Jäger vom Hegering Herdecke-Wetter erklären Wald-Geheimnisse
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Lesezeit: 7 Minuten
Herdecke. . Waidmänner bilden Hunde aus und legen Fährten: Leser lernen bei der 3. Sommertour der Redaktion von den Herdecker Jägern, wie man Spuren liest.
Dritte Sommertour 2017 führt in den Wald oberhalb der Ruhr
Gäste wandeln auf den Spuren der Rehe
Spaziergang, Informationen und Leckereien vom Grill
Am Ende lassen es sich alle schmecken: Wildbratwurst vom Grill, ein kühles Bier oder ein Wasser dazu. Und als Vor- oder Nachspeise wilde Brombeeren, die von ganz oben, dick und rund. Die dritte Sommertour der Redaktion ist mehr als ein Waldspaziergang auf den Ruhrhöhen, es ist eine lehrreiche Wanderung für die Teilnehmer, eine Abenteuertour für die Kinder, und für die Mitglieder des Hegerings Herdecke/Wetter Gelegenheit, die Arbeit der Jäger ausführlich vorzustellen.
Christian Witte, Vorsitzender des Hegerings, und Jäger Gerd Bönte führen die Tour-Teilnehmer auf die Spuren des Rehs, „die Hauptwildart in unserer Region“, so Witte. Scheu, das ist ein Attribut, das diesem Tier zugeschrieben wird. Die beiden Waidmänner machen darum auch keine große Hoffnung, dass auf dem gut zweistündigen Weg durch den Forst jede Menge Rehe von rechts nach links springen werden. Aber: „Wir werden Spuren finden!“
Und die gibt es tatsächlich zu Hauf. Ist der Blick erst einmal geschärft, kann man im Laub Ruheplätze entdecken, an den Baumstämmen die so genannten Fegestelle, an denen die Böcke ihr Geweih reiben, und im Grün die Fraßstellen. „Rehe sind Feinschmecker, sie zupfen mal hier ein Blatt und mal dort“, erklärt Witte. Haben sie genug gefressen, legen sie eine Ruhepause ein, um wiederzukäuen.
Und das gar nicht weit weg von den Spazierwegen, die in hoher Zahl durch das Herdecker Revier führen. „Solange die Menschen auf den Wegen bleiben, ist es für das Wild kein Problem“, sagt Gerd Bönte. Aufgeschreckt würden die Tiere erst, wenn Mensch oder Hund querfeldein unterwegs sind. „Dann wird das Wild gestört und flüchtet.“ Interessant für die Waldbesucher: Rehe haben einen Zwei-Stunden-Rhythmus, in dem sich Aktivität und Ruhe abwechseln. Und das über 24 Stunden. Es gibt also keine Nachtruhe, sondern auch am Tag brauchen die Tiere ungestörte Phasen.
Die meisten haben drei Enden
Bevor es auf die konkrete Spurensuche geht, packt Gerd Bönte noch einen Sack voller Trophäen aus und sorgt auch damit für Staunen: Zwei kleine Geweihe mit drei Spitzen lässt Bönte durch die Reihen gehen. „Die können Sie mit etwas Glück im Wald finden, weil die Böcke sie abwerfen“, erklärt der Jäger. Auf das Alter der Böcke kann man aber nach Aussage des Fachmanns aus den Enden des Geweihs nicht schließen. „Drei Enden, das haben die meisten auf dem Kopf.“
Das Alter hingegen können die Jäger am Gebiss eines Tieres grob bestimmen. Mit etwa einem Jahr findet ein Zahnwechsel statt, danach muss das Tier mit seinem Gebiss durchs Leben kommen. Wird es nicht überfahren – im Herdecker Revier sind das fünf bis sechs Tiere im Jahr – oder von Jägern erlegt, dann sind es oft die Zähne, die das Ende besiegeln. „Das Gebiss schleift sich ab, irgendwann kann ein Tier nicht mehr fressen und verhungert“, erklärt Christian Witte den unbarmherzigen Weg der Natur.
Davon sind die junge Böcke, die derzeit auf der Suche nach weiblichen Tieren unterwegs sind, noch weit entfernt. Vier Wochen, von Mitte Juli bis Mitte August, dauert die Paarungszeit, von den Jägern auch Blattzeit genannt. Dabei hat dieses Blatt nichts mit dem zu tun, das dem Blattschuss den Namen gibt. Bei letzterem ist es das Schulterblatt des Tieres, in dessen Bereich ein Tier getroffen wird. Wo der Begriff Blattzeit herrührt, demonstriert Gerd Bönte unterdessen lautstark: Er bläst auf einem Buchenblatt, das zwischen den Fingern gespannt wird, und simuliert so den Laut eines weiblichen Rehs. Ein mühsames Unterfangen, „das unsere Altvorderen auch weitaus besser beherrschten“, entschuldigt sich der Jäger für den etwas kläglichen Laut. Inzwischen geht es einfacher mit Hilfe einer Pfeife. „Oder einer App“, wie der Vorsitzende der Kreisjägerschaft Otmar Benner mit einem Schmunzeln erklärt.
Gehorsam täglich trainieren
Entlang des Bergrückens geht es vom Wanderparkplatz am Asternweg Richtung Wetter. Abseits des Weges lässt sich dort gut erkennen, wo die Wildtiere seit Generationen ihre Pfade wählen. Was die Menschen mit Mühe erkennen können, haben Anna und Donna, die beiden Jagdhunde, die die Gruppe begleiten, schon längst gewittert. Dürfen sie einen kurzen Moment ohne Leine durchs Unterholz streifen, ist die Nase immer am Boden. Doch Gerd Bönte und Christian Witte rufen die Hunde schnell zurück. Auch sie sollen das Wild nicht stören.
Beim zweiten Pfiff ist Anna wieder beim Herrchen. Gehorsam, der immer wieder trainiert werden muss. „Jeden Tag“, sagt Christian Witte. Was die Vierbeiner noch alles in den Übungsstunden absolvieren, demonstriert später Frank Mackrodt, Obmann für das Hundewesen im Hegering Herdecke-Wetter. Ein Kaninchenfell, gefüllt mit Sand, wird an einer Schnur über den Boden geschleift und gut 30 Meter weiter auf dem Weg liegen gelassen. Die Hunde haben nicht gesehen, wo die vermeintliche Jagdbeute liegt. Dann wird einer der Münsterländer losgeschickt und kommt wenige Minuten später mit dem „Hasen“ im Maul wieder zurück. Und er kann noch mehr: Auch das Übungsschwein, ein Wildschweinfell, das mit Stroh gefüllt ist, schleppt der Hund brav zu seinem Herrchen. Im wirklichen Jagdhundleben geht es aber oft weniger ums Apportieren, als ums Suchen von verletztem Wild. „Flieht ein Reh nach einem Zusammenstoß mit einem Auto verletzt in den Wald, müssen wir es von seinem Leiden erlösen“, erklärt Mackrodt.
Viel Hege, viel Pflege, viel geduldiges Warten – so beschreiben die Jäger ihre Arbeit im Forst. Aber natürlich ist da auch noch das, was die Jagd auch ausmacht: der Abschuss eines Tieres. 18 Stück Rehwild wird im Revier Herdecke, das von Gerd Bönte und Christian Witte bejagt wird, im Jahr geschossen. Wild, das im Frühjahr als Braten mit Spargel und Erdbeeren auf dem Teller landet, oder eben im Sommer als Bratwurst auf dem Grill. „Lecker“, finden die Gäste an der Schutzhütte.
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