Herdecke. . Sauf-Gelage am Bleichstein: Der Jugendhilfe-Ausschuss regt an, dass die Stadt Herdecke beim Maiwochen-Programm 2019 junge Leute beteiligen soll.

Zahlen, die für sich sprechen: Herdeckes Beigeordneter Dieter Joachimi gab im Jugendhilfeausschuss bekannt, wie viele junge Leute sich nach Schätzungen der Polizei während der Maiwoche auf der Bleichsteinwiese aufhielten. Waren es zum Auftakt des „Sauf-Gelages“ bis zu 600, flachte es am Abend von Christi Himmelfahrt ab (ca. 300). Am Freitag und Samstag, 11./12. Mai, füllte sich der Platz wieder auf zunächst 800 bis 1000, zum Abschluss tummelten sich bis zu 1200 Jugendliche am Ruhrufer. 70 Prozent seien Auswärtige gewesen, über Verabredungen in sozialen Online-Netzwerken kamen nicht nur Ruhrgebietler, sondern sogar manche aus Hannover.

Auch wenn es strafrechtlich im Vergleich zu anderen Stadtfesten recht gesittet abging, waren die Ordnungskräfte und Mitarbeiter des Sozialen Dienstes oft gefordert. Und das nicht nur beim Räumen der Wiese, das die Polizei im Hinblick auf die Abfahrt der letzten Busse als sinnvoll erachtete. Personen- und Alterskontrollen, Gespräche über Alkohol und Drogen gehörten zu den Vorboten, ehe sich nachts Schlägereien anbahnten oder Rangeleien ausbrachen. Und zwar sowohl am Bleichstein als auch am Haltepunkt Hengsteyseestraße. Speziell die Busse nach Hagen seien nachts voll gewesen, der Einstieg verlief schon mal ruppig.

14-Jährige mit Alkohol erwischt

„Je später es wurde, desto aggressiver war es“, berichtete Joachimi, was Jugendamt-Leiterin Renate Stöver bestätigte. „In der Dunkelheit ist es dort recht unübersichtlich, manche waren sehr aggressiv und unverschämt.“ Zu den Jüngsten, die auffällig wurden bzw. die Eltern abholen mussten, gehörte nun eine 14-Jährige, insgesamt zählten zu dieser Gruppe 14 Bleichstein-Besucher.

Auch Siebtklässler Leon Fox als Vertreter des Kinder- und Jugendparlaments bemerkte, dass in seinen Kreisen die Bleichsteinwiese während der Maiwoche „als Treffpunkt zum Saufen“ bekannt ist. „Im Gespräch mit dem KiJuPa haben wir erfahren, dass auch die entsetzt ob der Zustände sind und sich speziell Mädchen wegen der älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen abends dort nicht mehr hintrauen“, ergänzte Joachimi. Andreas Disselnkötter von den Grünen warf ein, dass aber auch Herdecker und nicht nur Auswärtige den Alkohol-Treff besuchen.

So weit die Bestandsaufnahme. In der folgenden Diskussion im Jugendhilfeausschuss zeigte sich mal wieder, dass Lösungsansätze oder präventive Maßnahmen ein schwieriges Unterfangen sind. Ordnungsrechtliche Fragen seien Thema für den Hauptausschuss, so der Beigeordnete. Zudem sagte Joachimi, dass in den nächsten Tagen die Nachbesprechung zur Maiwoche inklusive Bleichstein mit Vertretern der Stadt, Polizei, vom Roten Kreuz und anderen Beteiligten stattfinde.

Erfahrungen anderer nutzen

Aus den Reihen der Politik kamen Anregungen. Christian Brandt von der CDU schlug vor, sich Informationen beim Landschaftsschaftverband Westfalen-Lippe (LWL) zu lokalen Aktionsprogrammen im Zusammenhang mit Alkohol bei Jugendlichen zu besorgen. Disselnkötter brachte die Erfahrungen des Städte- und Gemeindebunds ins Spiel. „Die Deeskalation war bisher hier nicht erfolgreich.“ Also sollten Herdecker Verantwortliche auch die Expertise anderer beachten.

„Prävention können wir hier aber nur vor Ort betreiben“, entgegnete Joachimi und gab zu bedenken, dass Herdeckes Stadtverwaltung einen Großteil der Bleichstein-Trinker im Vorfeld nicht erreichen könne. „Eine Jugend-Bühne haben wir bei der Maiwoche ja schon gehabt, das hat nicht wie gewünscht funktioniert.“ Und Zugangskontrollen wie jüngst bei Kemnade in Flammen seien am Bleichstein aufgrund der weitläufigen Zugangsmöglichkeiten nahezu unmöglich. Joachimi: „Zudem ist die Innenstadt, in der unser Personal gebunden ist, der Veranstaltungsort der Maiwoche. Warum sollten wir eine Parallelveranstaltung auch noch anfüttern?“

Bei drei Enthaltungen stimmten schließlich alle Parteien für einen Antrag der Grünen. Fraktionsvorsitzender Disselnkötter hatte angeregt, beim Erstellen des künftigen Maiwochen-Programms Kinder und Jugendliche stärker einzubinden, damit für die junge Zielgruppe (14 bis 25 Jahre) ein attraktiveres Angebot am Bachplatz oder sonst wo entsteht. Auch Ausschuss-Vorsitzende Karin Striepen von der SPD war dafür, schränkte aber ein: „Das löst wahrscheinlich das Problem am Bleichstein aber nicht.“