Hagen. . Die Summe ist gewaltig: Rund 17 Mio. Euro ließen die Hagener im vergangenen Jahr beim Zocken an Automaten in Spielhallen und Gaststätten. 2006 waren es noch 7,9 Millionen Euro. Wie schnell man vom gelegentlichen Spieler zum Abhängigen werden kann, erklärte jetzt das Blaukreuz-Zentrum Hagen.
Es gab eine Frage im Quiz des Blauen Kreuzes, die offenbar besonders knifflig war. „Wer erzielt beim Glücksspiel den größten Gewinn?“ Die meisten Schüler des Käthe-Kollwitz-Berufskollegs tippten auf das Naheliegendste, die Automatenindustrie – falsch getippt.
Der Fragebogen war nur ein Element, mit dem die Fachberatungsstelle Sucht des Blaukreuz-Zentrums Hagen versuchte, die Berufsschüler über Glücksspielsucht aufzuklären. Auch ein Filmporträt von Abhängigen hatten die Suchttherapeutinnen Stefanie Bentin und Ulrike Schweitzer beim Aktionstag gegen Glücksspielsucht im Gepäck, dazu jede Menge Zahlen, Daten, Fakten. Und natürlich die korrekte Antwort auf die Frage, wer denn nun Topverdiener beim Glücksspiel ist – der Staat.
Steuereinnahmen fast verdoppelt
Er ist gewissermaßen der oberste Croupier, hat das Monopol auf Lotterien und vergibt Konzessionen an Spielbanken, von denen er wiederum einen Teil der Einnahmen kassiert. Auch Hagen profitiert vom Glücksspiel. Laut Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht hat Hagen 2012 3,2 Mio. Euro aus der Vergnügungssteuer eingenommen, die auch auf Geldspielautomaten anfällt. 2006 waren es noch rund 585.000 Euro.
Der Zuwachs liegt zum einen am seitdem zweimal erhöhten Steuersatz, zuletzt im August 2013, zum anderen aber auch an den gestiegenen Spielerverlusten. Verzockten die Hagener 2006 noch 7,9 Mio. Euro im Jahr, waren es 2012 17,2 Mio. – allein an Spielautomaten.
„Politik muss mehr tun“
Welchen Anteil Süchtige daran haben, ist unklar. Fest steht aber, dass Automaten am schnellsten abhängig machen. „Wegen der blinkenden Lichter und der schnellen Spielfolge“, sagt Ulrike Schweitzer.
Trotzdem gelten sie nicht als Glücksspiel. „Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit“ heißt es stattdessen auf Bürokratendeutsch. 999 von ihnen gibt es zurzeit in Hagener Spielhallen und Gaststätten, 379 mehr als vor sechs Jahren.
Vergnügungssteuer ist keine Abschreckung
Mehr tun müsse man gegen diese Entwicklung, fordern Schweitzer und Bentin: „Aber der Staat will sich das Geld wahrscheinlich nicht durch die Lappen gehen lassen.“ Auch die Hagener Vergnügungssteuer wurde nicht etwa deshalb erhöht, weil man Spielhallenbetreiber abschrecken wollte. Laut Stadtsprecher Karsten-Thilo Raab ist sie schlicht „eine weitere Einsparung im Konsolidierungsplan“.
Den Einnahmen steht jedoch auch ein volkswirtschaftlicher Schaden gegenüber. Sei das Spielen anfangs noch mit positiven Gefühlen wie Spaß und Abwechslung verbunden, trete schnell eine Gewöhnung ein, weshalb man immer öfter und riskanter zocken müsse, um die gewünschten Effekte zu erzielen, erläutern die Therapeutinnen. „Die Folgen sind dann Privatinsolvenzen, Depressionen und sehr oft auch Suizid.“