Hagen. Trauriger Start ins Leben: Drei Welpen wurden ausgesetzt, ein Hundebaby überlebte die Strapazen nicht. Doch dann fand sich eine Ersatz-Mutter.
Es war eine kalte Nacht, als die drei Welpen vor der Deutschen Bank in Hagen ausgesetzt wurden. Sie fiepten jämmerlich in ihrem Karton und froren zum Gotterbarmen, ihr Leben stand auf Messers Schneide.
Ingo Franchi-Schröder vom städtischen Bereitschaftsdienst für in Not geratene Tiere brachte die Hundekinder nach Rücksprache mit Birgit Ganskow, der Vorsitzenden des Tierschutzvereins Hagen, direkt in die Tierklinik Duisburg. Doch später bekamen einer eine Pneumonie, der zweite eine Nabelentzündung, der dritte starb nach wenigen Tagen. „Sie waren schlecht gewappnet für ihre erste Lebenszeit“, sagt Tierärztin Annika Möhl, Leiterin des Hagener Tierheims.
Zwei kleine Hunde sind quietschfidel
Dass zwei der kleinen Hunde inzwischen zehn Wochen alt und quietschfidel sind, haben sie Franziska Hentschel (39) zu verdanken. Die Mitarbeiterin des Tierheims nahm die Welpen bei sich auf und kümmerte sich aufopferungsvoll um sie. Sie zog mit ihnen zu Hause ins Gästezimmer und stand alle 90 Minuten auf, um Jenna und Yuma mit einer speziellen Welpenmilch zu füttern und sie zu säubern. „Es war ein Geduldsspiel, bis sie die Flasche nahmen“, berichtet sie: „Es war ein Kampf, aber es hat sich gelohnt.“
Denn immer schwebte ja der Tod des dritten Welpen über den Geschehnissen. Das Tierheim hatte die Findelkinder zunächst einer Hündin, die gerade geworfen hatte, unterjubeln wollen, doch diese biss die fremden Welpen weg und verletzte das kleine Männchen. „Die folgende medizinische Behandlung war zu viel für die kleinen Organe“, berichtet Annika Möhl: „Wir haben alles gegeben, aber er hat es nicht geschafft.“
Unterstützung durch die Familie
Franziska Hentschel ist mit ganzem Herzen Tierschützerin: „Eine gewisse Verrücktheit gehört dazu.“ Aber sich rund um die Uhr um zwei völlig hilflose Hundewaisen zu kümmern, das wäre nicht zu schaffen gewesen ohne die Unterstützung ihrer Familie. Ihr Mann, der einen Handwerksbetrieb führt, übernahm das morgendliche Ritual aus Frühstück machen und Brote schmieren für die beiden Söhne (11, 12) und schickte die Jungs zur Schule. Trotzdem war die Mutter froh, als sie nach zwei Wochen die Fütterungsintervalle erst auf zweieinhalb und später auf drei Stunden ausdehnen durfte: „Und als ich sagen konnte, die Kleinen sind über den Berg.“
Ihre Belohnung waren die herzerweichenden Beobachtungen, die anzeigten, dass die Hundekinder sich gut entwickelten. Als sie, die blind und taub zur Welt gekommen waren, die Augen öffneten. Als sich die Ohrmuscheln ausbildeten. Als sie zum ersten Mal auf vier wackeligen Beinen standen und umhertapsten. „Das waren besondere Momente.“
Sorge um die Mutter der Welpen
Auf dem Video einer Überwachungskamera ist zu sehen, wie ein Unbekannter in der Bahnhofstraße hält, aus dem Auto aussteigt und einen Karton abstellt. Das Nummernschild des Wagens oder andere Einzelheiten sind nicht zu erkennen. Noch in der Nacht zum 15. Januar informierte ein anonymer Anrufer das Tierheim darüber, dass sich vor der Deutschen Bank drei neugeborene Hunde in einer Kiste befänden. Tierärztin Möhl wüsste zu gerne, wer die Winzlinge ausgesetzt hat und wie es der Mutter geht: „Sie hat Milch für die Kleinen, die ihr ganz sicher Probleme verursacht.“
Doch bislang gibt es keine Hinweise auf den Besitzer. Franziska Hentschel sind die beiden Waisen während der Aufzucht dermaßen ans Herz gewachsen, dass sie sich entschieden hat, Jenna zu behalten. Eine Entscheidung, die ihr Havanese-Malteser-Mischling reserviert aufnehmen dürfte: „Er hält Abstand zu den Welpen, die Sache ist ihm offenbar suspekt“, lacht die Tierschützerin.
Hunderasse stammt aus Südafrika
Denn schon jetzt, im Alter von zehn Wochen, ist Jenna dem Mischling über den Kopf gewachsen. Und wenn sie ausgewachsen ist, wird der Unterschied riesig sein. Denn Jenna ist ein Rhodesian Ridgeback – eine in Südafrika gezüchtete Rasse, die u.a. zur Löwenhatz eingesetzt wurde. 40 Kilo wird sie einmal wiegen bei einem Stockmaß von 60 Zentimetern.
Diese Hunde, obwohl zurückhaltend und nicht aggressiv, sind überaus kraftvoll und benötigen eine gute Erziehung: „Sie sind nichts für Anfänger“, betont Tierärztin Möhl, die früher selbst einen Ridgeback besaß. Jennas Schwester Yuma wird denn auch in die Obhut einer Hunde-erfahrenen Familie in Hagen gegeben, womit gewährleistet bleibt, dass sich die beiden Geschwister auch zukünftig begegnen können.
Ohne ihre Ersatz-Mutter Franziska Hentschel hätte diese Geschichte freilich kein so gutes Ende genommen.