Hagen. . Sie sieht aus wie ein Engel, sie strahlt wie ein Engel, doch sie soll keiner sein: Susanne mit der Lockenmähne hat ihrer Halbschwester übel mitgespielt. Sie hat Nacktfotos von ihr weitergeleitet. Der Fall landete jetzt vor Gericht.

Susanne (22) und Janine (26, alle Namen geändert) sind Halbschwestern – und sich spinnefeind. Das brachte die jüngere vor den Strafrichter. Der pikante Vorwurf: versuchte Erpressung mit verfänglichen Nacktfotos.

Sie sieht aus wie ein Engel, sie strahlt wie ein Engel, doch sie soll keiner sein: Susanne mit der Lockenmähne hat ihrer Halbschwester übel mitgespielt. Sie hat Nacktfotos von ihr weitergeleitet. „Du hast meine Liebe zerstört!“, muss sie sich im Gerichtssaal ankeifen lassen. Der Engel auf der Anklagebank giftet zurück: „Das war meine längst überfällige Rache. Denn du hast jahrelang alle Geheimnisse von mir ausgeplaudert und mir mein Leben zur Hölle gemacht.“

Nein, das ist nicht die Gerichtsshow von Barbara Salesch, dieser Prozess ist echt und läuft vor Amtsrichter Dr. Thorsten Opitz. Es geht um ein verschwundenes Handy und mehrere indiskrete Bilder, die sich darauf befunden haben. Die intimen, selbst aufgenommenen Fotos, sogenannte „Selfies“, zeigen Janine beim Kuscheln unter einer Bettdecke – mit einem 37 Jahre älteren, verheirateten Mann.

4000 Euro gefordert

Die beiden verhassten Halbschwestern waren sich zuletzt am 24. November in einer Wohnung im Schatten einer Hagener Kirche begegnet. Dort verschwand Janine im Badezimmer und legte deshalb kurzzeitig ihr Handy auf einem Wäschekorb ab. Nachdem sie sich die Hände gewaschen und abgetrocknet hatte, vergaß sie, ihr Gerät wieder an sich zu nehmen. Das Mobiltelefon blieb liegen. Mit schlimmen Folgen.

Offenbar hat es wenig später die verhasste Halbschwester Susanne gefunden und darin die verhängnisvollen Bilder entdeckt: Wie sich Hermann (63), ein leitender Angestellter vom Niederrhein, im Bett räkelt und wie er sich an die nackte Liebhaberin Janine anschmiegt.

Am 7. Januar ist es dann nach Auffassung der Staatsanwaltschaft zu einem Erpressungsversuch gekommen. Um 13.34 Uhr schickte Susanne ihrer Halbschwester eine SMS: „Sag’ deinem Macker, dass ich 4000 Euro will.“ Bis 16 Uhr sollte der Geldbetrag gezahlt werden. Andernfalls, so wurde angedroht, werde sie das verhängnisvolle Bild an die ahnungslose Ehefrau von Hermann übersenden.

Sie wollte ihrer Schwester lediglich eins auswischen

Janine saß gerade am Küchentisch, als sie die böse Nachricht auf dem Handy erreichte, „Sugar­daddy“ Hermann hockte geschockt daneben. „Und, wollten sie das Geld zahlen?“, hakt Richter Dr. Opitz nach. „Ich hatte keine Chance, darüber nachzudenken“, erwidert Hermann verlegen im Zeugenstand, „der Anruf von meiner Frau erfolgte sofort danach. Sie wusste bereits alles.“

Susanne hatte vorab die Ehefrau über das Liebesverhältnis ihres Mannes informiert. „Aufgrund dessen kann von einer versuchten Erpressung keine Rede sein“, legt sich Verteidiger Hans-P. Weiskirch ins Zeug, „die Angeklagte hatte nicht ernsthaft vor, das Geld einzufordern. Sie wollte ihrer Schwester lediglich eins auswischen.“

Das sah der Amtsrichter genauso und verkündete einen Freispruch. „Es fehlt hier an einer echten Bereicherungs-Absicht. Zwar ist die Tat moralisch sehr verwerflich, aber das stellt das Strafrecht nicht unter Strafe.“ Die Staatsanwaltschaft hat Berufung eingelegt.