Zürich/Hagen. . Eine große Ausstellung in Zürich würdigt die Rolle von Hagen als Wegbereiter der modernen Kunst. Karl Ernst Osthaus ermöglichte deutschen Malern die Begegnung mit der französischen Moderne. Das Resultat ist eine Farbenexplosion.

Wer die aktuelle große Expressionismus-Ausstellung im Kunsthaus Zürich besichtigen will, kommt an Hagen nicht vorbei. Denn gleich im ersten Saal der Schau „Von Matisse zum Blauen Reiter“ prangt ein Zitat des Kunst-Pioniers Karl Ernst Osthaus an der Wand: „Es wäre unrecht, Künstlern die Möglichkeit zum Ausstellen zu versagen, weil sie Widerspruch hervorrufen könnten. Der Zweck unserer Anstalt ist nicht, die Menschheit vor Entwicklung zu schützen.“ In der Saalüberschrift wird das Publikum in riesigen Lettern geographisch in zwei Sprachen eingeordnet: „Berlin und Hagen, Wegbereiter im Zentrum und an der Peripherie.“

Widerspruch haben sie reichlich hervorgerufen, die ersten expressionistischen Maler. Doch dem Kunsthaus Zürich geht es um andere, bislang unbeachtete Aspekte: Der Expressionismus ist eine rein deutsche Bewegung. Davon ging man lange aus. Die Kuratoren Catérine Hug und Timothy O. Benson machen nun aber die Internationalität seiner Entstehung deutlich und zeigen die Zusammenhänge zwischen dem Expressionismus in Deutschland und Frankreich auf. Anhand herausragender Meisterwerke wird die Auseinandersetzung von deutschen Künstlern mit der Klassischen Moderne in Frankreich Anfang des 20. Jahrhunderts diskutiert.

Expressionismus - eine Internationale Bewegung

Es ist das wesentliche Verdienst einer Reihe von deutschen Sammlern, dass die französische Kunst der Avantgarde als Impulsgeber für den Expressionismus eine bedeutende Rolle spielen kann. Oft gelangen französische Gemälde in die Hände der deutschen Sammler, noch bevor ihnen eine vergleichbare Anerkennung in Frankreich zuteil wird. Insbesondere der Hagener Karl Ernst Osthaus ist ein Pionier.

Auch interessant

Osthaus sammelt als einer der ersten unter anderem Werke von Paul Signac, Auguste Renoir, Vincent van Gogh, Paul Gauguin, Henri Matisse und Auguste Rodin und stellt diese in Hagen aus, wo er mit dem Folkwang Museum das weltweit erste Museum für moderne Kunst gründet. Osthaus setzt sich aber auch für die jüngere Generation ein und pflegt einen regen Austausch mit Expressionisten wie Ernst Ludwig Kirchner, Emil Nolde und Christian Rohlfs, den er nach Hagen holt.

Mit Hagen und Berlin startet entsprechend die Züricher Ausstellung. Denn die Präsentation gliedert sich zeitlich und räumlich. Die Stadt Hagen wird in Zürich als der Nährboden des Expressionismus’ gewürdigt. Hier beginnt der Rundgang mit hochkarätigen Exponaten wie „Die Strohdächer von Chaponal“ von Van Gogh, „Große Äpfel“ von Cézanne und Werken von Signac.

Dialog zwischen den Künstlern

Eine Längswand durchschneidet den Saal. Sie soll die Verbindung zwischen Deutschland und Frankreich als einen Fluss repräsentieren. Mehrere Fenster durchbrechen die Wand, sie stehen symbolisch für den Dialog zwischen den Künstlern der beiden Länder. Der Längswand entlang führt die Ausstellung weg von den Anfängen des Expressionismus, hin zu der 1906 in Dresden gegründeten Künstlergruppe „Brücke“. Weiter wird der Einfluss der französischen „Fauves“ auf die deutschen Brücke-Künstler und die Künstlervereinigung des „Blauen Reiters“ behandelt. Hier reihen sich die farbintensiven Werke von Kandinsky, Marc und Macke. Das Herzstück bildet Jawlenskys „Mädchen mit Pfingstrose“.

Der Rundgang endet mit einigen kubistischen Werken. Kirchners „Straße, Berlin“ ist das letzte der gut 100 Bilder von 37 Künstlern. Das Kunsthaus kann viele Exponate aus seinem eigenen Bestand zeigen. Die restlichen Arbeiten sind Leihgaben des Musée d’Orsay, der Tate London, des Metropolitan Museum in New York und des Essener Folkwang Museums.

Nur eine Ausstellung auf dem Kontinent

Die satten, leuchtenden Farben der Gemälde werden nicht nur bei den Besuchern in Zürich Eindruck hinterlassen. Anschließend wird die Ausstellung auch im Los Angeles County Museum of Art und im Musée des beaux-arts in Montréal gezeigt. Zürich ist somit die einzige Station in Europa.

www.kunsthaus.ch