Hagen/Wiesbaden. . Eigentlich könnte Felix Weimer mit 16 Jahren an der Fernuniversität Hagen seinen Bachelor-Abschluss in Informatik machen. Doch er hat kein Abitur. Und das kann er erst nachholen, wenn er 19 ist. Der Fall ist bereits vor Gericht gelandet.
Eigentlich müsste Felix Weimer der Bedeutung seines Namens entsprechend glücklich durchs Leben schweben. Eigentlich. Denn mit 16 Jahren steht der Hochbegabte an der Fernuniversität Hagen bereits vor seinem Bachelorabschluss in Informatik. Die Welt wartet auf ihn. Doch dazwischen steht noch der deutsche Behördendschungel, in dessen Dickicht sich der Junge aus dem Main-Taunus-Kreis verfangen hat. Da er noch kein Abitur hat, kann ihm die Hochschule auch kein Bachelorzeugnis ausstellen. Die Reifeprüfung kann er allerdings erst in drei Jahren ablegen – ein Sonderfall des hessischen Schulrechts.
Mit 13 Jahren ging der Junge, der bereits in der Grundschule zwei Klassen übersprungen hatte, mit Einverständnis des Schulamts in der 9. Klasse vom Gymnasium ab. Er fühlte sich unterfordert. Das frühzeitige Verlassen des Schulsystems ist nun sein Problem. Denn so hat er nur einen Hauptschulabschluss erhalten. Um eine Abi-Prüfung als Externer ablegen zu können, braucht er aber die Mittlere Reife. „Ihm geht es nicht gut, er ist ziemlich geknickt“, sagte seine Anwältin Sybille Schwarz dem Hessischen Rundfunk.
Abitur außerhalb der Schule geht erst mit 19
Gegen den Schulabschluss hat sie vor zwei Jahren bereits Klage eingereicht . Die wurde vom Verwaltungsgericht Frankfurt abgewiesen, seit Februar 2011 liegt das Verfahren beim hessischen Verwaltungsgerichtshof. Doch selbst, wenn zugunsten des Hochbegabten entschieden würde, gibt es für Felix ein weiteres Hindernis. Wer sich außerhalb des Schulsystems befindet, kann die Abiturprüfung in Hessen erst mit 19 Jahren ablegen. Nach Angaben des hessischen Kultusministeriums wäre ein früheres Abitur möglich gewesen, wenn Felix nicht das Gymnasium verlassen hätte und „im System geblieben wäre“. Das findet Sybille Schwarz nicht gerecht und sucht deshalb den Weg in die Öffentlichkeit.
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Auch wenn Madeleine Majunke, Sprecherin des Vereins Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind (DGhK), die Hintergründe der Eltern von Felix nicht kennt, sei es ein Fehler gewesen, den Jungen mit 13 Jahren von der Schule zu nehmen. „Auch wenn, wie zu lesen ist, Felix durch die Unterforderung in der Schule psychosomatische Störungen wie Übelkeit und Migräne gezeigt hat, hätte man zunächst versuchen müssen, ihn parallel zur Schule zu fordern.“
Schule ist gefordert
Vereine wie die DGhK beraten Eltern, Lehrer und Erzieher über den Umgang mit Hochbegabten und veranstalten Sonntagsschulen, in denen hochbegabte Kinder und Jugendliche zusammenkommen, um Freundschaften aufzubauen. Hochbegabte Kinder seien sehr sensibel. Deshalb sei es wichtig, ihnen zu vermitteln, dass es auch andere Kinder mit besonderen Fähigkeiten gibt.
Doch auch die staatlichen Einrichtungen seien gefordert. Majunke: „Man muss sie mit ihrer Einmaligkeit akzeptieren und sie individuell fördern. Das ist nun einmal die Aufgabe der Schule.“
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Menschen gelten ab einem Intelligenzquotienten von 125 bis 130 als hochbegabt. Davon betroffen sind nach Schätzungen der DGhK deutschlandweit 300 000 Kinder. Doch viele wüssten nicht um ihre Fähigkeiten. Um diese bei Schülern zu entdecken, können sich Lehrer unter anderem am Internationalen Centrum für Begabungsforschung (ICBF) an der Uni Münster fortbilden. „Die Schulen entscheiden selbst nach ihrem Bedarf, wie viele Lehrer sie dorthin senden“, sagte Jörg Harm, Sprecher des NRW-Schulministeriums. Das Land bietet zudem Schulen die Möglichkeit, sich im Netzwerk Hochbegabtenförderung NRW (www.chancen-nrw.de) über den Umgang mit besonders talentierten Kindern auszutauschen.
Für Felix Weimer kommen diese Ratschläge freilich zu spät. Die Fernuni kann für ihn derzeit nichts tun: „Ohne Abitur oder Abitur-Ersatz ist ein Hochschulabschluss nun einmal nicht möglich“, sagte eine Sprecherin der Fernuni.