Hagen. . Dietmar Brendel, Schlagzeuger der Grafen, hat den zweiten Band seines Buches „Beat in Hagen“ veröffentlicht.

Vielleicht geht es darum, die alten Zeiten noch einmal aufleben zu lassen. So ganz kann das nicht gelingen, denn sowohl die Herren auf der Bühne als auch die davor sind – das darf man bei allem Respekt sagen – in die Jahre gekommen. 64 hat Dietmar Brendel auf dem Buckel. Und der Mann, der keine einzige Note lesen kann, sitzt auch an diesem Samstag in einer Halle des Autohauses Könneker am Schlagzeug.

Drang nach Freiheit

„Die Grafen“ heißt die Formation, für die Brendel trommelt. Eine Band, die wie so viele ihre Wurzeln Mitte der 60er Jahre hat. Brendel, dessen Bruder als Schlagzeuger mit Nena auf Tournee war, hängt an dieser Zeit. Das hat etwas mit Revolution zu tun, mit dem Drang nach Freiheit und dem Bedürfnis, gegen die Spießbürgerlichkeit der Gesellschaft zu rebellieren.

Bands mit den abenteuerlichsten Namen schießen in jenen Tagen wie Pilze aus dem Boden. Sie heißen „The Lady Twisters“, „The Grave Stones“ oder „The Four Floridas“. Dietmar Brendel hat ihnen ein Buch gewidmet – schon zum zweiten Mal. Weil die Geschichten, die es zu erzählen gibt, nicht enden wollen. Und weil die Fotos aus jener Zeit, die oft Jungs in viel zu großen feinen Anzügen zeigen, immer mehr werden.

Weiteres Material

„Beat in Hagen - Band II“ heißt das Werk des Rentners, der früher in der Hausdruckerei der Sparkasse gearbeitet hat. „Nach der ersten Auflage haben sich unheimlich viele Leser gemeldet, die weiteres Material aus dieser Zeit hatten“, sagt Brendel. „Ich habe mittlerweile ein richtiges Archiv.“

Im Kohlenkeller hat Brendel mit seiner ersten Formation einst begonnen. „Die Kohlen haben wir zur Seite geschaufelt und dann mit Säcken abgedeckt – damit’s nicht mehr so staubt“, erzählt Brendel. „Die Wände haben wir weiß überstrichen. Radios haben wir mit den E-Gitarren angezapft. Und dann ging’s los.“

Dietmar Brendel - hier mit Band eins -
Dietmar Brendel - hier mit Band eins - © WP

Verstärker von ersten Gagen

Mit den ersten Gagen werden Verstärker angeschafft. Mit „Pomerin“ eröffnet ein Laden am Hauptbahnhof, in den es die jungen Musiker immer wieder zieht. „Da konnte man Instrumente und Equipment abstottern“, sagt Brendel. „Die hatten ein Herz für uns.“

Was ihn von vielen anderen unterscheidet: „Meine Eltern waren sehr tolerant“, sagt der Schlagzeuger, der sich das Spielen selbst beigebracht hat und bis heute nicht eine einzige Stunde Unterricht in einer Musikschule genommen hat. „Meine Mutter hat immer gesagt: Der Dietmar ist im Keller und beatelt.“

Besetzungen wechselten

Dietmar Brendel spielte zuerst für die „Danger Group“, später für die Formation „The four Floridas“. „Es gab Gruppen, die wurden wieder aufgelöst, kaum dass sie gegründet waren“, sagt er, „auch dass die Besetzung ständig gewechselt hat, war nicht selten. Wenn irgendwoher ein besserer Gitarrist kam, konnte es vorkommen, dass der alte aus der Band flog.“

Ende der 60er Jahre endet die Zeit der Live-Auftritte in Clubs, Kneipen, Tanzlokalen und Jugendzentren. „Damals wurde auf Disco umgestellt“, sagt Dietmar Brendel. „Live-Bands waren nicht mehr so gefragt. Und wenn, dann gaben sie Konzerte in großen Hallen. Ansonsten kam die Musik nur noch von der Schallplatte.“

Brendel selbst erinnert sich noch an einen der letzten Auftritte der Beat-Zeit im „Americano“ in Dortmund. „Wir sollten uns mit eine m Discjockey abwechseln“, sagt er. „Aber immer wenn wir auf die Bühne kamen, verließen die Leute die Tanzfläche.