Breckerfeld. . Gemeinschaft stiften und sich verändern: Theater-Profi Werner Hahn probt mit dem Bürgertheater Breckerfeld und zeigt, was Spielen bedeuten kann. Seit zwei Jahren entdecken hier 14 Laienschauspieler die Bretter, die die Welt bedeuten.

Im Hotel garni Müller liegen Leichen im Keller. Aber das weiß das Publikum noch nicht. „Conny! Spiel nicht die Naive! Sei naiv!“ Werner Hahn ist in seinem Element. Der populäre Hagener Bühnenkünstler probt mit dem Bürgertheater Breckerfeld. Seit zwei Jahren entdecken hier 14 Laienschauspieler die Bretter, die die Welt bedeuten. Und Werner Hahn, Gründer und Leiter der Hagener Jungen Bühne Lutz, hilft ihnen dabei mit Herzblut und Erfahrung.

„Gestatten! Müller“ ist eine Krimikomödie, die Werner Hahn für die Breckerfelder Laien geschrieben hat. „Für eine solche Gruppe gibt es keine passgenauen Stücke.“ Die Arbeit legt den Kern des Theater-Geheimnisses frei. Hahn: „Was entsteht ist: Wir können ein Gemeinschaftsgefühl aufbauen. Die Menschen lachen zusammen.“

Werner Hahn ist ein Theaterpionier. Seine vielfältigen Projekte mit Schülern, mit jugendlichen Gefängnisinsassen, mit Kindern, deren Eltern eingewandert sind, mit Behinderten und mit Senioren am Theater Hagen erfahren große Beachtung. Und der Vater von sieben Kindern bringt das Theater auch aus dem Gebäude heraus in die Region. Zum Beispiel nach Breckerfeld.

"Es ist spannend, was Theater auslöst"

„Ich mag diese Unterscheidung zwischen Laien und Profis nicht“, betont er. „Ich möchte mit Menschen arbeiten. Es ist spannend, was Theater auslöst. Das Faszinierende ist, dass Theater überall funktioniert und die Menschen verändert.“

Das Hotel garni Müller ist eine renovierungsbedürftige Absteige in Berlin. Hier treffen sich Gestrandete aus der Provinz auf der Suche nach einer Utopie. Südwestfalen kommt natürlich nicht zu kurz. Klaus Wowereit will sich im Stück nach Westfalen absetzen. Er möchte Bürgermeister von Breckerfeld werden und dort einen Flughafen bauen.

„Ich traue mich plötzlich was, vorher war ich eher zurückhaltender“, beschreibt Inge Schalk, wie sie auf der Bühne wächst. Cornelia Breitbarth ergänzt das: „Ich habe Hemmungen, vor mehreren Menschen zu sprechen. Da habe ich mir gedacht, wenn ich vor so vielen Augenpaaren spielen kann, müsste ich auch beim Sprechen freier werden.“ Marion Spannagel wollte viermal wieder aussteigen. „Ich dachte, das schaffe ich nie, ich bringe nichts rüber. Aber im Lauf der Zeit entwickelt sich das, dann kann man auch ohne Worte etwas ausdrücken.“

Wie Theater kleine Wunder vollbringt

Werner Hahn hat die erstaunlichen Verwandlungen, die Theater freisetzen kann, im Großen wie im Kleinen begleitet. Jugendliche, mit denen er gearbeitet hat, machen heute als Schauspieler Karriere – so wie Sabin Tambrea. „Aber ich hatte auch einen Jungen in einem Projekt, der geht in eine Förderschule, der konnte kaum zwei Sätze schreiben. Mittlerweile ist er im Theaterclub und kam eines Tages mit einem vier Seiten langen Text an: Er hat eine Liebesgeschichte verfasst.“ Es sind kleine Wunder wie diese, die Werner Hahn beflügeln. Denn anders als viele Bühnen in Deutschland sucht und schafft das Theater Hagen die Verknüpfung von professionellem Vorstellungsbetrieb und Bildungsauftrag quer durch die sozialen Schichten. „Wir bieten in Hagen sehr, sehr viel in dieser Richtung an“, unterstreicht Hahn. „Wir geben den Menschen einen Platz und sagen: Du kannst jetzt etwas machen.“

Das Bürgertheater Breckerfeld wurde von der Bürgerstiftung Breckerfeld ins Leben gerufen. „Die Überschüsse unserer Vorstellungen stehen der Bürgerstiftung für soziale und kulturelle Zwecke zur Verfügung. So haben wir im Herbst zum Beispiel vier Breckerfelder Schulklassen in das Stück ,Ehrensache’ ins Theater Hagen geschickt“, schildert Hannelore Reibert. Damit schließt sich der Kreis.

Vollblut-Bühnenprofi Hahn verrät die Rezepte für eine gelungene Komödie: „Tempo, Tempo. Einsteigen, aufeinander hören, und dann Ping Pong, Ping Pong.“ So zünden die Pointen. Bernhild Stamnitz-Walther, Mutter dreier Musiker-Kinder, weiß das Privileg zu schätzen, dass das Theater Hagen eine Laiengruppe unterstützt. „Das zeigt, wie wichtig dieses Theater ist. Die Diskussionen um das Geld kann das alles doch nicht wieder in Frage stellen.“ Und Werner Hahn resümiert: „Hagen ist wirklich eine Theaterstadt, wo wir durch die Kunst das Leben der Menschen verändern.“

Die Krimikomödie „Gestatten! Müller“ ist am Samstag und Sonntag, 12. und 13. Januar, im Martin-Luther-Haus in Breckerfeld zu sehen. Beide Vorstellungen sind ausverkauft. Weitere Termine: 15., 16, und 17. Februar, jeweils um 19.30 Uhr. Karten: 02338 / 912871.