Brüssel/Hagen. Dass die EU ihre Agrarpolitik ändern will, hat kaum Auswirkungen in der Region. Auch die Konsequenzen für die Milchviehbetriebe halten sich in Grenzen. Der Ministerrat hatte sich auf Grundzüge des gemeinsamen Agrarmarktes für die Jahre 2014-20 verständigt. Dazu gehört eine grünere Agrarpolitik.

Der von den EU-Landwirtschaftsministern nach zweitägigen Verhandlungen gefundene Kompromiss für eine grünere Agrarpolitik wird sich nur wenig auf Südwestfalen auswirken. Davon gehen Landwirte und Verbandsfunktionäre in der Region gleichermaßen aus.

Der Ministerrat hatte sich in der Nacht zum Mittwoch auf die Grundzüge des gemeinsamen Agrarmarktes für die Jahre 2014-20 verständigt. „Südwestfalen ist wegen der vorherrschenden Grünlandbewirtschaftung weitgehend außen vor“, sagte Ludwig Krämer aus Drolshagen, Geschäftsführer des Märkischen Kreisverbandes des Westfälischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) mit Sitz in Lüdenscheid.

Volle Auszahlung von EU-Prämien

Dem Kern des Brüsseler Kompromisses zufolge wird die volle Auszahlung von EU-Prämien an die Landwirte künftig noch stärker an Umwelt-Auflagen gebunden. So sollen sich auf den Feldern mehrere Kulturarten in einer Fruchtfolge ablösen - ansonsten droht einem Landwirt der Verlust von 7,5 Prozent der Beihilfen. Das soll 30 Prozent der Direktzahlungen betreffen. Außerdem sollen fünf Prozent der Agrarfläche (ursprünglich geplant waren sieben) stärker der Natur überlassen oder ökologisch nachhaltig bewirtschaftet werden, wie es hieß.

Krämer sieht dadurch „keine weiteren Belastungen“ für die in der Region dominierenden Milchviehbetriebe. Höfe mit mehr als 75 Prozent Grünlandanteil seien von den Vorschlägen der EU-Agrarminister, die noch politisch abgestimmt werden müssen, ausgenommen. Milchviehbetriebe in Südwestfalen hätten meist mehr als 80 Prozent Grünland und bauten noch Mais an.

"Grüner geht es nicht mehr"

Entwarnung gibt auch Henner Braach, WLV-Vizepräsident und Inhaber eines Milchviehbetriebs in Netphen. „In der Sache nichts Neues“, sagte er. „Wir sind hier eine Grünlandregion - grüner geht es nicht mehr.“ Ackerbauern treffen die geplanten Neuerungen dagegen sehr wohl. Der Märkische Kreis sei zweigeteilt, wie Geschäftsführer Krämer betonte. Im nördlichen Bereich - um Iserlohn, Menden und Balve - gebe es viele Ackerbaubetriebe, die die Pläne deutlich berührten.

Wegen der nationalen Ausgestaltungsmöglichkeiten der Vorschläge sieht WLV-Sprecher Berghorn künftig innerhalb der EU einen „Flickenteppich“. Nationale Freiräume seien neben der Fünf-Prozent-Regelung das Positive an den Plänen. Die neuen Bewirtschaftungsauflagen dagegen schlagen seiner Ansicht zufolge negativ zu Buche.

Ilse Aigner ist zufrieden

Im auffälligen Kontrast dazu steht die Meinung der verantwortlichen Politiker: Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) ist der Plan grün genug: Was sie in zweitägiger Sitzung mit ihren EU-Kollegen ausgehandelt habe, werde für „ein wirksames Greening“ des gemeinsamen Agrarmarktes sorgen.

In den nächsten sieben Jahren werde also in Europa Ackerbau und Viehzucht auf eine viel schonendere Weise betrieben: mit mehr Rücksicht auf die Natur, Tierwelt, Ressourcen und Klima. Und natürlich, so die Ministerin, werden die Höfe auch in Zukunft mehr als ausreichend Lebensmittel produzieren sowie einen substanziellen Beitrag zur Deckung des Energiebedarfs leisten. Grüne und Umweltschützer können indes in dem Paket allenfalls grüne Spuren-Elemente entdecken.

Die EU will ihre Landwirte von 2014 bis 2020 mit insgesamt gut 370 Milliarden Euro versorgen. Das ist mit knapp 42 Prozent immer noch der größte Einzelposten im EU-Haushalt. Auf Deutschlands Bauern sollen pro Jahr rund 6,2 Milliarden Euro entfallen. Die Beschlüsse des Ministerrats bedürfen allerdings der Genehmigung durch das Parlament.