Hagen. . Wie schnell sich das Blatt wenden kann: Der Linienbusfahrer (50) aus Hagen, der einen Schüler (18) in seinem Fahrzeug erst eingesperrt und dann gezwungen haben soll, das Erbrochene eines anderen Fahrgastes aufzuwischen, wurde jetzt vom Amtsgericht freigesprochen. Eventuell wird Berufung eingelegt.
Die Staatsanwältin hatte wegen Freiheitsberaubung und Nötigung 1500 Euro Geldstrafe gefordert. In diesem Fall sei ein vollkommen Unbeteiligter zu etwas gezwungen worden, was er nicht wollte. Der unangenehmen Situation habe er sich nicht entziehen können. Sie behält sich vor, Berufung einzulegen.
Der unappetitliche Vorfall passierte am 30. November gegen 21 Uhr in einem Bus der Linie 513, während der Fahrt von Hohenlimburg zum Hagener Rathaus. Im hinteren Bereich hatte eine Gruppe Jugendlicher Platz genommen. Zwischen den Haltestellen Fasanenweg und Dachsweg, so eine 16-jährige Zeugin, habe sich einer der Jugendlichen übergeben müssen.
Am Sparkassen-Karree stieg die Gruppe geschlossen an der hinteren Tür aus, darunter auch der „Übel-Täter“. Ein Realschüler (18), der sich als Letzter noch im Bus befand, wurde jedoch daran gehindert, das Fahrzeug verlassen zu können. Der Fahrer war zu ihm nach hinten gelaufen.
Die Bilder der Überwachungskamera
Jetzt kommen die bewegten Bilder aus der Busüberwachungskamera ins Spiel, die gestern im Gerichtssaal öffentlich vorgeführt wurden.
Video, 21.06 Uhr: Der Schüler drückt den Türöffner-Knopf, die verschlossene Tür geht kurz auf, doch der Fahrer stellt sich dem jungen Mann in den Weg, hindert ihn am Ausstieg. Die Tür geht wieder zu.
Video, 21.08 Uhr: Der Fahrer zieht den Schüler am Ärmel. Dann raucht er eine Zigarette, während der Schüler mit Papiertüchern das Erbrochene des Fremden vom Boden wischt.
Video, 21.12 Uhr: Der Schüler versucht zu entkommen, drückt den Türöffner-Knopf, diesmal bleibt die Tür jedoch zu. Der junge Mann soll die verschmutzen Papiertücher durch ein Kippfenster auf die Straße werfen. Dabei wird die Scheibe beschmutzt. Der Schüler putzt auf Geheiß das Glas wieder sauber.
Video, 21.14 Uhr: Der Schüler darf den Bus verlassen.
"Eine Garantenpflicht übernommen"
Am zweiten Verhandlungstag wiederholte der Angeklagte noch einmal, dass der Schüler sich freiwillig angeboten habe, das Erbrochene seines Bekannten aufzuwischen. „Dadurch hatte er eine Garantenpflicht übernommen“, befand der beharrliche Verteidiger Rainer von Szczutowski, „weil er sich freiwillig zur Verfügung gestellt hat.“ Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch sei deshalb ein Nothilferecht gegeben.
Amtsrichter Albrecht Bogumil begründete den Freispruch so: „Am Anfang ging die Tür noch auf, da hätte der Schüler ja aussteigen können. Am Ende blieb die Tür zwar zu, doch ob das der Angeklagte veranlasst hat oder nicht, blieb letztlich ungeklärt.“