Hagen. Eine Wölfin lebt bei Lüdenscheid. Hagen ist nicht weit. Deshalb ist die Stadt jetzt Pufferzone eines Wolfsgebietes. Was das bedeutet:
Teile der Stadt Hagen gehören jetzt offiziell zum erweiterten Areal eines Wolfsgebietes. Das Umweltministerium von Nordrhein-Westfalen hat das südliche Stadtgebiet als Pufferzone des Wolfsgebiets im benachbarten Märkischen Kreis ausgewiesen. Tierhalter können damit bei Investitionen in vorbeugende Maßnahmen zum Herdenschutz finanzielle Unterstützung beantragen.
Dass Wölfe das Stadtgebiet von Hagen längst betreten haben bzw. durchgezogen sind, kann nach mehreren Beobachtungen als gesichert gelten. Allerdings gibt es noch keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass die Tiere tatsächlich in Hagen aufgetaucht sind. Um den strengen Kriterien des Monitoring-Standards gerecht zu werden, benötigt das zuständige Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) genetische Spuren (von Fell, Losung oder einem Riss) oder ein Foto, auf dem Experten eindeutig einen Wolf identifizieren können.
Wölfin durchstreift den Nachbarkreis
Im Märkischen Kreis ist das der Fall, dort wurde im Rahmen des Wolfsmonitorings mehrfach ein weiblicher Wolf nachgewiesen – seit September 2022 mindestens viermal bei Lüdenscheid, Halver und Meinerzhagen. Bei der Wölfin handelt es sich laut LANUV um einen Abkömmling aus dem niedersächsischen Wolfsrudel bei Visselhövede im Landkreis Rotenburg (Wümme). Das Landesamt geht davon aus, dass dieses Tier im Sauerland standorttreu geworden ist.
Aufgrund der Daten hat das Umweltministerium die „Förderkulisse Märkisches Sauerland“ sowie die umgebende „Pufferzone Märkisches Sauerland“ ausgewiesen. Die Förderkulisse umfasst das eigentliche Wolfsgebiet, in dem die Wölfin überwiegend mit einem Schwerpunkt in Halver, Lüdenscheid und Herscheid nachgewiesen wurde. Es umfasst mit seinen ausgedehnten Wäldern und angrenzen Kulturlandschaften auf einer Fläche von 775 Quadratkilometern folgende Städte und Gemeinden vollständig: Altena, Halver, Kierspe, Lüdenscheid, Meinerzhagen, Neuenrade, Plettenberg, Werdohl, Herscheid, Schalksmühle und Attendorn.
Bundesstraße 54 stört die Wölfe
Zur umliegenden „Pufferzone Märkisches Sauerland“, die eine Fläche von 1299 Quadratkilometern umfasst, gehört das südliche Stadtgebiet von Hagen. Die Pufferzone erstreckt sich hier bis zur Ennepe bzw. bis zur A46. „Wir legen meist Flüsse oder Straßen als Grenzen fest, weil sie gut erkennbar sind“, so Dr. Matthias Kaiser, Leiter des Wolfsmonitorings in Nordrhein-Westfalen. Dabei handele es sich natürlich um „gedachte“ Grenzen, die den Wolf im Zweifelsfall nicht interessierten.
Der Hagener Süden verfüge jedoch über große Wälder mit Offenland-Bestandteilen: „So etwas lieben die Wölfe.“ Die A45 störe die Wölfe vermutlich nicht, weil sie unter den vielen Talbrücken die Autobahn queren könnten. Allerdings bilde die vielbefahrene B54 mit den Dörfern im Volmetal eine Zäsur, die die Raubtiere möglicherweise davon abhalte, sich im Hagener Raum dauerhaft anzusiedeln: „Grundsätzlich kann man dazu aber keine Vorhersage treffen“, betont Kaiser.
Umfangreiche Förderung für Tierbesitzer
Die Ausweisung einer Herdenschutz-Förderkulisse sowie einer umgebenden Pufferzone beim Vorkommen eines territorialen Wolfes ist insbesondere für die Weidetierhaltung von großer Bedeutung. Mit den Förderrichtlinien führt das Land NRW die bereits seit der erstmaligen Rückkehr eines Wolfes Ende 2009 gängige Praxis fort, die vom Wolf verursachten Tierrisse finanziell auszugleichen. Billigkeitsleistungen (Höhe 100 Prozent) werden unter anderem für Tierverluste, für die Kosten für den Tierarzt und für Medikamente gewährt. Das Land Nordrhein-Westfalen gleicht darüber hinaus die Schäden an Schutzvorrichtungen sowie die finanziellen Schäden durch Fehlgeburten finanziell aus, die durch Wölfe ausgelöst wurden.
Zusätzlich können Betriebe mit Tierhaltungen von Schafen und Ziegen sowie von Gehegewild in einer Förderkulisse auch Mittel für vorbeugende investive Herdenschutzmaßnahmen in Höhe von 100 Prozent beantragen. Gefördert werden der Erwerb von Elektrozäunen sowie die wolfssichere Optimierung bestehender Zäune. Dagegen wird die Anschaffung und Ausbildung von geeigneten Herdenschutzhunden in der Pufferzone finanziell nicht unterstützt, sie ist auf den zentralen Bereich im Märkischen Kreis beschränkt.