Hagen. Seit 27 Jahren hat Dr. Bernd Eckardt (63) in Boelerheide praktiziert. Doch jetzt muss er seine dortige Praxis zum Jahresende schließen. Der Grund: Der Allgemeinmediziner wollte die Praxis als Filial-Betrieb weiterführen, doch das hat nun die Kassenärztliche Vereinigung untersagt. Der Bereich sei überversorgt.

80 Prozent der Zeit weiter in Boelerheide zu praktizieren und 20 Prozent im neuen Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) im Commerzbankgebäude in der Innenstadt – das war der Plan von Dr. Bernd Eckardt (63) auf der Zielgeraden seiner beruflichen Laufbahn. Doch diese Pläne sind radikal über den Haufen geworfen worden. Aber noch mehr die Gewohnheiten seiner Patienten.

Die werden ab dem 2. Januar ihren Hausarzt im neuen MVZ an der Elberfelder Straße 47 antreffen, aber nicht mehr in der Grimmestraße 27. Also dort, wo Eckhardt seit 27 Jahren praktiziert hat. Der Mediziner macht dafür die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe verantwortlich. Denn die will die Zweigstelle in Boelerheide nicht genehmigen, in ihren Augen ist der Bereich überversorgt.

Zulassung an Medizinzentrum

Dr. Bernd Eckhardt sagt: „Viele meiner langjährigen Patienten können das überhaupt nicht nachvollziehen.” Dass ihm nun alle an die Elberfelder Straße folgen, glaubt er nicht: „Für die Jüngeren, die ohnehin in der Stadt arbeiten, ist das vielleicht ein Vorteil. Aber die Älteren, die werden wegen der Entfernung bald wegbleiben. Auch wenn mir jetzt noch viele sagen, dass sie kommen werden.”

Die Vorgeschichte: Wie viele Ärzte beschäftigte Dr. Bernd Eckhard mit seinen über 60 Jahren die Nachfolgeregelung für seine Praxis. Er entschied sich für folgenden Weg: Seine Zulassung gab er an das neue Medizinische Versorgungszentrum an der Elberbfelder Straße ab und schloss dort einen Beschäftigungsvertrag als angestellter Arzt. Der Plan von Dr. Eckhardt und dem MVZ-Betreiber war eben jene 20-zu- 80-Prozent-Regelung. Die Praxis in Boelerheide wäre als Filiale des MVZ weiter geführt worden -- das MVZ hätte die vorgeschriebene zweite Fachdisziplin neben dem Augenarzt-Zentrum für seine Einrichtung vorweisen können. Und Dr. Eckhard hätte seinen Ruhestand langsam einleiten könne: „Ich bin fit, ich will ja noch ein paar Jahre praktizieren.” Auch in seinem Ruhestand hätte das MVZ die Praxis am Standort Boelerheide weiterführen wollen.

Doch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe mit Sitz in Dortmund machte einen Strich durch die Rechnung. Deren Zulassungsausschuss verweigerte die Zustimmung. Für KV-Sprecherin Mona Dominas ein folgerichtiger Schritt: „Hagen hat bei den Allgemeinmedizinern einen Versorgungsgrad von 129 Prozent, ab 110 Prozent sprechen wir von einer statistischen Überversorgung.“

Und wenn diese vorliege, dann dürfe der Ausschuss einer Filial-Lösung nicht zustimmen. „Das geht nur, wenn es bei einer kleinteiligen Betrachtung trotz einer generellen Überversorgung in bestimmten Stadtteilen noch einen Sonderbedarf gibt“, so Mona Dominas. „Aber rund um die Grimmestraße gibt es genug Arztpraxen.“

Packen in der Grimmestraße

Für Dr. Bernd Eckhardt eine rein bürokratische Sicht auf die Dinge. Eine Überversorgung in Boelerheide? „Das kann ich absolut nicht erkennen. Ich habe viele Patienten, und ich weiß, dass andere Praxen schon gar keine neuen mehr aufnehmen.” Durch die Praxisvakanz in Helfe am Marktplatz habe sich die Situation eher noch verschärft.

Doch er muss sich wohl dem Votum der Kassenärztlichen Vereinigung beugen. Dr. Bernd Eckhardt packt gerade die Sachen in der Grimme­straße. „Ich persönlich mache mir wirtschaftlich keine Sorgen”, so der Mediziner. „Aber mir geht es um meine Boelerheider Patienten, die ich schon so lange betreue.”