Hagen. . Besinnliche Gefühle kommen beim Hagener Ballett kaum auf. Denn Weihnachtszeit bedeutet für die Aktiven Hochsaison. Selbst an Weihnachten wird gearbeitet. Ein Fest mit der Familie kommt für die Tänzerinnen und Tänzer gar nicht in Frage – sie sind aus aller Welt in die Volmestadt gekommen.

Sie machen es sich daher gemeinsam schön – oder sie feiern mit den Ballettfreunden. Die gemeinsamen Weihnachtsaktionen beginnen in diesem Jahr schon früher: Am kommenden Samstag, 1. Dezember, haben die Ballettfreunde das Häuschen der Freiwilligen-Agentur auf dem Weihnachtsmarkt belegt. Die Tänzerinnen und Tänzer machen mit und haben sich erstmals auch am Backen und Kochen beteiligt.

So gibt es wenigstens etwas heimatliche Gefühle, als sich Hayley Macri und Tiana Lara Hogan an ein Rezept aus ihrer australischen Heimat wagen: ANZAC-Biscuits. Das „Australian and New Zealand Army Corps“ (ANZAC) war ein Armeekorps der Streitkräfte des Britischen Empire im Ersten Weltkrieg. Die Kekse werden auch auf dem Weihnachtsmarkt angeboten.

Seit neun Jahren in Deutschland

Hayley (27) aus Sidney verbringt ihr erstes Weihnachten in Hagen. Die Familienweihnachtsfeier hat sie schon neun Jahre nicht miterlebt – so lange ist sie schon in Deutschland. „Wahrscheinlich kocht ihr Känguru-Fleisch“, scherzt ihr Kollege Matt Williams. Der 26-jährige Engländer ist immer für einen Spruch über die „Kron-Kolonie“ zu haben. Dort stehen Meeresfrüchte und Barbecue am Strand ganz hoch im Kurs – schließlich ist dort gerade Sommer. Allerdings wird der deutsche Weihnachtsmarkt inklusive Glühwein „down under“ immer beliebter. „Am Bondi-Beach gibt es sogar eine Eisbahn“, berichtet Hayley. Sie hat bisher nur Weihnachten in Bayern erlebt: „Ich bin aber nicht für Schnee gemacht“, sagt die Tänzerin. Ans Wetter kann und will sie sich nicht gewöhnen. Ebenso nicht daran, dass sie ihre Familie zum Fest nicht sieht. „Wenn ich daran denke, kommen mir die Tränen.“

Einsamkeit ist schwierig

Auch für Tiana Lara ist die Einsamkeit schwierig. Wobei das in Hagen viel besser als bei ihren bisherigen Engagements in Ostdeutschland sei. Nicht nur, dass hier mehr Leute Englisch sprechen: „Die Hagener sind viel offener“, berichtet die Tänzerin, während sie in der Küche von Thomas Moll steht und Teig vorbereitet. In Dessau und Halberstadt sei das undenkbar gewesen, bei „fremden Leuten“ zu sein. Nun stehen sie bei einem Ballettfreund in der Küche und haben Spaß beim Backen.

Auch Matt steht mit seiner Deutschlehrerin Sylke Feldberg in Molls Küche. Wobei sich die Deutsche und der Engländer mit Erfolg an Minced Pies nach einem Familienrezept versuchen. Bei allen lockeren Sprüchen: Auch Matt fehlt das Weihnachten zu Hause. Denn gerade der 25. Dezember ist dort der Festtag – mit Bescherung, der Weihnachtsansprache der Queen, Familienbesuch und viel Essen. „Das ist für mich schwierig, weil wir Vorstellung haben“, bedauert er. Fünf Jahre ist er in Deutschland – seine letzte Spielzeit. Er möchte zurück.

Weihnachten wird auch in Japan gefeiert 

Im vergangenen Jahr hat er gemeinsam mit Ballettkollegen den Heiligen Abend verbracht. Jeder hat etwas aus seiner Heimat gekocht: Leszek Januszewski aus Polen hatte Fisch gemacht, Huy Tien Tran aus Vietnam steuerte Meeresfrüchte bei und Noemi Martone aus Italien hatte Panetone gebacken. Auch Yoko Furihata aus Japan steuerte etwas bei. Obwohl keine Christen, wird auch in Japan Weihnachten gefeiert, berichtet Shinsaku Hashiguchi. Meistens in der Familie auch mit Weihnachtsbaum und dem typischen Weihnachtskuchen „Buche de Noel“. Junge Leute gehen mit Freunden ins Restaurant, ins Kino und verbringen den Abend weniger feierlich als hier.

Typisches Weihnachtsessen mit Fisch

Anders als bei Péter Matkaicsek aus Ungarn. Dort wird ganz traditionell gefeiert: Ein typisches Weihnachtsessen muss Fisch enthalten, zum Beispiel Fischsuppe (Halaszle) und Kohl, und als Dessert Beigli. Das ist eine süße Rolle mit Mohn oder Walnüssen – Peter wird sie für den Hagener Markt herstellen.

"Skype- Weihnachten"

Ihre Familien werden sie aber alle an Weihnachten nicht sehen – höchstens per Internet. „Manchmal haben wir Skype-Weihnachten gemacht“, berichtet Hayley. Allerdings würde die Verbindung dann meist abbrechen, weil ja weltweit jeder sprechen wolle, erinnert sie sich an vergangene Feste. Doch auch das sei nicht schön. „Ich war das Kind auf dem Klavier“ – das Notebook stand im Wohnzimmer. Doch selbst das wird in diesem Jahr nichts: „Meine Eltern haben kein Internet.“ Erst im Sommer sieht sie sie wieder – wir feiern Weihnachten im Juli nach.“