Hagen. . Das Hagener Osthaus-Museum zeigt eine Ausstellung über das druckgrafische Werk von Christian Rohlfs (1849-1938). Die 185 Blättern stammen aus der größten Privatsammlung zu diesem Thema. Für die Besucher bietet sich eine höchst interessante und spannende Spurensuche.

„Jeder Abzug ist ein echtes Unikat. Hier geht es wirklich nicht um bloße Auflagen-Vervielfältigung.“ Dr. Birgit Schulte, stellvertretende Direktorin des Hagener Osthaus-Museums, ist zugleich auch Kuratorin der neuen Ausstellung „Christian Rohlfs - Druckgrafik aus Privatbesitz“, die am morgigen Samstag um 16 Uhr eröffnet wird. Als Geschäftsführerin des ebenfalls in Hagen ansässigen Rohlfs-Archivs ist sie eine ausgewiesene Kennerin dieses international so bedeutenden Künstlers (1849-1938), der fast vier Jahrzehnte lang an der Volme gelebt und gearbeitet hat und auch dort schließlich in seinem Atelier gestorben ist.

Die Unikat-Situation der Grafik-Schau leitet sich aus dem Umstand ab, dass Christian Rohlfs seine Blätter nach dem jeweiligen Druck stets noch überarbeitet hat, sie häufig in verschiedenen Farben erstellte und überhaupt grundsätzlich einen experimentellen Umgang mit diesem Kunststil pflegte.

Gelungene Inszenierung

Die nun 185 ausgestellten Bilder im Osthaus-Museum stammen bis auf sieben Arbeiten, die zum Haus gehören, aus dem Privatbesitz einer nordrhein-westfälischen Sammlerin, die allerdings ungenannt bleiben möchte.

Es war der bekannte Dortmunder Galerist Wilfried Utermann, der den Kontakt zwischen Hagen und der Sammlerin vermittelte und der zudem großzügig das Ausstellungsprojekt mitsamt eines umfassenden Katalogs unterstützt hat. Dr. Birgit Schulte ist es derweil ihrerseits gelungen, eine sehr angenehme und auch ausgesprochen emotionale Präsentationsatmosphäre in den Museumsräumen zu gestalten. Die Blätter sind nach verschiedenen Themenbereichen geordnet und präsentieren sich in den großen Sälen ebenso eindrucksvoll in einigen kleineren, intimen Kabinett-Situationen.

Leid und Trost

Losgelöst von einer chronologischen Abfolge erschließt sich das grafische Rohlfs-Werk vor allem über seine Inhalte, die wiederum biografische Befindlichkeiten des Künstlers ebenso spiegeln wie die historisch-dramatischen Entwicklungen im Schatten des Ersten Weltkrieges. Dieser war es auch, der erst zu einem deutlichen Schaffenseinbruch und alsdann zu einer regelrechten künstlerischen Zäsur bei Rohlfs führte - religiöse Motive mit Fragen nach Schuld und Vergebung, Leid und Trost künden unmittelbar von der tiefen Ergriffenheit des Künstler durch die grauenhaften Zeitumstände.

„Immer aber spielt bei Christian Rohlfs auch das Moment der Versöhnung eine große, eine tragende Rolle“, betont die Hagener Kuratorin angesichts mitunter durchaus aufwühlender und beklemmender Motive.

Doch es ist längst nicht nur das Bedrohliche, das Düstere, wodurch dieses Ausstellung geprägt wird. Auch zahlreiche heitere Szenen gilt es förmlich zu feiern; unterschiedliche Porträts fordern ein Schmunzeln beim Betrachter geradezu heraus. Dabei ist genaues Beobachten und Vergleichen immer wieder gefragt, und so lassen sich häufig erstaunliche Entdeckungen machen: Christian Rohlfs arbeitete in seinem grafischen Schaffen nicht nur mit Farbvariationen zur gleichen Druckvorlage.

Respekt vor der Schaffenskraft

Mitunter veränderte er noch Jahre später verschiedene Blätter ­nachhaltig und gab ihnen auf diese Weise ganz andere Inhalte. Auch aus diesem Grund wundert es nicht, dass konsequente Ent­wicklungsstränge über die Jahre nicht hervortreten. Dr. Birgit Schulte: „Christian Rohlfs arbeitete stets an das jeweilige Motiv gebunden. Das hat immer wieder zu abrupten Sprüngen in seinem Werk geführt.“

Die Schau in Hagen ist unter ein Zitat von Helene Rohlfs, der Ehefrau des Künstlers, gestellt worden: „Das sind so neue, kühne, ernste Sachen, diese Schnitte“, hatte sie einmal über die Arbeiten ihres Mannes voller Respekt befunden. Und eben diesen Respekt zollt nun ebenfalls das Osthaus-Museum mit einer Grafik-Präsentation, wie sie es seit annähernd drei Jahrzehnten so nicht mehr gegeben hat.