Hagen. . Von Hagen nach Brüssel sind es rund 270 Kilometer. Europa ist also nicht gerade nah. Dabei gibt es im Hagener Rathaus ein EU-Informationsbüro für Hagen, den Märkischen und den Ennepe-Ruhr-Kreis - eine von elf derartigen Einrichtungen in NRW. Das Büro aber liegt nicht bürgernah - sondern oben im vierten Stock.
Das EU-Informationsbüro für Hagen, den Märkischen und den Ennepe-Ruhr-Kreis im Hagener Rathaus liegt ganz am Ende des menschenleeren Flures im vierten Stock. Es wäre Regina Blania und Sabine Krink lieber, sie hätten ihr Büro unten im Erdgeschoss bei den Menschen, neben dem Bürgeramt der Stadt, wohin viele Hagener ohnehin mit ihren täglichen Anliegen kommen. Dann allerdings bräuchte man auch mehr Mitarbeiter, gibt Sabine Krink zu bedenken. Drei Teilzeitkräfte arbeiten derzeit im Büro, organisieren Veranstaltungen, bearbeiten Förderanträge. Für einen täglichen Publikumsverkehr und eine Sprechstunde bleibe da nicht genug Zeit.
Derzeit arbeitet sich Sabine Krink in das Amt der Europabeauftragten und Leiterin des Informationsbüros ein. Im kommenden Jahr tritt Regina Blania ihr diesen Posten ab.
Sie ist seit 14 Jahren Europabeauftragte in der Stadt. Seit dem Jahr 2006 gibt es in Hagen zusätzlich das EU-Informationsbüro, eines von elf in ganz NRW, gefördert von der Europäischen Union. Die hat die Büros im Jahr 2005 ins Leben gerufen, um die europäischen Entscheidungen, Gesetze und Reformen den Bürgern besser zu vermitteln.
Keine leichte Aufgabe
Keine leichte Aufgabe in diesem Jahr der Finanzkrise, wie Regina Blania einräumt. „Es ist eine Herausforderung“, sagt sie. „Die Bürger stehen hier bei uns auf dem Flur nicht Schlange“, räumt sie zwar ein. Und dennoch hat sie auf den Podiumsdiskussionen, Vorträgen und Veranstaltungen, die sie organisiert, erfahren, dass Europa bei den Bürgern in einer Glaubwürdigkeitskrise steckt. Dass die Menschen fürchten, die Idee Europas sei ins Wanken geraten. Dass sie um ihr Geld, ihr Erspartes, ihre Renten fürchten.
Viele Mittel, dagegen anzuarbeiten, hat sie nicht. „Wir müssen wie die Spürhunde nach Wegen suchen, denn wir haben kaum Geld im Portemonnaie“, sagt sie. Aber ein Netzwerk von Experten, Vertretern der Wirtschaft, Gewerkschaften und Vereinen. Menschen mit Fachverstand, die sie für Podiumsdiskussionen und Europa-Stammtisch gewinnen kann.
„Und wir versuchen vor allem die Lehrer anzusprechen“, sagt sie. Denn wenn man die Schulkinder früh für Europa gewinne, dann könne man sie später auch als Erwachsene noch erreichen, erklärt ihr Chef, Hagens Beigeordneter Christian Schmidt. „Eine Unterrichtsstunde in der sechsten Klasse ist für Europa wichtiger als mancher große Wurf auf einem EU-Gipfel“, fügt er hinzu.
Forderungen aus Brüssel
Förderungen aus Brüssel - auch das könnte vielleicht manchen Bürger weiter an die europäische Idee glauben lassen. Das richtige EU-Programm zum Projekt zu finden, dabei helfen die Mitarbeiterinnen des EU-Informationsprogramm. Ihrer eigenen Stadt jedoch können sie dabei nicht immer beistehen: Dann nämlich, wenn die Kommune die Mittel nur bekommen kann, wenn sie einen Teil der Projektkosten selbst übernimmt. Dazu allerdings fehlt der notleidenden Stadt das Geld - wie vielen anderen Gemeinden auch. „Wir schlagen daher vor, dass das Land einen Topf einrichtet, aus dem die armen Kommunen ihren Teil an solche Projekte bezahlen können. So wie in Großbritannien“, fordert Christian Schmidt. „Sonst werden die armen Städte immer weiter abgehängt.“
Dabei lässt sich Europa den Bürgern mit manch einem aus Brüssel geförderten Projekt besser nahebringen, als mit den vielen bunten Informationsbroschüren, die sich im Hagener Rathaus stapeln, glaubt Sabine Krink. Im kommenden Frühjahr will sie daher zum Beispiel eine Klimafahrt veranstalten, um zu zeigen, wie die EU-Umweltpolitik vor Ort umgesetzt wird. „Wir müssen den Bürgern die EU-Politik buchstäblich begreifbar machen, damit Europa die Menschen berührt“, sagt sie.
Es müsse wieder deutlich werden, fügt Regina Blania hinzu, dass Europa mehr ist als die Eurokrise, als Finanz- und Wirtschaftspolitik.