Hagen. . Detlef Sembach (59) arbeitet seit 40 Jahren für die Berufsfeuerwehr. Im Interview spricht er über Veränderungen im Beruf, Gefahren und Verletzungen.

Stimmt es, dass es in der Hauptwache keine Rutschstange mehr gibt?

Sembach: Ja, das ist eine von vielen Veränderungen, die ich in meiner Dienstzeit erlebt habe. Es war schon sehr angenehm, bei einem Alarm von zweiten Obergeschoss direkt in die Fahrzeughalle hinunter rutschen zu können. Heute geht’s über die Treppe und vorbei am Drucker, wo noch das Einsatzprotokoll abzuholen ist. Keine Sorge, schnell sind wir immer noch.

Wozu erst das Einsatzprotokoll?

Sembach: Darauf sind Details zum Einsatzort verzeichnet, zum Beispiel wo sich Hydranten befinden. Früher konnte es vorkommen, dass wir vor Ort nach dem nächstgelegenen Hy­dranten suchen mussten, vor allem im Winter bei Schnee.

Warum sind Sie eigentlich Feuerwehrmann geworden?

Sembach: Ich habe nach der Schule zunächst Speditionskaufmann gelernt. Und als solcher, dachte ich lange Zeit, hätte ich bei der Feuerwehr keine Chance, weil dort eine handwerkliche Ausbildung Voraussetzung sei. So war es auch, aber 1973 gab es nicht genügend Bewerber, und so habe ich eine Stelle bekommen.

Und – war es der richtige Schritt?

Breckerfeld probt Ernstfall

Feuerwehrübung in Breckerfeld.
Feuerwehrübung in Breckerfeld. © WP Michael Kleinrensing
Feuerwehrübung in Breckerfeld.
Feuerwehrübung in Breckerfeld. © WP Michael Kleinrensing
Feuerwehrübung in Breckerfeld.
Feuerwehrübung in Breckerfeld. © WP Michael Kleinrensing
Feuerwehrübung in Breckerfeld.
Feuerwehrübung in Breckerfeld. © WP Michael Kleinrensing
Feuerwehrübung in Breckerfeld.
Feuerwehrübung in Breckerfeld. © WP Michael Kleinrensing
Feuerwehrübung in Breckerfeld.
Feuerwehrübung in Breckerfeld. © WP Michael Kleinrensing
Feuerwehrübung in Breckerfeld.
Feuerwehrübung in Breckerfeld. © WP Michael Kleinrensing
Feuerwehrübung in Breckerfeld.
Feuerwehrübung in Breckerfeld. © WP Michael Kleinrensing
Feuerwehrübung in Breckerfeld.
Feuerwehrübung in Breckerfeld. © WP Michael Kleinrensing
Feuerwehrübung in Breckerfeld.
Feuerwehrübung in Breckerfeld. © WP Michael Kleinrensing
Feuerwehrübung in Breckerfeld.
Feuerwehrübung in Breckerfeld. © WP Michael Kleinrensing
Feuerwehrübung in Breckerfeld.
Feuerwehrübung in Breckerfeld. © WP Michael Kleinrensing
Feuerwehrübung in Breckerfeld.
Feuerwehrübung in Breckerfeld. © WP Michael Kleinrensing
Feuerwehrübung in Breckerfeld.
Feuerwehrübung in Breckerfeld. © WP Michael Kleinrensing
1/14

Sembach: Ich habe ihn nie bereut, ich bin mit der Arbeit gewachsen, habe die technischen Dinge, die ich beherrschen musste, mit der Zeit gelernt. Es ging damals sehr familiär zu, ich hatte ja Kollegen, die noch den Krieg erlebt hatten und Einsätze in den Trümmern der zerstörten Stadt gefahren sind. Wenn in den 70-er Jahren eine Pumpe kaputt war, dann ist einer von uns mit dem Moped los und hat eine neue besorgt. Da guckte keiner auf die Uhr. Wenn heute der Gong geht, ist Feierabend.

Waren Sie mal in Lebensgefahr?

Sembach: Hmm, ich hatte mehrere schwere Verletzungen, so im Schnitt alle fünf Jahre eine. Aber ein Feuerwehrmann riskiert halt seine Gesundheit, das ist bis heute so geblieben.

Was für Verletzungen waren das?

Sembach: Alles mögliche: Kreuzbandriss, Kapselriss, Fingerbruch, schwere Rippenprellung. Die Platzwunden kann ich gar nicht zählen. Und einmal ist mir glühende Holzkohle ins Auge geraten. Aber schlimmer war doch, dass ein Kollege von mir bei der Tauchausbildung in der Glör verstorben ist. Er war erst 32, hat unter Wasser einen Herzinfarkt bekommen. 1979 war das.

Haben Sie jemals Angst verspürt?

Sembach: Sagen wir: Respekt. Ich sage Ihnen ganz offen, im Einsatz habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht, dass mir etwas passieren könnte. Dann wäre man als Feuerwehrmann blockiert, gehemmt. Unter Höhen- oder Platzangst darf man natürlich auch nicht leiden. Mit der Zeit reagiert man, wenn es zum Einsatz geht, entspannter.

Beim Anschlag auf das World Trade Center in New York 2001 sind viele Ihrer Berufskollegen gestorben. Sind das Helden für Sie?

Sembach: Wenn man das gesehen hat – es war ja absehbar, dass die Türme einstürzen. Das müssen die Feuerwehrleute gewusst haben. Aber sie hatten keine Alternative. Sie mussten da hinein, um Menschen zu retten. Das war ihr Beruf.

Bleibt die Erinnerung an schlimme Erlebnisse an einem haften?

Sembach: Ach, von manchem kann man sich nie frei machen. Ich kam mal zu einem Einsatz, da hatte ein Lastwagen gerade ein Kind überrollt, und die Mutter stand an der Straße und hatte es mitangesehen. Ich weiß noch, dass sie mich fragte, ob ihr Kind tot sei. Und ich habe geantwortet: Nee, es ist nicht tot. Das war gelogen. Solche Ereignisse lassen einen nie mehr los. Manchmal, wenn ich einen Ort passiere, an dem ich einen Einsatz hatte, kommt die Erinnerung hoch.

Waren Sie vom Beförderungsstopp in der Stadtverwaltung betroffen?

Sembach: Ja, es war haarsträubend, was da passiert ist. Ich habe nie ausgerechnet, was mir an Gehalt entgangen ist, wenn ich regulär befördert worden wäre, aber es ist bestimmt eine Summe zwischen 10.000 und 20.000 Euro. Ich will da gar nicht dran denken.

Ärgert es Sie, dass Sie im April mit 60 Jahren zwangsverrentet werden?

Sembach: Ich fühle mich nicht zum alten Eisen gehörend, mache ja immer noch mehrere 24-Stunden-Dienste pro Monat. Aber ehrlich gesagt, nach 40 Jahren und sechs Monaten reicht es mir.