Hengstey. .

Der Hagener Bernd Lange (61) bangt um sein Heim. Er wohnt genau an der Trasse für die geplante Hochspannungsleitung der Firma Amprion in Hengstey. Dadurch könnte sein Haus unbewohnbar und unverkäuflich werden.

Es geht ans Eingemachte. Bernd Lange (61) bangt um sein Heim. In der vierten Generation wohnt er in Sichtweite von Koepchenwerk und Hengsteysee, seine Urgroßmutter hat das Haus im Uhlenbruch, das letzte in der Sackgasse, einst gekauft. „Eine kalte Enteignung“, nennt Lange das Vorhaben der Firma Amprion.

Bernd Lange fürchtet um sein Heim und um seine Gesundheit.
Bernd Lange fürchtet um sein Heim und um seine Gesundheit. © WP

Geplante Trasse führt nur 15 Meter an Langes Haus vorbei

Die RWE-Tochter plant den Bau einer Hochspannungsleitung von Dortmund-Kruckel nach Dauersberg in Rheinland-Pfalz. Die Trasse, die auch Hengstey tangiert, soll Energie aus den Kraftwerken des östlichen Ruhrgebiets (z.B. Hamm-Uentrop, Datteln und Lünen) sowie aus Windkraftanlagen in Norddeutschland gen Süden transportieren. Für die Energieversorgung in Deutschland mag das Projekt bedeutsam sein, für Bernd Lange ist es eine Heimsuchung: „Mein Haus wäre unverkäuflich, ja unbewohnbar.“

Denn die geplante Trasse führt gerade einmal 15 Meter an Langes Haus vorbei. Zwar existiert hier bereits eine 220-Kilovolt-Leitung, doch mit dem Neubau an gleicher Stelle soll die Spannung auf 380 Volt steigen. Eine solche Hochspannungsleitung erfordert einen Schutzabstand von 40 Metern zur Wohnbebauung - aus gutem Grund: Es gebe „Hinweise auf akute und Langzeitwirkungen, z.B. kindliche Leukämie, Gehirnkrebs und Brustkrebs“, warnt der Fachbereich Stadtplanung im Hagener Rathaus und verweist auf entsprechende Forschungsergebnisse der Strahlenschutzkommission. Da die neue Leitung auch in Garenfeld und Hohenlimburg für reichlich Diskussionsstoff sorgt, haben Vertreter der Stadt schon im April 2010 auf einer Konferenz unter Leitung der Bezirksregierung auf die „besondere Problematik der Trassenführung im Raum Hagen“ hingewiesen und um Stellungnahme gebeten, wie denn der Immissionsschutz für bereits bestehende Häuser gewährleistet werden soll.

Alternative Trassenführung scheint kaum noch möglich

Eine Frage, die sich auch Bernd Lange stellt. Zwar wird es noch Jahre dauern, bis die Megaleitung steht und die Spannung neben seinem Haus steigt, doch die rechtlichen und verwaltungstechnischen Voraussetzungen für das Mammutprojekt werden jetzt geschaffen. Eine alternative Trassenführung scheint kaum möglich, obwohl Amprion zugesagt hat, im Zuge des bevorstehenden Raumordnungsverfahrens alle Einwände zu prüfen. „Wird der Sicherheitsabstand (40 Meter) zum Leben und Wohnen eingehalten, sind die elektromagnetischen Wellen nicht mehr nachweisbar“, versichert Amprion-Sprecher Dr. Andreas Preuß. Bernd Lange blickt hoch zu der bestehenden Leitung, sie ist 15 Meter vom Giebel seines Hauses entfernt, er ist bald Rentner, er hat sich auf seinen Lebensabend gefreut, bevor er von der neuen Leitung erfuhr: „Ein Leben lang hat man gearbeitet und will sich im Alter noch ein paar schöne Tage machen. Und dann muss man wegziehen.“