Boele. Investor möchte sich beim Boeler St.-Johannes-Hospital nicht engagieren. Krankenhaus-Gesellschaft sucht weiter einen Käufer

Die Fassade des ehemaligen St.-Johannes-Hospitals in Hagen-Boele lässt nicht gerade vermuten, dass hier erst vor wenigen Monaten der Betrieb eingestellt wurde. Es könnte beim Anblick der bröckelnden Fassaden sowie der völlig aus der Zeit gefallenen Pforte auch schon deutlich länger her sein, dass Patienten hier auf höchstem medizinischen Niveau professionell um- und versorgt wurden. Doch diese Ära ist erst seit dem vergangenen Jahr endgültig vorbei, die Katholische Krankenhaus-Gesellschaft sucht nach der Schließung des Hauses dringend einen Käufer für die stadtbildprägende Immobilie unweit des Boeler Zentrums: Für ein niedriges einstelliges Millionengebot lässt sich das Objekt mit einer Gesamtfläche von etwa 18.000 Quadratmetern auf einem etwa 26.000 Quadratmeter großen Grundstück offensichtlich erwerben. Seit Wochen wird im Umfeld des „Boeler Doms“ bereits spekuliert, ob denn der Hagener Immobilienkaufmann Udo Krollmann, der bereits das St.-Marien-Hospital in der Innenstadt erworben hat und dieses in den nächsten Monaten in eine Schule verwandeln wird, nicht auch im Hagener Norden zugreifen wolle. Doch auf Anfrage der Stadtredaktion hat der Investor jetzt endgültig abgewunken: „Wir haben das Objekt wohlwollend geprüft, konnten uns jedoch nicht zu einer Übernahme entschließen.“

Wir haben das Objekt wohlwollend geprüft, konnten uns jedoch nicht zu einer Übernahme entschließen.
Udo Krollmann - Immobilien-Kaufmann

Standort mit großer Tradition

Der Standort hat als Anlaufstelle für Patienten eine durchaus weit in die Vergangenheit zurückreichende Tradition. Nach einer Cholera-Epidemie holte der damalige katholische Pastor Wilhelm Hecking bereits im Jahr 1867 zwei Franziskanerinnen zur Betreuung der Kranken nach Boele. Sie wirkten bei der Versorgung von Kranken und Waisen ab 1869 zunächst in einem Fachwerkhaus, bevor der Geistliche in den Jahren 1873/74 ein erstes Krankenhaus errichten ließ. Der mit Schiefer verkleidete Bau, der 1879 noch durch eine Kapelle sowie später durch zwei weitere Anbauten sowie einen Operationssaal und eine Isolierstation ergänzt wurde, fiel bereits wenige Jahrzehnten später einem Abriss zum Opfer, um 1930 Platz zu schaffen für das Boeler St.-Johannes-Hospital. Über Jahrzehnte entwickelte sich das Haus zu einer wichtigen und geschätzten Anlaufstelle mit gefragten Fachdisziplinen nicht nur für die Menschen im Hagener Norden.

Die Zukunft des St.-Johannes-Hospitals in Boele steht weiter in den Sternen. Bis heute ist kein Käufer in Sicht.
Die Zukunft des St.-Johannes-Hospitals in Boele steht weiter in den Sternen. Bis heute ist kein Käufer in Sicht. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Krollmann hatte sich für den sanierungsbedürftigen Bau tatsächlich interessiert, um dort sowohl den Verwaltungssitz eines Hagener Unternehmens zu etablieren als auch verschiedene Wohnkonzepte umzusetzen. Selbst die übergangsweise Unterbringung von bis zu 120 Flüchtlingen in einem separierten Seitenflügel wäre, so ergab ein erstes Vorgespräch mit Hagens Ordnungsdezernent André Erpenbach, an der Hospitalstraße vorstellbar gewesen. Sogar eine Ansiedlung der nach einer neuen Bleibe suchenden Arbeitsagentur hätte sich in Krollmanns Augen in dem Hospital-Komplex umsetzen lassen. Doch Agentur-Chefin Katja Heck, die mit dem Gros ihres Teams zurzeit noch in der Nordwest-Immobilie an der Berliner Straße in Haspe provisorisch untergebracht ist, winkte dankend ab.

Erheblicher Modernisierungsbedarf

Eine genauere Inaugenscheinnahme des Objektes nährte bei dem Immobilienkaufmann zuletzt jedoch eher die Zweifel als den Investitionsmut: „Der Grundriss eines Krankenhauses ist schon sehr speziell und für andere Nutzungen eher schwierig zu entwickeln“, scheute Krollmann den immensen baulichen, aber vor allem finanziellen Aufwand, zumal auch die Gebäudetechnik – und damit ist nicht bloß der energetische Zustand von Fenstern und Fassade gemeint – in weiten Teilen kaum mehr dem Standard der Zeit entspreche. „Hinzu kommen die enormen baurechtlichen Auflagen, die durch eine Nutzungsänderung ausgelöst werden. Allein der Brandschutz verschlingt hier Unsummen“, weiß er aus seiner langjährigen Erfahrung die Preisentwicklung abzuschätzen: „Am Ende stehen die Kosten in keiner Relation zu der Miete, die man hier an diesem Standort erzielen kann.“

Am Ende stehen die Kosten in keiner Relation zu der Miete, die man hier an diesem Standort erzielen kann.
Udo Krollmann - Immobilienkaufmann

Hinzu kommt, dass der Investor Sicherheitsbedenken hegt und eine mögliche Antistimmung im Umfeld der Immobilie nicht unnötig provozieren möchte. Dabei hebt er nicht bloß auf die nächtlichen Besuche von dubiosen Gestalten in dem Komplex ab, die bei Dunkelheit glauben, noch einige Beutestücke ergaunern zu können – Bunt- und Altmetalldiebe sind bei leerstehenden Gebäuden bekanntlich immer wieder ungebetene Gäste. Die Polizei Hagen bestätigt derartige Vorfälle durchaus, und die Beamten haben nachts hier auch schon Obdachlose aufgemischt.

Bedenken wegen der Sicherheit

Doch besonders stutzig machte Krollmann zuletzt ein Brand in einem Büroraum im Erdgeschoss. Hier stand Mitte März nachts um 2.20 Uhr plötzlich ein Aktenschrank in Flammen. Die Brandmeldeanlage sorgte zwar dafür, dass die Feuerwehr rechtzeitig vor Ort war, um die Flammen frühzeitig eindämmen konnte. Doch die einzigen Personen, die in der Nacht eine Scheibe einschlugen und in aller Eile durchs Fenster einstiegen, waren die Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr, ansonsten fanden sich keinerlei Einbruchsspuren an dem Bau. Krollmann möchte über mögliche Motive und Hintergründe dieser Brandstiftung, zu der es bis heute keinen einzigen relevanten Zeugenhinweis gibt, gar nicht erst spekulieren. Doch er will mit seinen Aktivitäten keinesfalls zwischen den Befindlichkeiten unterschiedlicher Interessensgruppen zerrieben werden und zieht sich somit auch aufgrund von Sicherheitsbedenken von der Idee zurück, dem Boeler Krankenhaus als Projektentwickler neues Leben einzuhauchen.

Zu dem Boeler Krankenhaus-Komplex zählen auch erhebliche Außenflächen. Insgesamt umfasst das Areal 26.000 Quadratmeter.
Zu dem Boeler Krankenhaus-Komplex zählen auch erhebliche Außenflächen. Insgesamt umfasst das Areal 26.000 Quadratmeter. © Hans Blossey

Henning Eichhorst, Geschäftsführer der Katholischen Krankenhaus-Gesellschaft, hält sich derweil zu möglichen weiteren Kaufinteressenten bedeckt. Der Noch-Eigentümer des St.-Johannes-Hospitals ließ zuletzt lediglich über eine Sprecherin verlautbaren, dass man sich im Verhandlungsprozess befinde und es mehrere ernsthafte Interessenten gebe. Eine vielsagende Wasserstandsmeldung, die vor allem für eines sorgt: reichlich Spielraum für weitere Spekulationen rund um den „Boeler Dom“.