trinken, das ist nicht gerade die Spezialdisziplin von Gisela und Wolfgang Heuer. Das Ehepaar wäre als Anwohner direkt betroffen, sollte die Bezirksregierung Arnsberg in den nächsten Wochen den Bau der umstrittenen Amprion-Stromtrasse genehmigen. Die zwei Herdecker überlegen bereits, ob und wie sie bei einem positiven Beschluss vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig Klage gegen die 380-Kilovolt-Leitungen einreichen.
Ein wichtiges Scharnier bei diesen Gedanken ist die Prozessgemeinschaft Herdecke unter Strom. Diese 2016 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist jene Plattform, die im Falle einer juristischen Auseinandersetzung Privatleuten helfen soll, da neben Kosten auch persönliche Risiken bzw. Haftungsfragen zu berücksichtigen sind. Entsprechend aktiv werben die Heuers als Mitbegründer für die Prozessgemeinschaft.
Bezug durch Vorberg-Übernahme
Während Anfragen bei heimischen Politikern bisher nicht den gewünschten Erfolg brachten, gab ihnen nun Johannes Einig eine Zusage. Der Geschäftsführer des Entsorgungs-Unternehmens AHE, das Anfang 2018 die Vorberg-Gruppe im Herdecker Gewerbegebiet Loerfeld (in Trassennähe) übernahm, ließ sich bei einem Gespräch am Firmensitz in Wetter von der Bedeutung der Initiative gegen den Trassenbau überzeugen. Also überwies der Geschäftsmann einen Betrag auf das Konto der Prozessgemeinschaft und will das für Herdecke wichtige Thema künftig in Gesprächsrunden aufgreifen. „Wir können als einzelnes Unternehmen das Problem natürlich nicht lösen, aber als Betrieb in Herdecke wollen wir Schulter an Schulter mit den Betroffenen zusammenstehen“, sagt Johannes Einig.
Der AHE-Geschäftsführer will damit einerseits das Engagement Herdecker Bürger würdigen, andererseits auch informativ mögliche Auswirkungen in der Stadt durch die hohen Masten aufzeigen. „Es gibt hier ja eine einheitliche Front gegen die Baupläne. Das sollte auch die heimischen Unternehmer interessieren“, so Einig. Er richtet einen Appell an Firmen, die Klage-Vorbereitung ebenfalls zu unterstützen. Diesen Aufruf zur Solidarisierung will er aber nicht als Wink mit dem erhobenen Zeigefinger verstanden wissen, sondern als Beitrag zur Gemeinschaft und Bekenntnis zum hiesigen Standort. „Es handelt sich hier um den Kampf David gegen Goliath, nämlich Amprion. Wir wollen dazu beitragen, vielen weiteren Davids zu helfen und würden uns freuen, wenn sich weitere Unternehmen in die Reihe stellen. Es wäre schön, wenn da was ins Rollen käme.“
Kontaktaufnahme und Unterstützung
Wer die Prozessgemeinschaft unterstützen will, kann Geld auf das Konto überweisen: Sparkasse HagenHerdecke, IBAN DE67 450 514 850 003 064 094.
Kontaktaufnahme und Info per E-Mail (w.g.heuer@gmx.de) und über die Facebookseite Herdecke unter Strom.
Gisela und Wolfgang Heuer freuen sich über den Rückenwind. „Das Geld, das wir bisher in der Prozessgemeinschaft gesammelt haben, reicht noch nicht für eine Klage gegen unseren finanziell super potenten Gegner.“ Nach der ermutigenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu einem ähnlichen Fall in Hürth gelte es auch in Absprache mit dem beratenden Anwalt Philipp Heinz, weitere Anstrengungen zu unternehmen und etwa Gutachten vorzubereiten oder Rechtsschutz-Belange zu vertiefen. „Es geht hier nicht nur um Familie Heuer, sondern um Herdecker Belange. Wir wollen zudem keinen Prozess ohne ausreichende Vorbereitung und Absicherung anfangen.“
Im Falle eines positiven Bescheids der Bezirksregierung wollen die Eheleute noch herausfinden, ob und wie eine Baubeginn aufzuschieben sein könnte. „Wir hoffen auch noch, dass Hagener auf unsere Bemühungen aufmerksam werden.“ Grundsätzlich treibt sie an, auch unter moralischen Aspekten mit dem gesammelten Geld der Prozessgemeinschaft verantwortungsbewusst umzugehen. „Wir haben uns auch über Nachbarskinder gefreut, die uns einen Teil ihres Taschengelds gaben.“
Einladung an Bundeswirtschaftsminister
Auch Herdeckes Stadtverwaltung mit Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster an der Spitze befürwortet die Aktivitäten der Prozessgemeinschaft und den Appell an die heimische Unternehmerschaft. Die Stadt selbst, die sich ebenfalls für den Neubau der Amprion-Stromtrasse entlang der Autobahnen 45 und 1 ausgesprochen hat, werde im Fall der Fälle nicht klagen, sondern aussichtsreichere Prozessbestrebungen von Bürgern unterstützen.
Die Bürgermeisterin hat unterdessen einen Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier geschrieben. Der CDU-Politiker hatte in einer Rede im Deutschen Bundestag das Angebot unterbreitet, die Orte zu besuchen, an denen es Probleme mit dem Ausbau der Stromtrassen gibt und auch bei der Suche nach Lösungen zu helfen. „Ich lade Sie daher herzlich zu uns nach Herdecke ein, um sich ein eigenes Bild von dem geplanten Ausbau der Freileitungen zu machen“, heißt es in dem Schreiben.
Viele von neuen Leitungen betroffen
In Herdecke könne Altmaier sehen, dass mehrere Siedlungsbereiche, Schulen und Kindergärten sowie die Landschaft stark betroffen seien. Zudem beklagt Strauss-Köster erneut, dass die alternative Trassenführung an der A45 und A1 bei den Planungen nicht ausreichend gewürdigt worden sei.