Hagen. Ein pikanter Fall von einem reichlich naiven, aber vor allem äußerst klammen Freier: “Auf Koks“ vergnügte sich der Mann im Bordell mit vier Frauen. Die durften mitkoksen, verlangten aber dennoch 1000 Euro für ihre Dienste. Um das Geld aufzutreiben, rief der Mann voller Panik seine Mutter an.

Der Angeklagte (40), ein schüchtern wirkender Mann mit akkurat gescheiteltem Haar und eingefallenen Gesichtszügen, wird in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Er hat die letzten Wochen in Untersuchungshaft verbracht. Betrug wird ihm vorgeworfen, allerdings ein nicht ganz alltäglicher Betrug. Der Fall spielt auf Hagens Rotlichtmeile und es geht um den happigen Geldbetrag von 1000 Euro.

Der Staatsanwalt hat es in seiner Anklageschrift ganz poetisch beschrieben. Wir hören im Originaltext: „Der Angeschuldigte verbrachte die Nachmittagsstunden des 22. Februar 2013 in dem Bordell Düppenbeckerstraße 5 in Hagen. Dort erreichte er zunächst unter Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft, dass sich die geschädigten Zeuginnen Edith und Boryana mehrere Stunden mit seinen Bedürfnissen auseinandersetzten und zu einem späteren Zeitpunkt, dass die geschädigten Zeuginnen Angela und Simona dasselbe taten.“

Koks statt Kohle

Und weiter: „Es wurde dafür eine Vergütung für jede Geschädigte vereinbart, die der Angeschuldigte jeweils nach der genossenen Dreisamkeit entrichten sollte. Er verfügte jedoch, was ihm von Anfang an bewusst war, zu keinem Zeitpunkt über die erforderlichen Barmittel.“

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Der Mann in der Anklagebank nickt. Es sei ja richtig, das er an jenem Tag in dieser gewissen Straße gewesen sei, erklärt er dem Amtsrichter und schiebt als Begründung nach: „Dämlicherweise war ich auf Koks.“ „Zwei Mädchen saßen in ihren rot beleuchteten Fenstern und baten mich freundlichst herein, weil sie auch was konsumieren wollten.“ Er wird deutlich: „Ich habe ihnen klar gemacht, dass ich ja gerne Spaß hätte, aber ich habe auch sofort gesagt, dass ich kein Krösus bin.“

Frauen wollten Bezahlung trotz Gratis-Koks

So sei es dazu gekommen, dass sich später noch zwei weitere Frauen dazu gesellt hätten, man habe gemeinsam Kokain durch die Nasen gezogen, sich dabei erotisch vergnügt – „und gut war es!“ Glaubte zumindest der naive Mann. Nicht jedoch die vier Frauen: Die wollten zwar gratis koksen, aber trotzdem noch Bargeld sehen – jede 250 Euro.

„Erst waren sie sehr nett, plötzlich wurden sie zu Furien.“ Der in die Bezahl-Zwickmühle geratene Freier versprach voller Angst: „Ich geh’ mal eben zur Bank.“ In Wahrheit war sein Konto leer. Die abgeklärten Damen aus dem horizontalen Gewerbe hatten auch dafür eine Nase: Der Mann musste seine Tasche mit persönlichen Gegenständen zurücklassen – „als Pfand“, wie es hieß.

Rente der Mutter reichte nicht aus

Voller Panik rief der Mann seine Mutter in Dortmund an: „Komm’ bitte sofort nach Hagen und bring’ Geld mit!“ Die 71-Jährige stieg umgehend in ein Taxi und ließ sich zum Hagener Bordell fahren. Doch ihre ganze Monatsrente von 685 Euro reichte nicht aus, um das kostspielige vierfache Schäferstündchen ihres Sohnes bezahlen zu können.

Verteidiger Roderich Sander: „Trotzdem war es kein Betrug. Mein Mandant hat sich nichts erschlichen. Es wurden keine Verträge geschlossen, eine Zahlungspflicht ist somit nicht begründet. Deshalb Freispruch.“

Amtsrichter Heinz-Michael Siemon sah es anders: Der Freier habe vorgetäuscht zu zahlen, es sei ein „mündlicher Dienstleistungsvertrag“ zustande gekommen. Die vier Frauen hätten letztlich einen Vermögensschaden erlitten. Das alles sei Betrug. „Deshalb vier Monate Gefängnis, ohne Bewährung. Dass erotische Leistungen in diesem Milieu nicht gratis erbracht werden, weiß doch jeder.“