Wetter. . Die Ratsmehrheit aus SPD und FDP stimmt für den Gewerbepark Schwelmer Straße. Die Befürworter mussten sich aber von vielen Seiten Kritik anhören.

  • Bebauungsplan am Stork nach langer Diskussion verbaschiedet
  • Viele Bürger und Politiker kritisieren den Beschluss
  • Wetters Verwaltung verteidigt Vorgehen

Fast zehn Jahre dauerte die Diskussion, ob es Am Stork ein Gewerbegebiet geben soll oder nicht. Am Ende der Debatte standen ein umfangreicher Abwägungsprozess und die Entscheidung im Rat der Stadt Wetter. Ergebnis: Nach namentlicher Abstimmung, die die CSR-Fraktion forderte, kam vor allem durch die SPD und FDP eine Mehrheit für den Bebauungsplan Gewerbepark Schwelmer Straße zustande. Den 22 Befürwortern standen 14-Nein-Stimmen im Wesentlichen aus den Reihen der CDU, Grünen und CSR gegenüber.

Die Auseinandersetzung im Rat enthielt sowohl persönliche als auch emotionale Auftritte. Mal hieß es, dass Fraktionsmitglieder mit Argumenten nicht zu erreichen seien, dann gab es Vorwürfe nach unnötigen Belehrungen. Nach der Entscheidung verließen fast alle Zuhörer die Sitzung, manch einer fluchte und schimpfte („armselig“).

Das sagen Bürger

Schon zu Beginn rumorte es im Veranstaltungszentrum der Sparkasse, in das rund 15 Bürger gekommen waren. Vier von ihnen kritisierten in Wortbeiträgen die Stadtverwaltung und Befürworter in den Fraktionen. Die 146 Einwendungen seien zum Teil zu lapidar bewertet und nur zur Kenntnis genommen statt eingearbeitet worden. Verkehrsauswirkungen und Entwässerungsfragen hätten besser geprüft werden sollen. In den Unterlagen und Gutachten gebe es Tippfehler und falsche Bezüge. Ein Volmarsteiner fragte gar, warum Ratsmitglieder gegen gültige Gesetze verstoßen, ehe der Bürgermeister ihn mäßigte.

Das sagt die Stadtverwaltung

Bau-Fachbereichsleiter Manfred Sell erklärte das Prozedere, wonach es Bürgerbeteiligungen gegeben habe und Anregungen geprüft worden seien. Sollten diese zu keiner Änderung des Bebauungsplans geführt haben, seien diese zur Kenntnis genommen worden. Laut Sell genüge etwa das Verkehrsgutachten gesetzlichen Vorgaben. „Die Verwaltungs-Vorschläge sind vielleicht nicht nach jedermanns Geschmack, wir haben aber eine sachgerechte und transparente Abwägung vorgenommen.“ Fachthemen hätten in den zuständigen Ausschüssen detailliert diskutiert werden können. Es sei beispiellos für die Stadt Wetter, wie intensiv und gewissenhaft die Verwaltung Anregungen beleuchtet sowie Gutachten eingebunden habe.

Das sagt die SPD

Den Abwägungsprozess stufte Peter Zinn als unüblichen, aber transparenten Vorgang für Wetter ein. „Meist finden wir hier bei umstrittenen Projekten einen Kompromiss im Sinne aller, das funktioniert beim Gewerbegebiet Am Stork nicht.“ Er hob den Zeitverlust und den Gewinn von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen inklusive Ausbildungsmöglichkeiten (z.B. duales Studium) hervor. Die Fläche sei eine Stärkung des heimischen Standorts zugunsten des heimischen Mittelstands, was weitere Abgänge wie jene von Burg oder Adronit verhindern soll. „Wetter soll keine Schlafstadt sein.“

Das sagen die Grünen

Angesichts bekannter Bedenken konzentrierten sich die Grünen zunächst auf die Kritik an der Stadtverwaltung, da diese mit den Stellungnahmen und Anregungen nicht richtig umgegangen sei. In den Unterlagen seien Namen nicht geschwärzt, dies führe zu Vertrauensverlusten und geringerer Bürgerbeteiligung in der Zukunft. Inhaltlich sei vieles nicht sachgerecht beantwortet, wie viele kopierte Textbausteine und schwammige Verweise zeigen würden. Die vorgenommenen Abwägungen könnten erneut Rügen nach sich ziehen, so Karen Haltaufderheide, die zudem Argumente der IG Stork, der Stadt Gevelsberg (Verkehrseinwände) und des BUND anführte. Wenig glaubhaft sei, dass ein privater Investor wie geplant bei der Flächenentwicklung mitspiele. „Lügen, Märchen und Legenden“ statt neuer Arbeitsplätze würden so entstehen, sagte Jürgen Uebelgünn. Sigrid Haag wollte, da Bürgeranregungen verkannt worden seien, über drei der 146 Stellungnahmen zu den Themen Lärm, Wald und unumkehrbare Flächenzerstörung einzeln abstimmen lassen, erhielt keine Mehrheit.

Das sagt die CDU

Cosima Palomba zweifelte die Wirtschaftlichkeit des Gewerbeparks an und machte sich für ein landschaftlich attraktives Stadtbild stark. „Wir sind nicht gegen Wirtschaftsförderung, diese aber bitte an der richtigen Stelle.“ Sowohl der Natur- und Umweltschutz, als auch erwartbare Verkehrsprobleme und besorgte Bürger „lassen uns nicht mehr ruhig schlafen“. Christiane Müller thematisierte die Existenzbedrohung zweier landwirtschaftlicher Familienbetriebe dort. Zudem falle am Stork eine Naherholungsfläche für Spaziergänger weg, „und die sind dort tatsächlich unterwegs. Zudem empfahl sie einen Blick auf die Einschätzung des Landesbetriebs Wald und Holz, wonach der Erhalt solcher Flächen von öffentlichem Interesse sei.

Das sagt die FDP

André Menninger sah in dem bedeutenden Beschluss einen „guten Tag für Wetter“ und „eine „zukunftsweisende Entscheidung“. Er war schließlich froh, dass das „Schaulaufen“ in der Ratssitzung ein Ende nahm. Nach seiner Abwägung sei perspektivisch auch mit mehr Gewerbesteuereinnahmen zu rechnen. „Es ist die Wirtschaft, die die Pflöcke zunächst einschlägt, an denen danach das soziale Netz aufgehängt wird.“

Das sagt die CSR

„In den nächsten zwei, drei Jahren ist dort ein Verkehrschaos zu erwarten“, sagte Christopher Krüger. Rainer Peitz beklagte eine Zerstörung der Landschaft und befürchtete die Ansiedlung eines Großlogistikers.

Das sagen Bürger für Wetter

Während Inge Holland für den Gewerbepark stimmte, sah sich ihr Nachbar Gerd Michaelis angesichts der vielen Ängste von Bürgern in seiner ablehnenden Haltung bestätigt. „Wenn Firmen umsiedeln, entstehen hier keine neuen Arbeitsplätze, da beißt sich die Katze in den Schwanz.“