Hagen. Immer mehr Tierbesitzer in Hagen wollen ihre Schützlinge loswerden und meinen, der Tierschutzverein werde schon helfen. Doch der ist überfordert.
Der Tierschutzverein Hagen stellt die Vermittlung von Tieren aus privatem Besitz vorläufig ein. Grund: Die Mitarbeiter, die allesamt ehrenamtlich tätig sind, seien total überlastet und überfordert, so die Vorsitzende Birgit Ganskow: „Wir sind am Limit. Wir müssen die Reißleine ziehen. So leid wie es uns tut, aber es ist nicht mehr machbar.“
Das Vermitteln von Tieren gehört eigentlich ohnehin nicht zum Repertoire des Tierschutzvereins, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, in Not geratenen Tieren zu helfen. Diese Arbeit ist mit hohem Aufwand verbunden, gehört dazu doch die Pflege von verletzten Tieren, die Versorgung herrenloser Tiere (vor allem hunderter freilebender Katzen) oder auch die medizinische Versorgung von kranken Tieren.
Mitarbeiter pflegen Tiere zu Hause
Dabei kümmert sich der Tierschutzverein keineswegs nur um Haustiere, sondern auch um wilde Tiere, die verletzt oder hilflos aufgefunden werden. Einige Mitarbeiter des Vereins haben bei sich zu Hause Pflegestellen eingerichtet, nehmen kranke Tiere auf und versorgen diese, bis sie wieder gesund sind. Dazu kommen noch einige Pflegestellen außerhalb von Hagen, mit denen der Verein seit Jahren zusammenarbeitet.
Doch immer wieder habe der Verein auch Menschen geholfen, die ihre Tiere abgeben müssten oder abgeben wollten, berichtet Birgit Ganskow. Dieser Service sei allerdings inzwischen ausgeufert: „Wir machen das alles als Ehrenamt in unserer Freizeit neben Beruf, Familie und eigenen Tieren. Das hat jetzt einen Umfang erreicht, den wir nicht mehr leisten können.“ Der Tierschutzverein habe zwar seine Geschäftsstelle in den Räumlichkeiten des Tierheims an der Hasselstraße, könne aber dort keine Tiere unterbringen: „Es ist schon ein großes Glück, wenn bei uns mal eine Pflegestelle frei ist.“
Argumente helfen nicht weiter
Die Vermittlung eines Tiers sei aufwändig, erfordere zahlreiche Gespräche, Posts in sozialen Netzwerken, Vorstellungstermine, Gesundheitskontrollen und Treffen, so Ganskow. Viele Leute würden ihre Tiere abgeben wollen mit dem Argument, dass sie die gestiegenen Tierarztkosten nicht mehr bezahlen könnten. Das müsse man sich überlegen, bevor man ein Tier anschaffe, ansonsten handele man unverantwortlich gegenüber diesen Lebewesen.
Doch mit Argumenten sei vielen Tierhaltern ohnehin nicht beizukommen, müssen Ganskow und ihre Mitstreiter fast täglich erfahren: „Wir werden angebrüllt und angepampt, wenn wir nicht so handeln, wie die Leute es erwarten.“ Neulich habe sich ein Mann darüber beklagt, dass der Staat nicht die Tierarztkosten für Bürgergeldempfänger übernehme. Daraufhin habe sie ihm geantwortet, dass Tierhaltung ein Hobby sei, das jeder selbst finanzieren müsse, so die Vorsitzende: „Sonst könnte man ja hingehen und vom Staat verlangen, dass er die Mitgliedschaft im Golfclub bezahlt.“
Kaninchen eignen sich nicht als Ostergeschenk
Unter den Tieren, die die Leute loswerden wollten, seien Hunde und Katzen ebenso wie Vögel und Kleintiere. Ganskow warnt davor, zu Ostern Kindern mit Kaninchen zu beglücken, was leider oft genug vorkomme: „Kaninchen sind keine Kuscheltiere, die gern auf den Arm genommen werden.“ Zudem sei es nicht artgerecht, ein Kaninchen allein oder zusammen mit einem Meerschweinchen zu halten.
Allein im Jahr 2023 habe der Verein über 70 Kaninchen und Meerschweinchen, die aus den unterschiedlichen Gründen abgegeben werden sollten, versorgen müssen. Dazu gehörten auch die Impfungen und die Kastration der männlichen Tiere. „Ein enormer Kostenaufwand für den Verein“, so Ganskow.
Die Vermittlung von Tieren an neue Besitzer müsse der Tierschutzverein Hagen jetzt einstellen: „Wir sind mit den Kapazitäten am Ende und schaffen sonst unsere sehr anstrengende und zeitintensive Tierschutzarbeit nicht mehr. Wir suchen dringend Menschen, die uns unterstützen bei dieser Arbeit, nur so könnte man die Vermittlung wieder anbieten.“
Die bislang zugesagten Tiere seien nicht betroffen: „Hier helfen wir noch, bis alle ein Zuhause haben.“