Herdecke. . Frank Herbach ist ein Urgestein der DLRG Herdecke und leitet für die Lebensretter seit Jahren Schwimmkurse im Schraberg-Hallenbad.

Boris Becker hat mal Wimbledon als sein Wohnzimmer bezeichnet. Als solches betrachtet Frank Herbach das Hallenbad in der Schraberg-Grundschule. Hier fühlt er sich wohl, besser: zuhause. Der 56-Jährige kennt das Gebäude noch aus seiner Schulzeit, geht heute hier immer noch ein und aus. Ein paar Meter weiter am Schnee ist der gebürtige Herdecker aufgewachsen. Jeden Dienstag zieht es ihn in seine nasse Heimat an den Beckenrand, und das schon seit langer Zeit. Mindestens genau so vertraut ist ihm die DLRG. Mit 13 kam er zur Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft, bei der Schwimmen eine zentrale Rolle spielt. „Ich bin da mit Leib und Seele dabei“, sagt er. All das spürt der Besucher, wenn dienstags Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene zu Herbach und seinem Team ins Schrabergbad kommen.

Als Jugendwart fing es an

Seit seinem 18. Lebensjahr (damals noch als Jugendwart) leitet Frank Herbach DLRG-Schwimmkurse. Nach seiner Zeit als Stellvertreter von Rainer Stindt ist der Ehrenamtler mit dem Schnauzbart schon länger der Badleiter am Schraberg, der rund zehn Scheine für Rettungsschwimmer, Erste Hilfe, Sanitätsdienste, Fitness u.ä. vorweisen kann. „Das ist hier für mich keine Arbeit, ich mache das freiwillig und gerne, ich kann dabei gut ‘runter kommen“, sagt der Mann, der beruflich als Außendienstler E-Bikes verkauft oder repariert. Scheinbar genießt er das Geschrei und das Gewusel, wenn nachmittags Kinder bei ihm und weiteren Lebensrettern Schwimmen lernen wollen.

Ein Besuch im Schrabergbad. Bekannte Rituale spielen sich dort zu Beginn eines Kurses ab, rufen doch Mädchen und Jungen: „Fischer, Fischer, wie tief ist das Wasser?“ Ein Klassiker. Dann ab ins Wasser. Herbach führt Aufsicht, wie bis zu acht Lehrscheintrainer von der DLRG (die meisten sind Jugendliche) den Anfängern Schwimmen beibringen oder den Fortgeschrittenen zu Abzeichen verhelfen wollen. „Die Gruppe der Fünf- bis Zwölfjährigen ist mit bis zu 20 Teilnehmern stets die größte, Jugendliche zwischen 14 und 16 hingegen kommen kaum noch zu uns. Diesen Trend gibt es schon länger, das dürfte nicht nur bei uns so sein“, meint der Badleiter. Keine Seltenheit hingegen: Wer hier die ersten Bahnen zurücklegt, arbeitet sich oft über die Jahre bis zum Rettungsschwimmer vor.

Lockerheit und Disziplin

Herbach will Kindern eine Linie vorgeben, setzt zugleich auf Lockerheit und Disziplin. „Natürlich machen wir auch Blödsinn und albern herum, aber wir müssen Grenzen setzen.“ Beispiel: Reinschubsen ist tabu. Aber einmal, als eine Mutter entgegen der Absprache durch das Hallenbad lief, landete diese unverhofft im Becken. „Die hat ganz schön überrascht geguckt...“

Verärgert schaut Gemütsmensch Herbach drein, wenn das Schrabergbad geschlossen ist und seine Kurse ausfallen. So wie es während der langen Reparaturzeit bis Anfang 2017 der Fall war und das Hallenbad am Bleichstein drei Jahre als Ausweichstätte diente. „Dadurch konnten wir etwas auffangen, auch wenn wir uns dort mit anderen abstimmen mussten. Insgesamt aber hat uns die Sanierung Mitglieder gekostet und finanzielle Einbußen mit sich gebracht. Dieser Einschnitt hat weh getan.“ Vor der Schließung wühlten sich ca. 180 Teilnehmer durch das Wasser im Schrabergbad. Seit einem Jahr wächst die Zahl wieder, derzeit seien es wohl rund 120. Bemerkenswert findet der Her­decker zudem, dass zuletzt nur drei Viertklässler beim Verlassen der Grundschule in der Neuen Straße schwimmen konnten.

Das neue Hallenbad biete indes gute Schwimmmöglichkeiten und adäquate Umkleideräume sowie Duschen, bei der Gestaltung des Drumherum hätte sich Herbach aber ein Mitspracherecht gewünscht: hier und da ein Fenster mehr, übersichtlichere Räume oder größere Lagermöglichkeiten, so dass die DLRG nicht jedes Mal Rettungspuppen mitschleppen muss. Doch insgesamt seien die Bedingungen so gut, dass sogar Teilnehmer aus Witten, Kirchhörde oder Wetter in den Ortsteil kommen. „Die Auswärtigen machen einen Anteil von ungefähr 15 bis 20 Prozent aus, früher schwammen hier nur Herdecker. Das zeigt, wie wichtig dieses Bad hier für die nähere Umgebung zu sein scheint.“

Heute Kinder, früher die Eltern

Zumal hier die DLRG donnerstags auch Aqua-Fitness-Kurse (u.a. für Senioren) mit musikalischer und stimmlicher Anfeuerung aus den Boxen bzw. vom Beckenrand anbietet. „Im Vergleich zum Schwimmunterricht melden sich dafür aber weniger Leute an.“ In jedem Fall ist Frank Herbach von der Qualität des Angebots überzeugt. Und freut sich, wenn Eltern, denen er früher schon das Schwimmen beibrachte, heutzutage ihre Kinder zu seinen Kursen im Schrabergbad anmelden.

Dann ist es ihm wieder einmal egal, wieviel Freizeit er für seine Leidenschaft opfert. Schließlich geht es im Sommer weiter, wenn im Bleichstein-Freibad Termine oder immer wieder Aus- oder Fortbildungen über das Jahr hinweg anstehen. „In meiner Familie sind alle Mitglieder bei der DLRG. Die wissen, dass am Wochenende oft Fahrten auf dem Programm stehen oder es abends auch mal später werden kann“, sagt der markante Typ in seiner knallroten Kleidung, ehe er sich auf den gewohnten Badeschlappen wieder einer Kindergruppe in seinem feuchten Wohnzimmer zuwendet.