Hohenlimburg. Eine Untersuchung mit modernsten technischen Geräten und Verfahren brachte es an den Tag: Die Schwarze Hand im Schloss Hohenlimburg ist 500 Jahre alt und stammt von einem erwachsenen Menschen. Wahrscheinlich einem Mann, der ermordet wurde.

Die „Schwarze Hand” auf Schloss Hohenlimburg ängstigt seit Jahrhunderten Kinder und lässt bei Erwachsenen ein Gruseln zurück. Im August vorigen Jahres weckte das Hohenlimburger Relikt einer menschlichen Hand auch das Interesse von Dr. Wilfried Rosendahl.

Im August wurden Gewebepartikel entnommen

Der Paläontologe leitet das Mumienforschungs-Projekt der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim und damit eines der größten Forschungsprojekte zu diesem Thema weltweit.

Ende August 2009 war die Hand erstmals eine Stunde lang „außer Haus", ansonsten hatte sie Schloss Hohenlimburg noch nie verlassen. Projektleiter Dr. Wilfried Rosendahl der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim unterzog das menschliche Relikt im Elseyer Krankenhaus einer Computertomographie. Sein Team entnahm winzige Gewebepartikel, um der Hand auch mit anderen, modernsten Geräten und Verfahren wie CT Scann und Radiokarbondatierung ihre dunkle Geschichte zu entlocken.

Best erhaltene menschliche Relikt dieser Art

„Erhaltene, mumifizierte menschliche Hände gibt es nicht viele, vielleicht etwa zehn. Die Hohenlimburger Hand ist das mit am besten erhaltene menschliche Relikt dieser Art. Hinzu kommt die Prominenz dieses Exponates, nicht zuletzt aufgrund der Gruselgeschichten, die es umranken”, erklärte Dr. Wilfried Rosendahl gestern im Schloss Hohenlimburg, als er die Ergebnisse seiner Forschungsarbeiten zum ersten Mal öffentlich präsentierte.

Nun steht fest: Die 1811 nach einem Blitzeinschlag im Turm des Schlosses gefundene Hand ist 500 Jahre alt. Dr. Rosendahl: „Die Radiokarbondatierung ergab, dass die Hand aus dem 16. Jahrhundert stammt. Ermittelt wurde das Jahr 1546 plus/minus 60 Jahre, eine genauere Datierung ist nicht möglich."

Der abgetrennte Körperteil eines Ermordeten

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass es sich um eine rechte Hand handelt, wahrscheinlich die eines erwachsenen Mannes. Alle Fingerendglieder fehlen sowie ein Teil der Handwurzelknochen. Ein Rest Kordel am Daumen deutet nach Auffassung des Forschers auf eine ältere Etikettierung hin. Nicht gefunden haben die Wissenschaftler Hackhiebe, Schnitte, Krankheiten oder Geschwüre. „Das weist eher darauf hin, dass es die Hand eines Opfers, nicht eines Täters ist", so Rosendahl.

Dr. Rosendahl war schon im August 2009 überzeugt, dass die schwarze Hand ein Leibzeichen sei, der abgetrennte Körperteil eines Ermordeten. Rosendahls Forschungen haben seinen Arbeitsansatz bestätigt. Die Rechtsprechung sah vom Mittelalter bis zur Frühneuzeit die Anwesenheit von Täter und Opfer vor Gericht vor. Das „Leibzeichen” war sozusagen die Vertretung der würdig bestatteten Leiche.

Hohenlimburger Legende ist nur eine Legende

Für die Wissenschaft ist damit klar, dass die alte Hohenlimburger Legende von einem Knaben, dem der Scharfrichter vor den versammelten Bürgern der Stadt Limburg eine Hand abschlug, weil der Junge seine Mutter geschlagen hatte, eben doch nur als erzieherische Legende einzuordnen ist. Die Hand soll zur Abschreckung vor Ungehorsam zur Schau gestellt worden sein.

„Für uns ist aber auch der Aspekt spannend, dass in Mitteleuropa aus juristischen Gründen Mumifizierung betrieben wurde, denn vom Mord bis zum Prozess konnte ein langer Zeitraum liegen”, erläutert der Wissenschaftlicher weiter. Mumifizierung geschah meistens durch Trockungsverfahren, mit Kalkpuder, Salz oder Hitze.

Innerhalb des „German Mummy Projects” der Reiss-Engelhorn-Museen wird dieser neue Aspekt europäischer Mumifizierungsgeschichte erstmals näher betrachtet.

Schwarze Hand auf Schloss Hohenlimburg lüftet Geheimnis

Schwarze Hand, Schloss Hohenlimburg, CT Rekonstruktiion einer 3D-Skelettansicht auf die Handinnenfläche
Schwarze Hand, Schloss Hohenlimburg, CT Rekonstruktiion einer 3D-Skelettansicht auf die Handinnenfläche © Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim
Schwarze Hand, Schloss Hohenlimburg, CT-Rekonstruktion einer 3D-Ansicht auf die Handinnenfläche, in Weichteilerhaltung.
Schwarze Hand, Schloss Hohenlimburg, CT-Rekonstruktion einer 3D-Ansicht auf die Handinnenfläche, in Weichteilerhaltung. © Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim
Schwarze Hand, Innenfläche, Schloss Hohenlimburg, Am Daumen Stück Kordel, vermutlich von alter Etikettierung.
Schwarze Hand, Innenfläche, Schloss Hohenlimburg, Am Daumen Stück Kordel, vermutlich von alter Etikettierung. © Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Germand Mummy Project
Dr. Wilfried Rosendahl und Julia Dettmann vor der Schwarzen Hand im Schloss Hohenlimburg
Dr. Wilfried Rosendahl und Julia Dettmann vor der Schwarzen Hand im Schloss Hohenlimburg © WP
Dr. Wilfried Rosendahl und Julia Dettmann vor der Schwarzen Hand im Schloss Hohenlimburg
Dr. Wilfried Rosendahl und Julia Dettmann vor der Schwarzen Hand im Schloss Hohenlimburg © WP
Dr. Wilfried Rosendahl und Julia Dettmann vor der Schwarzen Hand im Schloss Hohenlimburg
Dr. Wilfried Rosendahl und Julia Dettmann vor der Schwarzen Hand im Schloss Hohenlimburg © WP
Dr. Wilfried Rosendahl und Julia Dettmann vor der Schwarzen Hand im Schloss Hohenlimburg
Dr. Wilfried Rosendahl und Julia Dettmann vor der Schwarzen Hand im Schloss Hohenlimburg © WP
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