Hagen. Entgegen der pessimistischen Studie des Weltwirtschaftsinstitutes glaubt Michael Ellinghaus von der Hagen-Agentur fest daran, dass die Stadt Hagen ein attraktiver Wirtschaftsstandort bleibt.

Wird Hagen wirklich bis zum Jahr 2030 17 Prozent seiner Erwerbstätigen verlieren, wie es eine Prognose der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC und des Hamburger Weltwirtschaftsinstitutes voraussagt? Wird es aufgrund der erhöhten Gewerbesteuer in Zukunft nicht mehr gelingen, externe Betriebe nach Hagen zu locken, wie es der SPD-Ratsherr Jörg Meier prophezeit? Droht der Wirtschaft der einst boomenden Stahlstadt ein Stillstand oder gar Niedergang?

Michael Ellinghaus hält dagegen. Der Geschäftsführer der für die Wirtschaftsförderung zuständigen Hagen-Agentur, der schon die Bewerbung um den künftigen Sitz der Sparkassen-Akademie maßgeblich mitbestimmt hat, sieht die Stadt keineswegs auf dem absteigenden Ast: „Hagen ist für kleine und mittlere Unternehmen nach wie vor ein attraktiver Standort.“

Sicherlich werde es kaum möglich sein, Industriegiganten wie BMW, Siemens oder Vodafone von einem Engagement in Hagen zu überzeugen. Doch in den letzten Jahren sei es gelungen, mehrere Dienstleister und produzierendes Gewerbe in Hagen anzusiedeln. Für mittelständische Unternehmen sei Hagen vor allem aufgrund der guten Kundenbeziehungen ein verlockender Sitz – trotz der hohen Gewerbesteuer, von der Ellinghaus hofft, dass sie in absehbarer Zeit wieder gesenkt wird: „In unserer Stadt haben viele Zulieferer ihr Zuhause, sie profitieren von kurzen Wegen und der hervorragenden verkehrlichen Situation“, verweist er auf die Kunden- und Mitarbeiterbindung, die für Unternehmen heutzutage einen wichtigen Aspekt darstelle: „Betriebe siedeln sich mit Vorliebe dort an, wo es bereits Unternehmen aus der gleichen Branche gibt; vielleicht gar solche, zu denen sie Beziehungen unterhalten.“

Sorge um Gewerbegebiete

Aus dem gleichen Grund seien die meisten Hagener Unternehmer sehr bodenständig und würden, falls eine Verlagerung des Betriebes angedacht sei, innerhalb der Stadtgrenzen umziehen. Als Beispiel nennt Ellinghaus die Metallfirma Habighorst, die sich auf ihrer neuen Bleibe in Herbeck auf Wachstumskurs befinde. Zugleich bereitet dem Hagen-Agentur-Geschäftsführer der Schwund an geeigneten Gewerbegebieten große Sorgen: „Wenn wir nicht bald neue Flächen erschließen, dann stoßen wir wirklich an unsere Grenzen. Dann kann es passieren, dass uns die Unternehmen weglaufen.“

Hagen verliert 17 Prozent der Erwerbstätigen

Die Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC und des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitutes hatte vor zehn Tagen für Aufmerksamkeit gesorgt. Sie besagt, dass das Ruhrgebiet bis 2030 erheblich an Beschäftigung verlieren wird. Den größten Verlust mit fast 17 Prozent der Erwerbstätigen werde Hagen zu verkraften haben. Allein Dortmund und der Kreis Unna könnten mit leichten Zuwächsen rechnen.

Grund für den dramatischen Einbruch ist laut der Studie der demografische Wandel. Während in vielen deutschen Städten die Zahl der erwerbsfähigen Personen im Alter von 15 bis 64 Jahren in den vergangenen Jahren gestiegen ist, verzeichnet das Ruhrgebiet ein Minus. Den größten Bevölkerungsverlust musste Hagen hinnehmen. Besaß die Stadt Mitte der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts noch rund 235 000 Einwohner, sind es derzeit nur noch 188.000.

Laut Studie hat Hagen bereits im Zeitraum 2000 bis 2011 5,7 Prozent seiner Erwerbstätigen verloren. Um den Verlust von Menschen im erwerbsfähigen Alter zu stoppen, müssten Wirtschaft und öffentliche Hände dafür sorgen, dass junge Leute „ihre bestmögliche Bildungs- und Arbeitsmarktkarriere gemäß ihren Talenten und Bedürfnissen“ absolvieren könnten, empfehlen die Verfasser der Studie. So müssten Unternehmen rechtzeitig Kontakt zu Schülern auch aus bildungsfernen Elternhäusern aufnehmen. Zudem sei arbeitsmarktbedingte Zuwanderung notwendig.

Wehtun dürfte der Stadt vor allem der Abgang des Werkzeug-Großhändlers Nordwest AG mit seinen 300 Mitarbeitern. Das Unternehmen, das zu den zwei größten Gewerbesteuerzahlern in Hagen gehören soll, zieht es 2016 bekanntlich ins attraktive Dortmunder Gewerbegebiet Phoenix-West. Die Emigration von Nordwest ist zu einer Art Synonym für die Krise der Hagener Wirtschaft geworden, was seinen Grund nicht zuletzt darin hat, dass das Unternehmen ausdrücklich mit einem attraktiveren Standort als ihn Hagen bieten kann geliebäugelt hat. Doch darf man darüber nicht vergessen, dass die meisten Firmen Hagen die Treue halten.