Hagen. .

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat eine „Akzeptanz-Initiative“ der Landesregierung für neue industrielle Großprojekte angekündigt. Im vollbesetzten Hagener Stadttheater bot sie sich als Partnerin der südwestfälischen Wirtschaft an.

„Wir brauchen neue Großprojekte“, sagte sie mit Blick auf das Kraftwerk in Datteln und die CO-Pipeline im Rheinland beim Jahresempfang der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK) zu Hagen vor mehr als 1000 Zuhörern. Deshalb werde die Landespolitik gemeinsam mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften dafür kämpfen. NRW sei nicht nur ­Industrieland, sondern wolle es auch bleiben, betonte die Ministerpräsidentin.

Gleichzeitig kündigte sie aber auch eine genauere Prüfung der Genehmigungs- und Planungsverfahren industrieller Großprojekte in NRW an. Künftig werde man sehr genau hinschauen, ob es Widerstand „ohne Grund“ gebe oder ob etwas im Vorfeld „schiefgelaufen sei.“ Nach Stuttgart 21 sei es nicht mehr möglich, an althergebrachten Beteiligungsverfahren festzuhalten. Kraft: „Wir müssen die Bürger früher informieren.“

Landregierung kennt die Bedeutung der A46 für die Region Südwestfalen

Zur Kritik von Unternehmern und Bürgerinitiativen an den schleppenden Fortschritten beim Weiterbau der Autobahn 46 von Hemer nach Neheim sagte die Ministerpräsidentin, die Landesregierung kenne die Bedeutung der A46 für die Region Südwestfalen. Noch gelte es aber „ökologische Herausforderungen zwischen Menden und Neheim“ zu meistern. Bei der Festlegung der konkreten Streckenführung seien daher „Kompromisse zwischen allen Beteiligten nötig“.

Hannelore Kraft (SPD) tat das einzig Richtige und trat die Flucht nach vorne an. Vor den mehr als tausend Zuhörern im vollbesetzten Hagener Stadttheater, die nicht gerade als Sympathisanten einer rot-grünen Minderheitsregierung in NRW gelten dürfen, bot sie sich als verlässliche Partnerin der südwestfälischen Wirtschaft an.

Und sparte dabei nicht mit Lob: „Ich bin stolz auf diese starke Industrie-Region“, betonte die Ministerpräsidentin. Mittelstand und Handwerk seien ihr Rückgrat, und beide müssten gestärkt werden. „Wir werden die Bedeutung des Mittelstandes daher mit einem Mittelstandsgesetz unterstützen“, kündigte Kraft an. Zentrale Stichpunkte seien Vergaberecht, Bürokratie-Abbau, bessere Unterstützung bei Unternehmensgründung und Unternehmensnachfolge sowie die Förderung der Verbindung zwischen Mittelstand und Hochschulen in der Region. Und weil letzteres schon ziemlich gut klappt, fügte die Ministerpräsidentin hinzu: „Das alles ist in Südwestfalen ja auf gutem Weg.“

Punktgewinn für die Ministerpräsidentin

Ihre „Herzensangelegenheit“ geht daher auch über die Region hinaus: Bildung. „Wir lassen zu viele Kinder zurück“, ist Krafts Credo. Und das sei bei zunehmender Überalterung unserer Gesellschaft vor allem für den Fachkräftebedarf der Wirtschaft ein Problem. Daher müssen die Kommunen ihrer Ansicht nach „eine Brücke bauen zu den Eltern“ und damit vorbeugend tätig werden. Aber das können sie nicht mehr, weil ihnen das Geld dafür fehlt.

Dass die Kommunen wegen der ihnen vom Bund zugewiesenen zusätzlichen Aufgaben nur noch ihre Pflichtaufgaben erledigen können, bringt die Ministerpräsidentin regelrecht in Rage: „Aus dieser Idiotie müssen wir dringend heraus“, fordert sie. Nur wie? Noch mehr sparen, wie die Unternehmer stets fordern? Bei Polizei, Schulen, Hochschulen und im Justizvollzug des Landes sieht Kraft „die Zitrone ausgepresst“. Zustimmender Beifall im Publikum. Punktgewinn für die Ministerpräsidentin.