Hagen. Ein halbes Jahr lang hat eine Tochter in Wehringhausen neben der Leiche ihrer Mutter gelebt. Mitarbeiter des Hagener Ordnungsamtes entdeckten den skelettierten Körper. Maden sollen sich durch die Wohnungsdecke hindurch gefressen haben.
Grausamer Leichenfund an der Bleichstraße in Wehringhausen: Mitarbeiter des Ordnungsamtes entdeckten am Dienstagmorgen in einer Wohnung im ersten Obergeschoss die skelettierte Leiche einer betagten Frau. Die Tochter der Toten müsse, so teilte die Stadt mit, mit ihrer verstorbenen Mutter in der Wohnung gelebt haben. Offenbar ein halbes Jahr lang.
Die Fensterscheibe der Wohnung in dem Vierfamilienhaus war am Montag mit Fliegen übersät. „Sie war pechschwarz“, erzählt eine Nachbarin, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite wohnt. Mitbewohner aus dem Haus hatten sich wiederholt an den Vermieter bzw. dessen Vertretung gewandt, der selbst nicht in Hagen lebt. Dieser wiederum hatte die Stadt Hagen eingeschaltet und mitgeteilt, dass sich in einer seiner Wohnungen Maden durch die Decke hindurch gefressen hätten.
Feuerwehr öffnete Wohnungstür
Daraufhin waren die Ordnungsamtsmitarbeiter ausgerückt. Weil auf Klingeln und Klopfen niemand die Wohnungstür öffnete, alarmierten sie schließlich die Hagener Berufsfeuerwehr. Nachdem die Tür geöffnet worden war, fanden die Einsatzkräfte die Leiche. Auch die Tochter hielt sich zu diesem Zeitpunkt in der Wohnung auf. Sie wurde zur Behandlung in ein Hagener Krankenhaus eingeliefert.
Mutter und Tochter hatten sich die Wohnung mit mehreren Haustieren, darunter auch eine Katze, geteilt. Nachbarn haben gesehen, wie auch ein Vogel aus der Wohnung geholt wurde. Die Tiere wurden in Obhut des Tierheims gegeben.
Der Gestank im Treppenhaus muss für die Mitbewohner in den letzten Wochen kaum auszuhalten gewesen sein. „Wir haben nicht einmal unsere Balkontür geöffnet“, sagte eine Nachbarin der Westfalenpost, „so sehr hat es von unten gestunken. Dass dort über Monate eine tote Frau in der Wohnung lag – darauf sind wir nicht gekommen.“
Sie hätten gewusst, dass die ältere Frau pflegebedürftig und krank sei. Der Rollstuhl habe ja im Treppenhaus gestanden. Und so habe man angenommen, dass benutzte Windeln nicht entsorgt worden seien.
Treppenhaus von Nachbarn gründlich geputzt
„Wir haben uns in den letzten Monaten mehrfach an den Vermieter gewandt und uns über die Zustände beschwert“, so die Nachbarin, „persönlich aber haben wir ihn nicht erreicht, sondern immer mit einer Vertretung gesprochen. Unternommen hat aber niemand etwas.“
Mutter und Tochter sind laut Aussagen von Nachbarn vor gut einem Jahr in die Wohnung im ersten Stock eingezogen. Zuvor hatten sie offenbar in einem Haus gegenüber gewohnt. „Die Tochter hat uns erzählt, dass sich ein Pflegedienst um ihre Mutter kümmere“, erklärt eine Nachbarin, „gesehen aber haben wir nie jemanden.“ Auch die Tochter habe oft körperlich angeschlagen gewirkt.
Eine andere Nachbarin erzählt, dass die alte Frau früher oft gemeinsam mit einer Katze im Fenster gesessen und auf die Straße geschaut habe. Seit längerer Zeit habe man sie aber nicht mehr gesehen.
Vom üblen Geruch war nun nichts mehr zu vernehmen. Nachbarn hatten das Treppenhaus gründlich geputzt.