Hagen. Das dürfte die politischen Diskussionen der nächsten Wochen beherrschen: Obwohl das Kosten-Limit für das neue Hagener Tierheim in Absprache mit der Bezirksregierung auf 2,3 Millionen Euro gedeckelt war, wurden offenkundig mehr als drei Millionen Euro ausgegeben.
Über dem Hagener Rathaus brauen sich die düsteren Wolken des nächsten peinlichen Baukosten-Skandals zusammen: Den Spitzen der Ratsfraktionen wurde in der jüngsten Sitzung des Ältestenrates seitens der Bauverwaltung offenbart, dass die Errichtung des Tierheimes um mehrere hunderttausend Euro teurer ausfalle als Politik, Bürgern, aber auch der Kommunalaufsicht bis zuletzt immer vorgegaukelt worden sei.
Das habe die vorläufige Abrechnung des über Jahre diskutierten und immer wieder modifizierten Investitionsprojektes ergeben. Oberbürgermeister Jörg Dehm zeigte sich in einer ersten Reaktion „stinksauer“ und hat die erneute Kostenblamage in einem Telefonat mit Regierungspräsident Gerd Bollermann bereits eingeräumt.
Gebäude 100.000 € teurer
Ursprünglich sah das gedeckelte Budget Ausgaben von insgesamt 2,3 Millionen Euro vor. Diese setzten sich zusammen aus Mitteln des Konjunkturpaketes II (1,5 Mio. Euro), einer Sparkassenspende (200.000 Euro), einer Spende des Hagener Tierschutzvereins (525.000 Euro) sowie Mitteln der Stadt zur Herrichtung des Grundstücks (100.000 Euro). Diese fallen jetzt allerdings allein für die Errichtung des Gebäudes schon um 100.000 Euro höher aus – eine Kostensteigerung von etwa 4 Prozent.
Planierung 200.000 € extra
Hinzu kommen aber noch einmal weitere 200.000 Euro für das so genannte „Freimachen des Grundstücks“. Diesen Betrag trug letztlich ohne Wissen der Politik die Hagener Gebäudewirtschaft (GWH), weil die Stadt im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht ohnehin für die Brache zuständig war. Konkret mussten auf dem Areal an der Hasselstraße in Eilpe Restgebäude abgerissen und der Untergrund bis zu sechs Meter tief ausgekoffert werden, um Fundamente, Stahlarmierungen und sogar alte Schienenstücke zu entfernen.
Kosten, die beim Inspizieren des Geländes eigentlich schon im Vorfeld jedem Betrachter hätten klar sein können. Sie wurden aber bislang gegenüber den Mandatsträgern und der Öffentlichkeit unter den Teppich gekehrt.
Außenanlage 170.000 € mehr
Als weiterer Extra-Posten tauchen zudem plötzlich umfangreiche Geländebefestigungen zur Gestaltung des Außenareals auf. Hier wurden diversen Fremdfirmen der Gartenbauzunft weitere 173.000 Euro überwiesen. In dieser Kalkulation noch nicht enthalten sind weitere 120.000 Euro, die der Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) ohnehin schon an Leistungen erbracht hat, die selbstverständlich auch wieder der Gebührenzahler trägt. Insgesamt, so geht aus einem internen Verwaltungspapier hervor, das der Stadtredaktion vorliegt, addieren sich diese eingeräumten Beträge auf knapp 600.000 Euro, die jenseits des ursprünglich der Politik kommunizierten und zur Abstimmung vorgelegten Budgets liegen.
160.000 € für Bungalow
Aber das ist längst nicht alles: Unberücksichtigt bleiben weiterhin noch die gut 200.000 Euro für die öffentliche Erschließung des Tierheim-Geländes durch den WBH, die selbstverständlich ebenfalls die Bürger tragen. Außerdem wurde durch die kommunale Gesellschaft für Immobilien (GIV) obendrein noch ein Wohnbungalow für die Tierheimleitung errichtet (Kostenpunkt: ca. 160.000 Euro), dessen ebenfalls am Budget vorbei entstandenen Investitionskosten die Stadt in den nächsten Jahren als Mietzins an die GIV zurücküberweisen muss.
Ähnliches gilt für die Energie-Zentrale, die von der Mark-E errichtet wurde. Die Pellet-Heizung im Wert von 80.000 Euro wird im Rahmen einer Contracting-Vereinbarung bereitgestellt. Die Kosten für Planung, Invest und Instandhaltung der Anlage muss der Steuerbürger in den nächsten Jahren über die Betriebskosten abgestottert werden. All diese bislang im Verborgenen gehaltenen Extra-Posten addieren sich zu einer Summe von etwa einer Million Euro, die bei der ursprünglichen Kostenaufstellung für den Neubau des Tierheims geflissentlich verschwiegen wurden.
OB Dehm fordert alle Fakten
Besonders pikant: Bei der Eröffnung im Oktober vergangenen Jahres hatte OB Dehm im Beisein von Regierungspräsident Gerd Bollermann noch im Brustton der Überzeugung frohlockt, dass es Hagen trotz aller Hürden rund um den Tierheimbau gelungen sei, das gedeckelte Budget einzuhalten. Ein Trugschluss, der Konsequenzen haben dürfte: Die Gebäudewirtschaft soll auf Anweisung des OB für den nächsten Betriebsausschuss sowie den Haupt- und Finanzausschuss noch einmal sämtliche Zahlen und Fakten zusammenstellen. Jochen Weber (SPD), Vorsitzender des GWH-Betriebsausschusses, und SPD-Fraktionschef Mark Krippner haben bereits eigene Akteneinsichten beantragt.