Herdecke. . Auch in Herdecker Jagdbezirken gibt es Ärger mit freilaufenden Hunden. Revierpächter Gerd Bönte musste nun ein gehetztes Reh erschießen.
Schlecht gelaunt kommt Gerd Bönte zur Sprechstunde der Lokalredaktion. Der Revierpächter des Jagdbezirks 61 in Herdecke berichtet, dass er gerade gegen 10.30 Uhr im Wald in der Nähe des Speicherbeckens ein gesundes Rehkitz erschossen habe und es von seinen Leiden befreien musste. „Das macht keinen Spaß.“ Ein freilaufender Hund habe es zu Tode gehetzt.
Seit fast zwei Jahrzehnten ist Bönte in den hiesigen Wäldern als Jäger unterwegs. „Dass nicht angeleinte Hunde uns Ärger bereiten, passiert immer wieder mal und das berichten auch andere Revierpächter“, sagt der Herdecker, der in der Natur am Herrentisch bis zur Hohensyburg und auch am Nacken nach dem Rechten schaut. Der aktuelle Fall am Kleff habe sich so abgespielt: Der Hund einer Spaziergängerin sei einem jungen Reh hinterher gelaufen, habe es in einen Zaun getrieben und mit einem Biss an der Flanke verletzt. Dann habe die Frau die Polizei angerufen, später habe Bönte das Kitz angesichts gebrochener Beine „schweren Herzens“ mit einem Fangschuss erlöst. „Durch das Ignorieren der Anleinpflicht hat sie erst nicht, mit der Meldung bei der Polizei dann doch verantwortlich gehandelt“, sagt der Revierpächter, der selbst einen Hund hat und die Besitzer auffordert, ihr Tier zumindest kurz zu halten. „Den Spruch ‘Der will doch nur spielen’ kann ich nicht mehr hören.“
Unterschiedliche Reaktionen
Die Reaktionen von Hundehaltern, die er im Wald trifft und auf das Thema Anleinen anspricht, seien unterschiedlich. „Manch einer reagiert sofort, wenn er eine Waffe sieht und macht sein Tier fest. Andere reagieren mit Unverständnis und sagen, dass ihr Hund ja für Bewegung bei den Rehen sorge, dadurch würden diese auch nicht fett.“ Er verweist darauf, dass das Ignorieren der Anleinpflicht mitunter ein Bußgeld zur Folge haben könnte.
Immerhin kann Bönte, der ein Revier von knapp 300 Hektar gepachtet hat, auch eine gute Nachricht verkünden. In seinem Gebiet mit aktuell 50 oder 60 Rehen sei der Bestand gut, den er dementsprechend auch in Ordnung halten wolle. Zudem weist er darauf hin, dass das Landesjagdgesetz die Möglichkeit bietet, wildernde Hunde abzuschießen. „Das ist aber wirklich nur der allerletzte Ausweg und kommt sehr selten vor.“
Exakt 36 Mal geschah dies im vergangenen Jahr in NRW, wie Andreas Schneider als Sprecher des nordrhein-westfälischen Landesjagdverbandes (LJV) auf Anfrage berichtet. „Wir appellieren aber weiterhin verstärkt an die Hundehalter, damit so etwas wirklich ultima ratio bleibt, wobei dies auch nur ein kleiner Kreis von Jägern mit besonderen Befugnissen, nämlich Pächter oder Aufseher, anwenden darf.“ Das Landesjagdgesetz habe das Thema nun nochmals konkretisiert, wobei der Schütze in der Beweispflicht stehe.
Hundeführer-Kurse
Damit es nicht so weit kommt, bieten viele Kreisjägerschaften Hundeführer-Kurse an. Der NRW-Verband will zudem mit der Info-Broschüre „Mit dem Hund durch die Natur“ für Aufklärung sorgen. Diese werde zum Teil mit dem Hundesteuerbescheid verschickt, könne aber auch im Internet angesehen werden. In Sachen freilaufende Hunde und zu Tode gehetzte Rehe könne Schneider angesichts einer garantiert existierenden Dunkelziffer keine validen Zahlen oder Trends nennen.
Der LJV-Sprecher weist im Zusammenhang mit hetzenden Hunden auf andere Probleme bzw. Folgeschäden in der kalten Jahreszeit hin. „Im Winter ist der gesamte Stoffwechsel des Wildes auf Energiesparen eingerichtet. Beim Rehwild verkürzen sich sogar die Darmzotten. Selbst wenn ein Reh unverletzt einem wildernden Hund entkommen kann, verliert es dadurch Energie. Wird es mehrfach gejagt, kann es mehr Energie verlieren als es aufnehmen kann, so verhungert es kläglich.“
Der Verband setzt laut Schneider sowohl auf die Fortsetzung der guten Kooperation zwischen Jägern und Polizei als auch auf die Einsicht der Hundehalter. „Gerade im ländlichen Raum kennen sich ja viele untereinander, ein offenes Wort unter erwachsenen Leuten ist da das erste Mittel der Wahl. Anzeigen und ggf. auch Presseberichte sind dann weitere mögliche Schritte.“