Hagen. Beim Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) in Hagen ist nach der Jahrhundertflut nichts mehr so, wie es war.

Das Innere des 1964 errichteten Gebäudes gleicht einem Rohbau mit Fenstern. Die Jahrhundertflut hat alles verwüstet. Im Keller stand das Wasser bis zur Decke, im Erdgeschoss 60 Zentimeter hoch. Alles musste raus, nichts war mehr zu gebrauchen.

150.000 Bücher landeten auf dem Müll, musikalisches Equipment, Tische, Stühle, das Material für die Kinder- und Jugendarbeit, technische Einrichtungsgegenstände. „Alles ist abgesoffen“, sagt Thomas Schickhaus, Jugendsekretär beim Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) in Hagen.

Das Wasser der Volme schwappte über die Marktbrücke und wälzte sich über den Märkischen Ring, innerhalb einer Stunde war das CVJM-Quartier überflutet. 95 Prozent des Inventars, so schätzt es Schickhaus, wurden zerstört. Auch die Räume der benachbarten Suppenküche, in der mittellose Menschen ein warmes Mittagessen erhalten, ertranken in der braunen Brühe.

Zelt und Container

Der Christliche Verein Junger Menschen in Hagen muss vielleicht nicht wieder ganz von vorn beginnen mit seiner Arbeit. Aber nach der Flutkatastrophe ist nichts mehr so, wie es war.

Einige Gruppen treffen sich jetzt in dem großen Zelt, das provisorisch im Innenhof aufgebaut wurde, jedoch bald von einer Containeranlage abgelöst werden soll. Dort werden dann auch die 40 Männer aus dem Wohnheim, deren Schlafstätten in den oberen Etagen liegen und deshalb von der Flut verschont wurden, verköstigt werden.

Rohbau mit Fenstern: Jugendsekretär Thomas Schickhaus im zerstörten CVJM-Gebäude am Märkischen Ring.
Rohbau mit Fenstern: Jugendsekretär Thomas Schickhaus im zerstörten CVJM-Gebäude am Märkischen Ring. © WP | Michael Kleinrensing

Bis zu einer Obergrenze von 800.000 Euro zahlt die Elementarschutzversicherung für Schäden am Gebäude, berichtet Schickhaus. Ob das reicht, wird sich zeigen, denn die Sanierung ist aufwändig, weil im Fußboden Asbest verbaut ist. Wenn der Estrich entfernt und der Putz abgeschlagen ist, werden Trocknungsgeräte aufgestellt, erst danach können die 1400 Quadratmeter Innenraum (inklusive Suppenküche) neu ausgekleidet werden.

Zukunftssorgen

Frühestens im Sommer 2022 wird der CVJM seine Angebote wieder in gewohntem Rahmen präsentieren können. Ob dann noch alle Gruppen und Arbeitskreise (z.B. Bibelstunden, Bands, türkische Frauen) wiederkommen, wird sich zeigen. „Unsere Sorge ist, dass wir den Anschluss an die Menschen verlieren könnten“, sagt Schickhaus,

Er rechnet damit, dass der CVJM staatliche Unterstützung beanspruchen darf. Was ihn ärgert, ist die Tatsache, dass Spenden gegen die Summen aus der Flutopferhilfe aufgerechnet werden. „Wenn uns eine alte Dame zehn Euro spendet, dann muss ich das angeben und der Staat zieht es uns wieder ab. Das kann es doch nicht sein, das ist nicht in Ordnung.“

Gigantische Hilfsbereitschaft

Unvergessen aber ist die gigantische Hilfebreitschaft in den Tagen nach der Flut. An die 500 Menschen hätten eineinhalb Wochen lang im CVJM-Heim geschuftet, so Schickhaus: „Und drei Viertel von denen hatte ich nie zuvor gesehen.“

Auch interessant

Eine Frau aus dem niederrheinischen Rees kam täglich nach der Arbeit nach Hagen und half dabei, 240 Tonnen Müll aus dem Gebäude zu schaffen. Ein Caterer aus Warendorf baute sein Equipment auf und grillte für die Helfer. „Das Aufräumen war eine fürchterliche Plackerei, aber wir haben wunderbare Erfahrungen gemacht“, sagt Schickhaus.

Nahezu unglaublich klingt die Zahl von 150.000 Büchern, die das Wasser vernichtet hat. Sie waren für den Büchermarkt gedacht, den der CVJM seit Jahrzehnten in Hagen veranstaltet. Regelmäßig und stundenlang sortieren die Mitarbeiter des Vereins am Märkischen Ring, was nach Haushalts- und Büchereiauflösungen sowie weiteren Spenden im Haus eintrifft. Weil der Büchermarkt zuletzt wegen Corona nicht stattfinden konnte, quollen die Regale über.

Jetzt sind sie wieder leer.