Hagen. Aufgrund der Sperrung der Altenhagener Hochbrücke für Lkw kommen auf Wirtschaft und Speditionen weitere Belastungen zu
Mit einer Mischung aus Wut, Ratlosigkeit und Verzweiflung haben am Mittwoch die Hagener Speditionsbranche, aber auch die lokale Wirtschaft auf die von der Stadt für diesen Donnerstag, 11. April, angekündigte Not-Sperrung der Altenhagener Hochbrücke (Ebene 2) für den Lkw-Verkehr reagiert.
Vor allem wird angesichts fehlender, belastbarer Ausweich- und Umleitungsrouten eine weitere Verschärfung der Stausituation rund um den City-Ring befürchtet. Die Stadt Hagen hatte diesen drastischen Schritt am Dienstagabend angekündigt, weil eine Bauwerksprüfung erhebliche Schäden an der Stahlbeton-Konstruktion ergeben hatte.
„Diese Kontrollen finden in regelmäßigen Abständen statt“, erläuterte Baudezernent Henning Keune im Gespräch mit der Stadtredaktion. „Diesmal hat ein externer Gutachter weitere Rissbildungen vor allem an dem Abzweig in Fahrtrichtung Eckesey festgestellt. Dabei handelt es sich um Abplatzungen und angerostete Stahlteile, die vermutlich auf die allerorten auftauchenden Spannungsrissproblematiken zurückzuführen sind.“
Wie es im Inneren der Konstruktion aussehe, wisse niemand, führt der Gutachter die Entwicklung vorzugsweise auf den Schwerlastverkehr zurück, der aufgrund der Sperrung der Rahmedetalbrücke zunehmend auf die B54 ausweicht, um von der A1 aus den Märkischen Raum anzusteuern. Die Stadt geht davon aus, dass die Hochbrücken-Sperrung von Dauer ist.
Stadt will auf Engpässe reagieren
Als Ausweichroute empfiehlt die Verwaltung den Lkw-Fahrern, zunächst einmal in Fahrtrichtung Eckesey hinter dem Kegelcasino den Ring hinab in Richtung Altenhagener Straße/Hauptbahnhof zu fahren und auf der anderen Seite wieder hinauf die Eckeseyer Straße anzusteuern. Allerdings lässt die Ampelschaltung hier bislang lediglich wenige Fahrzeuge passieren, sodass akute Staugefahr besteht.
In Fahrtrichtung Innenstadt sollen die Lkw über dem 3,5-Tonnen-Limit die Bahnhofshinterfahrung in Richtung Haspe nutzen, dann nach links in die Wehringhauser Straße abbiegen, um unter der Bahnunterführung hindurch über den Bergischen Ring wieder die B54 zu erreichen. Dass dies nur „unbefriedigend“ sei, weiß auch Stadtbaurat Keune, der jedoch erst einmal die Verkehrs- und Stauentwicklung sowie die Routenwahl der Lkw-Fahrer in den nächsten Wochen beobachten möchte. „Erst im Anschluss macht es Sinn, veränderte Ampelschaltungen zu konzipieren, zumal wir dafür wieder Fremdaufträge vergeben müssen.“
Baulich möchte der Baudezernent daran festhalten, zunächst einmal die Fuhrparkbrücke zu erneuern und im Anschluss den Fokus auf die Eckeseyer Brücke über die Bahnanlagen hinweg zu richten, die ja direkt an die marode Hochbrücke anschließt und ebenfalls schon als Risikobrücke gilt. „Wir werden hier noch einmal überprüfen, ob sich Optimierungen im Zeitplan ergeben“, versichert Keune, dass die erforderlichen Investitionsmittel vorhanden sein werden.
Wirtschaft drückt aufs Tempo
„Wir brauchen eine Taskforce“, fordert derweil SIHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Geruschkat sofortiges Handeln: „Wenn Hagen ein Organismus ist, dann sind die Verkehrswege unsere Blutbahnen – da reicht es eben nicht aus, zu beobachten und zu monitoren, wenn die Venen verstopft sind.“
Es müsse dringend eine umfassende Planung her, „denn es geht nicht bloß um den Transport von Coils, sondern auch die verlässliche Versorgung des Einzelhandels. Wir müssen in Hagen jetzt viel Geld in die Infrastruktur stecken, sonst geht alles den Bach runter“, drängt Geruschkat aufs Tempo.
Damit spricht er Fabian Betchen von der gleichnamigen Transport-GmbH in der Walzenstraße aus der Seele. Sein Unternehmen transportiert täglich Stahlfrachten aus Haspe ins Lennetal: „Statt bislang über die A46 führt die Ausweichroute jetzt über die Hochbrücke der Volmetalstraße mit 10 km/h. Die Strecke ist komplizierter zu fahren, deutlich länger und somit natürlich auch wieder ein Zeit- und Kostenfaktor.“ Allmählich wüssten seine Fahrer kaum mehr, wo sie noch entlangfahren könnten. „Das macht hier wirklich keinen Spaß mehr“, stellt er den einst lukrativen Speditionsstandort Hagen grundsätzlich in Frage.
Speditionen sind ratlos
„Die Nachricht von der Sperrung hat uns geschockt“, bringt es Jann Mühlhoff von der Hasper Spedition Robert Schmitz auf den Punkt. Sein Betriebsgelände mit Gleisanschluss unweit der Berliner Straße ist ein großer Umschlagplatz für Stahl aus ganz Europa, der in Hagen sowie im Märkischen Raum und im Sauerland verteilt wird. „80 Prozent unserer Touren führen über die Ebene 2“, macht er deutlich, dass der Stop-and-Go-Verkehr über improvisierte Umleitungsrouten ja auch die Umweltproblematik in Hagen erneut verschärfe.
Mit 30 eigenen Lkw und zehn Fahrzeugen von Subunternehmern ist die Spedition täglich im heimischen Raum unterwegs und damit ohnehin schon von den Sperrungen in Lüdenscheid und rund um Altena betroffen. „Wir suchen inzwischen schon auf Karten nach den besten Alternativrouten in Richtung Iserlohn, aber das ist am Ende alles eine Wahl zwischen Pest und Cholera.“
Der Hagener Rat wird sich an diesem Donnerstag, 11. April, aufgrund eines SPD-Dringlichkeitsantrags mit der Sperrungsproblematik beschäftigen. Die Genossen wollen dabei von der Verwaltung erfahren, welche verkehrslenkenden Maßnahmen geplant sind, um die Bürger in den innerstädtischen Wohngebieten vor erhöhten Lärm- und Abgasbelastungen zu schützen.
Darüber hinaus soll erläutert werden, ob es bauliche Maßnahmen gibt, die die Hochbrücke stabilisieren könnten und wie eine Gesamtkonzeption rund um die B54 aussehen könnte.