Hagen. . Prof. Gunther Bamler von der FH Südwestfalen organisiert seit Jahren Exkursionen für seine Studenten in fast alle Kontinente. Wer mitfahren will, muss Punkte sammeln, indem er an Projekten teilnimmt oder in bestimmten Gremien mitwirkt. Der Hagener Philipp Rasche war erfolgreich - und durfte mit.

Wenn jemand eine Weltreise unternimmt, die ihn in einige der exotischsten Länder und zu den herrlichsten Flecken der Erde führt, dann sollte man meinen, er ist Millionär. Oder ein Weltenbummler. Oder ein Aussteiger.

Philipp Rasche (25) ist nichts von alledem. Er ist Student. Vielleicht ist er kein armer Student, das wollen wir hier nicht erörtern. Aber er ist auch nicht reich. Er musste sich die 2500 Euro, die ihn die größte, schönste und abenteuerlichste Reise, die er je gemacht hat, zusammensparen. „Die Summe war ganz schön happig für mich“, sagt er. „Aber die Reise war jeden Cent wert. Es war die perfekte Reise.“

Belohnung der Fachhochschule Südwestfalen

Die Reise war ein Angebot, man könnte auch sagen eine Belohnung, der Fachhochschule Südwestfalen. Professor Gunther Bamler vom Fachbereich Technische Betriebswirtschaft organisiert seit Jahren Exkursionen für seine Studenten in fast alle Kontinente. Wer mitfahren will, muss zunächst Punkte sammeln, indem er an Marktforschungsprojekten teilnimmt oder in Berufungskommissionen oder Prüfungsausschüssen mitwirkt. Bamler-Punkte sammeln, nennen das die Studenten. Philipp Rasche, der am Ischeland wohnt und im fünften Semester Wirtschaftsingenieurwesen studiert, beteiligte sich an wissenschaftlichen Umfragen auf Weihnachtsmärkten.

Rund um die Welt

Und sammelte dadurch so viele Bamler-Punkte, dass der Professor ihm als einem von 25 Studenten den Zuschlag für seine nächste Auslandsexkursion gab, die diesmal rund um die Welt führte: von Namibia und Südafrika über Argentinien, Uruguay, Chile, die Osterinsel, Tahiti, Hawaii, die Philippinen, Malaysia und Bangladesch. Als er nach zwei Wochen wieder im grob mitteleuropäischen Hagener Klima ankam: „Da kam es mir vor, als hätte ich eine Zeitreise quer durch die Welt hinter mich gebracht.“

Natürlich war die im Wesentlichen von der Fachhochschule finanzierte und organisierte Weltreise keine Urlaubsfahrt. Vor dem Abflug lernte jeder Teilnehmer in einem Seminar die Wirtschaftsstrukturen der besuchten Länder kennen, musste eine Arbeit schreiben und einen Vortrag halten. In fast allen Destinationen standen für die Betriebswirtschaftsstudenten denn auch Werksführungen und Fabrikvisiten auf dem Programm. Philipp Rasche sah namibische Arbeiter in einem Marmor-Steinbruch schuften, argentinische Autobauer einen Pick-up zusammensetzen und philippinische Näherinnen mit Spule, Nadel und Zwirn hantieren: „Wirkliche Ausbeutung habe ich aber nicht beobachtet.“

Anschauungsunterricht in Sachen Globalisierung

Die Exkursionen waren bester Anschauungsunterricht, denn die Studenten lernten, was Globalisierung bedeutet. In einer Wollfabrik in Uruguay wurde deutsche Schafswolle verarbeitet, und eine Werkhalle der Lufthansa auf dem Flughafen von Manila wird von zahlreichen Fluggesellschaften nur angeflogen, weil sie dort ihre Maschinen warten und überholen lassen wollen. Globalisierung, das merkte sich Philipp Rasche, werde vor allem durch Transport geprägt: „Und Transport scheint keine Frage des Geldes zu sein. Weil er so billig ist, befeuert er die Globalisierung.“ Sonst würde deutsche Rohwolle schließlich nicht über den Atlantik geschifft, und internationale Fluggesellschaften würde keine leeren Maschinen nach Manila schicken.

Auch in einer südafrikanischen Textilfabrik wurde den Studenten aus Hagen Globalisierung pur demonstriert: Zwischen preiswerten Editionen für einheimische Kaufhäuser produzierten die stakkatohaft arbeitenden Näherinnen in fliegendem Wechsel, aber mit den gleichen Maschinen und offenbar für den gleichen Lohn, teure Produktlinien für das Label Daniel Hechter und den europäischen Markt.

Mit Armut und Elend wurde Philipp Rasche nicht in den Fabriken konfrontiert, dafür aber auf der Straße. Besonders augenfällig empfand er den krassen Unterschied zwischen der Not leidenden Bevölkerung der Philippinen, wo der Sextourismus boomt und die Kinder sich zum Schlafen auf dem Bürgersteig niederlegen und mit Pappkartons zudecken, und dem aufwärts strebenden Malaysia mit seiner Kapitale Kuala Lumpur und den 452 Meter hoch aufragenden Petronas Towers.

Tränen der gefallenen Soldaten

Philipp Rasche hat auch das vermeintliche Paradies kennengelernt, Tahiti - jene Insel der Sehnsucht in den Weiten der Südsee. Er erkundete das bergige Eiland auf eigene Faust mit dem Mietwagen und stellte ernüchtert fest, dass die Globalisierung selbst dieses entfernteste Ende der Welt erreicht hat: „Tahiti ist teuer, selbst das einfachste Touristen-Shirt kostete dort 30 Euro.“ Beeindruckt zeigte er sich dagegen nach einem Besuch von Pearl Harbour auf Hawaii, wo aus dem Wrack eines von den Japanern 1941 versenkten Schiffes bis heute Öltropfen an die Wasseroberfläche aufsteigen. „Die Tränen der gefallenen Soldaten“ wird die Stelle von Einheimischen genannt, während dem Hagener Studenten eher die „unheimliche Umweltverschmutzung“ ins Auge stach.

Wenn alles klappt wie vorgesehen, wird Philipp Rasche, der schon eine Ausbildung als Bankkaufmann absolviert hat, sein Studium in zwei Jahren beendet haben. Sein Traum ist es, einmal Werksleiter bei Porsche zu werden, er träumt den Traum tausender Wirtschaftsstudenten. Auf jeden Fall strebt er einen Job in der Automobilbranche an, aber wo auch er immer er einst anheuern wird, die Kenntnisse, die er auf der Weltreise gesammelt hat, wenn er über die Globalisierung diskutiert, so ist das kein bloßes Theoretisieren. Er hat erlebt, wie der Welthandel funktioniert und was Transport und Waren- und Personenverkehr und Mobilität bedeuten.