Hagen. . Bei der Gartenarbeit verschwand Günther Möller aus Hagen plötzlich in einem Loch im Boden. „Bis zur Hüfte war ich weg“ - und das mit einer scharfen Sense in der Hand. Wie sich herausstellte, droht der Hang an der Philippshöhe abzurutschen, so dass der Wirtschaftsbetrieb das Gelände absperrte.
Sein Grundstück auf der anderen Straßenseite pflegt Günther Müller (77) mit gebührender Regelmäßigkeit, der Rentner legt Wert auf Sauberkeit und Ordnung, er mäht den Rasen und räumt in seinem Schuppen auf. Um die Hecke zu stutzen, muss er sich auf die andere Seite der Einfriedung begeben. Dort wachsen Giersch und Brennnesseln, Günther Müller hat immer eine Sense zur Hand, um das Unkraut klein zu halten. Dabei geschah es: Plötzlich verlor er den Boden unter den Füßen, er trat ins Nichts und plumpste in ein kreisrundes, eimergroßes Loch.
„Bis zur Hüfte war ich weg“, sagt er und meint, dass er noch Glück hatte: „Wie leicht hätte ich mich an der Sense verletzen können.“
Nachdem er den ersten Schrecken überstanden hatte, befreite sich Müller und rätselte über die Ursache der Vertiefung, deren Öffnung sich jetzt, da sie nicht mehr von Unkraut zugewuchert war, gähnend vom Waldboden abhob. Er informierte einen Jagdaufseher, der die Gefahr sofort erkannte und den Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) einschaltete. Inzwischen ist das Gelände mit einem Metallzaun weiträumig abgesperrt. Denn der Hang auf der Philippshöhe droht abzurutschen.
Zweiter Krater
Unweit des Loches entdeckten die Mitarbeiter des städtischen Betriebes einen zweiten Krater im Erdreich. Ein Bodengutachter ging, mit einem Seil gesichert, den Gruben, die zunächst senkrecht abfallen und sich dann abflachen, mit Licht und Sonar auf den Grund und stellte fest, dass sie immerhin 3,2 bzw. 4 Meter tief sind.
Ursache könnte zerbröselnder Gießsand sein
Als wahrscheinlichste Ursache diagnostizierte der Experte zerbröselnden Gießsand. Unterhalb der Philippshöhe befand sich früher eine Gießerei, die ihre Abfälle auf dem Hang abkippte. Gießsand ist nach der Verarbeitung zunächst betonhart, löst sich mit der Zeit aber auf.
Günther Müller bestätigt diese Vermutung. Denn die einstige Schraubenfirma Funcke & Huck, bei der er 40 Jahre lang als Maschinenschlosser tätig war, habe ihren Ausschuss seinerzeit auf der Philippshöhe entsorgt. „Und da war stets Formsand dabei, den der Regen wohl mit den Jahrzehnten ausgespült hat.“
Bevorzugtes Ziel alliierter Bomber
Möglicherweise sind die Löcher auch eine Folge des Zweiten Weltkrieges. Wegen der nahe gelegenen Fabriken war die Philippshöhe bevorzugtes Ziel alliierter Bomberverbände, noch heute könnten sich zahlreiche Granaten und weitere Geschosse im Boden befinden. Die Stadt hat deshalb den Kampfmittelräumdienst eingeschaltet, der das Gebiet untersuchen will. Sollte sich tatsächlich herausstellen, dass Kriegsmunition im Untergrund für das Abrutschen des Hanges verantwortlich ist, dürfte das eine schwierige Räumung des steilen, von Wald bedeckten Geländes zur Folge haben.
Günther Müller, der nach seinem unfreiwilligen Fall in die Erde sofort den Nachbarn Bescheid gab, damit die ihre Kinder nicht mehr in dem kritischen Gelände spielen lassen, wünscht sich, dass der Wirtschaftsbetrieb bald etwas unternimmt. Denn solange die heikle Situation nicht beseitigt ist, darf er sein Grundstück nicht betreten und weder den Rasen mähen noch die Hecke schneiden.