Hagen-Haspe. Die Evangelische Kirchengemeinde Haspe bietet ab Sonntag wieder einen Passionsweg an - diesmal durch den Forst auf dem Tücking.
Auf der Suche nach Entschleunigung, Erholung und innerer Einkehr wird der Lebensraum Wald mit seinen reinigenden und heilenden Kräften von vielen Menschen als das geeignete Ziel empfunden, um Entspannung zu finden und Kraft zu tanken. Hier kommt der Geist zur Ruhe, man spürt die Verbindung zum inneren Kern und fühlt sich geerdet.
Denn der Wald ist ein Ort der Geborgenheit, mit seiner fühlbaren Stille und kraftvollen Ausstrahlung überträgt er tiefe Ruhe ebenso wie Faszination und Zauber, aber auch Harmonie und Gleichgewicht. Für die Evangelische Kirchengemeinde Hagen-Haspe wird der Forst als eine Art göttliche Schöpfungskulisse anlässlich der Passionswoche somit pünktlich zur Osterzeit wieder einmal zum idealen Revier für spirituelle Meditation.
Im Tückinger Wald wird jedoch zwischen Tückingschulstraße und Café Halle nicht etwa der klassische Kreuzweg, der die Leidensstationen Jesu über die Via Dolorosa auf dem Weg nach Golgatha beschreibt, nachgezeichnet. Vielmehr geht es darum, in der imposanten und zugleich ein wenig demütig machenden Atmosphäre stattlicher Laubbäume ein spirituelles Erlebnis in der Abgeschiedenheit abseits des Stadtlärms zu schaffen.
An acht Stationen wird unter dem Leitmotto „Kreuze am Weg“ der Wald zu einem Ort der persönlichen Reflexion oder gar des Gebets, weil die Kulisse die passende Atmosphäre für eine tiefere Verbindung zur Schöpfung und zum Schöpfer bietet. An diesem Sonntag, 24. März, wird die nur wenige hundert Meter lange Wegstrecke, an deren Rändern 24 kleine, türkisfarbene Holzkreuze für Orientierung sorgen, um 14 Uhr mit einer Andacht unter den Buchen offiziell eröffnet.
Idee aus den Corona-Jahren
Dieses Angebot wird von den Hasper Protestanten – die Idee wurde während der Corona-Pandemie anlässlich der Sperrung der Gotteshäuser geboren – jetzt schon im vierten Jahr in Folge angeboten: 2021 führte die erste Route als eher klassischer Passionsweg quer durch Haspe, im Folgejahr als „Weg der Hoffnung“ über den Tückinger Philosophenweg, bevor es dann im Vorjahr auf dem „Weg der Erinnerung“ über den evangelischen Teil des Hasper Friedhofs ging. „Die Resonanz war damals wirklich großartig“, freut sich Mitorganisatorin Karin Thoma-Zimmermann, dass die Menschen die liebevoll gestalteten Szenerien auch tatsächlich wertschätzen und respektieren. „Und wenn tatsächlich mal was beschädigt wird, findet sich immer jemand, der sich bei uns meldet, sodass wir uns sofort kümmern können.“
Wobei beim Hasper Kirchenteam in diesem Jahr die Sorge eher gering ist, dass ignorante Vandalen ausgerechnet im tiefen Forst über die Installationen am Wegesrand herfallen könnten. Hier wirkt alles gedämpft und sanft. Jeder Schritt auf dem weichen, nachgiebigen Waldboden scheint lautlos und führt die Spaziergänger hinein, zum Ort der Ruhe.
Zwischen den hohen Buchen und der prägnanten Eichen-Gruppe auf den Wiesen rund um Café Halle laden die acht Stationen zwischen mächtigen Stämmen und üppigen Tümpeln mit Froschlaich zum Nachdenken ein: „Dieses Angebot ist auch für Leute geeignet, die nicht so gut zu Fuß sind“, betont Ingrid Sauder, dass hier keine besondere Wanderkondition erforderlich sei.
Die Themenpalette ist vielfältig: „Kreuzverkehr“ ist der Auftakt betitelt, der sich mit der Autoflut in unserer Welt beschäftigt: „Natürlich müssen wir uns angesichts der Zulassungszahlen und dem Klimawandel fragen, ob das so weitergehen kann“, meint Pfarrer Jürgen Schäfer. Nur wenige Meter weiter präsentiert sein früherer Kollege Heinrich Baumann anhand eines eindrucksvollen Bildmotivs von Beate Heinen (1986) die biblische Botschaft von der Geburt Christi über die Kreuzigung bis hin zum ewigen Leben. Alles unter dem Leitgedanken: „Ich weiß nicht, wohin Gott mich führt, aber ich weiß, dass er mich führt.“
Viele Impulse auch für Kinder
Aber auch der Gesundheitsaspekt „Das Kreuz mit dem Kreuz“ bleibt ebenso wenig ausgeklammert wie andere Lasten des Alltags, die Themen Liebe, Glaube, Schöpfung und Hoffnung sowie das Miteinander von Nachhaltigkeit, Schöpfungsbewahrung und Fortschritt. Dazu passt auch eine Station rund um Artensterben und Biodiversität, wo anhand der Beispiele Igel und Kuckuck sehr konkret veranschaulicht wird, warum es um diese Fauna aufgrund von Nahrungsmangel, Pestiziden, Überdüngung, Mährobotern und Klimawandel immer stiller wird.
Garniert werden die Anlaufpunkte allesamt mit kleinen Info-Tafeln, Bastel- und Rätselangeboten für Jung und Alt, Bauanleitungen beispielsweise für Igel-Unterschlüpfe und zahlreiche QR-Codes, die per Smartphone zu weiteren Hintergründen, Musikbeiträgen oder auch passenden Geräuschkulissen führen. Den Abschluss bildet die Station „Neues Leben“, die unter den imposanten Eichen eindrucksvoll den Kreislauf der Natur veranschaulicht, indem Totholz sich wieder in neues Leben verwandelt.
Apropos – wer mag, kann wenige Meter weiter nach dem Vorbild der Golfsportler (19. Loch) noch eine neunte Station ansteuern: Nach der geistigen Erbauung liefert ein kulinarisches Verwöhnprogramm im Ausflugslokal um die Ecke sicherlich die passende Abrundung. Nach dem wohltuenden Duft des Waldbodens, der Moose und der Harze der Bäume sind die Sinne bestimmt besonders geschärft für Kaffeeduft oder verführerische Röstaromen.