Hagen/Meschede. . Noch im Oktober warnte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) vor möglicherweise belastetem Tierfutter aus Serbien. Vergeblich, wie der jüngste Futtermittelskandal zeigte. Leidtragender ist ein Schmallenberger Milchviehbetrieb. Er muss nun vorerst seine Milch vernichten.

„Das ist bedauerlich, aber ich kann es nicht ändern.“ So reagiert Hugo Thesing, Geschäftsführer des Mischfutterherstellers ForFarmers Thesing in Rees am Niederrhein auf die erhöhten Aflatoxin-Werte in der Rohmilch des Schmallenberger Betriebes. Er hatte den Hof direkt mit Mischfutter beliefert und sich am 27. Februar beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz selbst angezeigt, mit dem Schimmelpilzgift Aflatoxin belasteten Mais aus Serbien erhalten, weiterverarbeitet und ausgeliefert zu haben - 200 Tonnen einer Charge von 1050 Tonnen, wie es in einer Mitteilung des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes Südwestfalen in Olpe heißt.

Den Angaben zufolge hatte er die Eigenkontrolle am 21. Februar genommen, der Befund stand am 26. Februar fest, am 28 Februar wurden alle Auslieferungen gestoppt. Da war es für den Schmallenberger Hof schon zu spät. „Das Sauerland ist ein starkes Absatzgebiet für uns“, berichtet Thesing und schätzt die Zahl seiner Direktabnehmer in der Region auf 100 bis 150. Je ein weiterer Abnahmebetrieb befinden sich in den Kreisen Wesel und Borken sowie in Rheinland-Pfalz. Dass weitere Höfe betroffen sind, glaubt Thesing nicht, kann es aber nicht hundertprozentig ausschließen.

Hohe Geldstrafe droht

Ihm droht nun eine hohe Geldstrafe wegen eines eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahrens. Einmal, weil er bis zum 28.2. noch Futtermittel ausgeliefert hat und eine Lieferliste nachgefordert werden musste, erläutert Wilhelm Deitermann, Pressesprecher des Landesverbraucherministeriums in Düsseldorf. Noch im Oktober habe Bundesministerin Aigner alle Futtermittel-Generalimporteure vor möglicherweise hoch belastetem Mischfutter aus Serbien gewarnt - vergeblich.

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Auch wenn die Grenzwerte deutlich überschritten worden sind: Für die Verbraucher habe keine Gefahr bestanden, betont Thomas Delker, Leiter des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamtes im Hochsauerlandkreis. Die Milch nämlich ist nicht direkt vom Hof an Kunden verkauft worden. Und falls belastete Rohmilch an die Molkerei geliefert worden ist, dann sei sie so stark mit anderer Milch verdünnt worden, dass kein Risiko mehr für die Kunden bestehe.

Der Kreis ist am vergangenen Montagnachmittag vom NRW-Landesamt für Verbraucherschutz darüber informiert worden, dass belastetes Futter ins Hochsauerland geliefert worden ist. Daraufhin hat die Behörde eine Probe entnommen und untersuchen lassen. Das Ergebnis wurde dem Kreisveterinäramt am Dienstagabend um 21.30 Uhr mitgeteilt.

Keine Pflicht zur Information

Eine Pflicht des Veterinäramtes, die Verbraucher darüber zu informieren, von welchem Hof die Milch kommt, besteht Thomas Delker zufolge nicht. Zwar könnten Verbraucher laut Gesetz beantragen, Informationen über Verstöße gegen das Lebensmittelrecht zu bekommen. Ein solcher Verstoß liege in diesem Fall jedoch nicht vor, denn der Bauer habe schließlich nicht absichtlich belastetes Futtermittel eingekauft, so Delker.

Er sei im Gegenteil durch das vorläufige Verbot seine Milch abzugeben, selbst „erheblich geschädigt“, so Delker. Milch darf der Landwirt nämlich erst dann wieder ausliefern, wenn die Grenzwerte unterschritten sind. Bis dahin muss er seine Erzeugnisse als „Risikomaterial“ in der Tierkörperbeseitungsanlage entsorgen lassen.

Warum aber ist im Hochsauerland der Grenzwert um so viel mehr überschritten worden als in Niedersachsen? Offenbar, so Thomas Delker, ist auf diesem Hof anders als in Niedersachsen eine Kraftfuttermischung mit einem sehr hohen Maisanteil verfüttert worden.

Kritiker sehen sich bestätigt

Kritiker der gegenwärtigen deutschen und EU-Agrarpolitik sehen sich bestätigt. Michael Alterauge, Milchviehhalter aus Drolshagen, beschreibt das Dilemma: „Wir geben unseren guten Mais in die Biogasanlagen und sind auf Zukäufe aus dem Ausland angewiesen.“ Daran verdienten die Händler. „Wir brauchen die doppelte landwirtschaftliche Nutzfläche von Deutschland außerhalb der EU, um innerhalb der EU die Tiere satt zu machen.“