Kückelhausen. Drehen wir die Zeit mal zehn Jahre zurück. Da bin ich Abiturient und weiß noch nicht so genau, wie es eigentlich mit mir weitergehen soll. Außer, dass ich irgendwann mal Journalist werden möchte. Ich bin also plötzlich wieder 18 und einer von rund 5000 Schülern, die über die wahnsinnig gut angenommene erste Hagener Ausbildungsmesse in der Kreishandwerkerschaft spazieren. Los geht’s.
Was hab’ ich eigentlich drauf? Zugegeben: Mein Zeugnis reißt einen nicht gerade vom Hocker. Graues Mittelmaß. Außer einer Einsminus in Englisch und einer Eins in Sport ist befriedigend das Adjektiv, das meine Schullaufbahn am besten beschreibt.
Erstmal ein Praktikum
Was kann ich? Halten wir es mal mit dem Tipp meines alten Deutschlehrers: Wenn es noch so aussichtslos aussehen mag, zieh’ dein bestes Jackett an und verkaufe dich so gut es geht. Das kriege ich hin. Ich bin also höflich, ich arbeite gerne im Team und komme nie zu spät. Wo kann ich unterschreiben?
In der Maler-Ecke auf der Ausbildungsmesse hätte ich gute Chancen. Hier stehen zum Beispiel die Firmen Udo Pauli und Michael Kiwall nebeneinander. Bei Pauli sagt Chef Stefan Pauli: „Wie verlässlich du bist, steht auf keinem guten Zeugnis. Und wie man sich in einem Team macht, auch nicht.“ Aha. Aber verlässlich bin ich doch. Habe ich eine Chance? „Nicht so schnell. Erstmal ein Praktikum. Da zeigt sich, wer etwas für uns sein könnte und wer nicht.“ Seine Kritik: Er findet die Probezeit heutzutage einfach zu kurz.
Azubis fordern mehr kreativ
Drei Meter weiter steht Dirk Söhnge, Malermeister und Ausbildungsleiter am Cuno-Berufskolleg: „Die Azubis heute sind anders als vor 20 Jahren. Sie sind weiter durch Medien und Technik und fordern mehr Kreativität. Es ist auch unsere Aufgabe, ihnen das zu bieten.“ Ja, Kreativität ist super. Ich bin auch irgendwie kreativ.
Was vor allem auch viele junge Damen am Malerwesen interessiert: Man kann die kreative Arbeit am Ende sehen und stolz sein.
Dichtes Gedränge auf den Fluren und im Außenbereich der Kreishandwerkerschaft. Die Agentur Mark, die Kreishandwerkerschaft, der Märkische Arbeitgeberverband sowie die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer zu Hagen als Organisatoren haben ganze Arbeit geleistet. Die Stadt Hagen und die Arbeitsagentur Hagen unterstützen die Ausbildungsmesse ebenfalls.
Die Vielfalt ist riesig
Der Hagener Entsorgungsbetrieb präsentiert sich. Nein, die sind irgendwie nichts für mich. Die Polizei auch nicht. Dafür habe ich viel zu viele Flausen im Kopf. Nordwest Handel? Ja, vielleicht wäre das was. Aber die gehen ja nach Dortmund. Bei Douglas wäre ich übrigens raus. Pflegeprodukte, Parfums und Beauty - nicht mein Ding. Die Dachdeckerei ist aber spannend. Ein richtig altes Handwerk, immer an der frischen Luft und Höhenangst habe ich auch nicht. Hach, die Auswahl ist groß.
Die Vielfalt des Angebots gestern war riesig. 107 Aussteller präsentierten sich, ihre Arbeitsplätze und ihre Produkte. Keine stoische Beschallung von vorne, sondern richtig reinschnuppern. Azubi-Betriebe zum Anpacken. „Mit der Resonanz sind wir total zufrieden“, sagt Erik O. Schulz, Chef der Agentur Mark. Und er verspricht: „Heute Abend beginnen die Vorbereitungen für 2014. Wir wollen diese Messe etablieren.“ Tausende von Schülern wurden mit Bussen von der Schule zur Messe transportiert.
Ich bin am Ende froh, dass ich mich nicht mehr entscheiden muss. Ich bin heute Reporter. Und ich finde das gut.