Herdecke/Leipzig. . Das Bundesverwaltungsgericht verlangt von Amprion, eine Alternativtrasse in Hürth besser zu prüfen. Das Urteil ist auch für Herdecke relevant.

Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zu einer Höchstspannungs-Stromleitung im Rheinland sorgt auch in Herdecke für gesteigertes Interesse. Die Richter erklärten am Mittwoch einen Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig. Die Bezirksregierung Köln muss die Trassenführung im Bereich der Stadt Hürth neu prüfen.

Geklagt hatten Anwohner und die Stadtwerke Hürth. Das Gericht entschied am Mittwoch, dass die Bezirksregierung Trassenvarianten nicht ausreichend untersucht hat (Az.: BVerwG 4 A 5.17; 4 A 7.17; 4 A 11.17).

Es gibt Parallelen zwischen den Plänen im Kölner Bezirk und dem Abschnitt zwischen Dortmund-Kruckel über Herdecke nach Hagen-Garenfeld. Der Antragsteller ist jeweils Amprion, es geht um eine höhere Stromtransportleistung über 380 Kilovolt, wofür neue und deutlich höhere Masten nötig sind. Beide Trassen führen durch Wohngebiete, betroffen wären jeweils einige Tausend Anwohner. Während es hier Auswirkungen auf rund 2500 Bürger hätte, ist die Siedlungsdichte im entsprechenden Abschnitt in Hürth noch größer und der Abstand der Häuser zu Masten teils noch geringer.

Unterschiedliche Bewertungen des Urteils

Rechtsanwalt Philipp Heinz, der als Fachmann die BI Semberg und Stadt berät, hält das Urteil für „relevant“. Dieses zeige, wie wichtig es ist, dass sich eine Bezirksregierung intensiv und sachgerecht mit möglichen Alternativen befasst und diese im Zweifel auch selbst bewertet. „Sie kann sich auch nicht alleine auf das verlassen, was Amprion liefert.“ Alles weitere werde erst die ganze Urteilsbegründung zeigen.

Amprion hingegen teilte mit, dass das Urteil den Bau der Leitung im Rheinland nicht verzögere. Die Beanstandungen bezögen sich auf einen späteren Bauabschnitt. Die schon begonnenen Arbeiten an den Enden der Leitung würden fortgesetzt. Amprion werde die erforderlichen Untersuchungen durchführen und die ergänzenden Unterlagen schnellstmöglich bei der Bezirksregierung Köln einreichen.

Hier wie dort geht es um eine Alternativtrasse. Im Herdecker Fall gibt es eine seitenlange Prüfung der (technisch) möglichen Ausweichstrecke entlang der Autobahnen A1 und A45. In Hürth wiederum müssten die neuen Leitungen durch ein Naturschutzgebiet führen. Das Bundesverwaltungsgericht verlangt nun, diese Route intensiver zu untersuchen. Dabei kann sowohl herauskommen, dass diese Alternative vorzugswürdig ist oder doch abzulehnen sei, wie es die Netzgesellschaft Amprion gleichermaßen in Hürth wie auch in Herdecke bisher einschätzt.

Schwer einzuschätzen ist aber der Aspekt der betroffenen Bürger. Vorige Gerichtsurteile zeigen, dass die Anzahl der Menschen in Trassennähe nicht unbedingt das ausschlaggebende Argument sein müssen. Oftmals betonten Richter auch, dass die Schutzwürdigkeit in Gebieten mit bestehenden Stromleitungen niedriger einzustufen sei im Vergleich zu einem Trassenbau, der zu neuen Betroffenheiten führt. Im Fall der A45 und A1 käme es zu solch einer Problematik. Zudem würden die existierenden Verbindungen der AVU und Deutschen Bahn sowie Anbindungen an das Koepchenwerk auf Herdecker Gebiet nicht abgebaut.

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Beschluss im Sommer

Von der Bezirksregierung Arnsberg wollte sich der Verfahrensleiter nicht zum Leipziger Urteil äußern. Werner Isermann teilt aber mit, dass ihm nun alle wesentlichen Unterlagen vorliegen und seine Behörde jetzt im Sommer den Beschluss zur Amprion-Trasse von Kruckel nach Garenfeld treffen will. Zu den kleinen Planänderungen in diesem Abschnitt erreichten die Planfeststellungsstelle nun weitere Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange. In einer dieser Mitteilungen ließ die Stadt Dortmund durchblicken, dass diese sich wohl gegen die Alternativtrasse an der Autobahn zum Schutz des dortigen Waldgebiets und der Natur aussprechen würde. Noch deutlicher hatte das zuvor die Verwaltung in Schwerte getan.

Auch die Bürgerinitiative (BI) Semberg, die den Bau der 380-kv-Trasse durch Herdecke verhindern will, blickt interessiert auf das aktuelle Urteil, auch wenn die ausführliche Begründung noch fehlt. „Dies zeigt einerseits den Trend, dass sich Leute wehren“, sagt BI-Mitglied Dr. Raimund Köhne, der weitere Entwicklungen in Deutschland im Blick hat. „Andererseits handelt es sich jetzt um eine Einzelfallentscheidung, die nicht 1:1 auf Herdecke übertragbar ist.“