Hagen-Rummenohl. . Wenn Rehe, Feldhasen oder Wildkaninchen im Frühjahr Junge bekommen, versprechen hohe Wiesen und Felder Schutz für den Nachwuchs. Doch der Schein trügt: Nicht selten rollt der Tod in Form von Mähdreschern heran. „Hier hat es in der Vergangenheit jedes Jahr mehrere Kitze erwischt“, weiß Herbert Kettling, als Jagdaufseher für den äußersten Hagener Süden und Everinghausen zuständig. Doch das soll sich nun ändern – dank moderner Technik.

Schon seit vielen Jahren versucht Kettling, die Jungtiere vor der Mahd aus den Wiesen zu vertreiben und so vor den landwirtschaftlichen Maschinen zu schützen. Früher mobilisierte er dafür unter anderem die Kinder aus der Nachbarschaft, die auf den Wiesen Krach schlugen; in der jüngeren Vergangenheit rammte er Holzlatten in den Boden, an deren Spitze Blechstreifen im Wind flatterten und klimperten.

Da die einzelnen Wiesen und Felder aber immer größer und die Mähdrescher zudem immer schneller werden, blieb der Erfolg zuletzt überschaubar. Das soll sich nun ändern: Alarmsirenen, die ansonsten Langfinger in die Flucht schlagen oder vor Feuer warnen, vertreiben in diesem Jahr erstmals den tierischen Nachwuchs. Fünf solcher Signaltongeber hat Kettling erstanden und mit dem Einbau von Akkus und Schaltern für den Einsatz in der Natur präpariert.

Die Bauern der Umgebung wurden über das Projekt informiert und erklärten sich allesamt zur Mithilfe bereit. Will ein Landwirt nun in absehbarer Zeit mähen, ruft er vorher bei Jagdaufseher Kettling an, der die Sirene – einige Stunden bevor die Maschine anrollt – mit einem Pfosten auf der Wiese oder dem Feld installiert.

Auch Zweibeiner aufgeschreckt

„Bei dem Geräusch führen die Ricken ihre Kitze bestimmt aus dem Feld heraus“, glaubt der 69-Jährige fest an ein Gelingen der Aktion. Denn die Sirenen sind tatsächlich verdammt laut: Bei 105 db Schalldruck machen sich Reh und Hase wohl tatsächlich lieber aus dem Staub. Weniger Erfolg verspricht er sich bei brütenden Fasanenhennen: „Die würden vermutlich den Kopf einziehen und bleiben. Aber Fasane gibt es bei uns ja nicht allzu häufig.“

Allerdings schrecken die elektrischen Krachmacher nicht nur Vier-, sondern auch Zweibeiner auf. Als das Gerät am Dienstag erstmals im Einsatz war, rief wenig später ein Polizist beim Jagdaufseher an und wollte wissen, was es mit dem Lärm auf sich habe. Nach einer kurzen Erläuterung zeigte der Beamte Verständnis für das Projekt. Das wünscht sich Kettling auch von Spaziergängern und Anwohnern, zumal die Sirenen ausschließlich tagsüber eingesetzt werden und in den Wohngebieten kaum zu hören sein dürften.

Einen ersten Erfolg konnte er übrigens schon verbuchen: „Ein Bauer hat bereits gemäht, während die Sirene lief. Und es gab keine Verluste zu beklagen.“