Ischelandhalle. Seit Jahren wird über eine neue Arena in Hagen diskutiert. Aber warum erweitert man die bestehende nicht noch mal? Porträt einer Sportstätte.
Der Traum von einer Spielstätte, in der Bundesligabasketball in Hagen vor über 4000 oder 5000 Zuschauern gespielt werden kann, ist ein gutes Vierteljahrundert alt. Als Ende der 1990er und Anfang der 2000er-Jahre klar wurde, dass die Ischelandhalle mit damals (offiziell) 1750 Plätzen, die in weiterer Vergangenheit in einem brandschutztechnischen Himmelfahrtskommando mit bis zu 3000 Leuten besetzt wurden, für Bundesliga-Basketball nicht mehr taugt, stieg die Sparkassen-Arena am Horizont empor. 2004 sollte sie Wirklichkeit werden. Sie wurde es nie. Stattdessen gelang unter glücklichster Fügung der Ausbau der legendären „Ische“ auf 3145 Plätze. Während Hagen die zigste Denkschleife zu einem Hallenneubau gerade hinter sich hat und der Traum einer 5000 Zuschauer fassenden Multifunktionsarena erneut geplatzt ist, entsteht nun eine reine Sportstätte für 2300 Zuschauer auf dem Käfig-Gelände vor der „Ische“. Große Chancen für den Schulsport, sehr gute Perspektiven für Eintracht Hagen. Doch der Bundesliga-Basketball, der künftig eher 4500 Plätze benötigt, schaut in die Röhre. Wieso baut man die Ischelandhalle nicht erneut aus?
Die Sparkassen-Arena war Anfang der 2000er-Jahre das Projekt, dass Spitzensport und Spitzenkultur in Hagen auf ein neues Level hieven sollte. Der Aufwind in der Stadt war riesig, die Sparkasse als unterstützendes Zugpferd des damaligen Bundesligisten Brandt Hagen blies mächtig Wind in die Projekt-Segel. „(H)Alle für Hagen“ hieß das Motto. Der Bundesligist blickte auf erfolgreiche Jahre zurück. Die Bevölkerung stand hinter ihm. Doch als er finanziell ins Wanken geriet und trotz mächtigster Anstrengungen und Spenden aus Bürgerschaft und Unternehmen in die Insolvenz ging, zog sich auch die Sparkasse aus dem Hallenprojekt zurück.
Betreiber war schon gefunden
Das ist eine arg verkürzte Darstellung mehrerer Jahre intensiver Hallenbemühungen. Mit der Eventpark GmbH war längst ein Betreiber gefunden. Mit Hochtief ein Generalunternehmer. Doch als Bundesligist Brandt Hagen gegen die Insolvenz kämpfte, wuchs auch der Dissenz. Die Sparkasse legte plötzlich hohe Kredithürden auf, vormalige Partner gerieten in Konflikt. Der Wind beim Kreditinstitut hatte sich gedreht. Das Unternehmen Brandt verließ die Stadt. Das Hallen-Projekt starb, Brandt Hagen starb. Und das, obwohl man nach einer Übergangssaison in Dortmund gehofft hatte, ab 2004 in der großen Hagener Arena zu spielen.
Die Sparkassenarena wurde übrigens spätestens durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster beerdigt. Die Planungen waren darin als „Etikettenschwindel“ bezeichnet worden. Dem damaligen Kläger wurde Recht gegeben. Das Projekt scheiterte nicht nur an der Insolvenz von Brandt, sondern entpuppte sich auch als Klatsche für die Verfahrensbeteiligten. Phoenix Hagen stieg 2004 aus der Asche empor und 2010 ergossen sich, wie durch ein Wunder, Mittel des Konjunkturpakets II über der Stadt. Für 8,7 Millionen Euro konnte die „Ische“ energetisch saniert und ihre Zuschauerkapazität erweitert werden. Aber - aus heutiger Sicht - „nur“ auf 3145 Zuschauer.
Nachfrage beim Architekturbüro Schmahl und Gerigk in Hagen. Das in der Stadt sehr renommierte Büro hatte seinerzeit die Planungen für die Ische-Erweiterung gemacht und dem alten Schätzchen aus dem Jahr 1966 quasi drei Koffer angebaut. Die VIP-Tribüne und zwei Kopftribünen mit Unter- und Oberrang. An jenen Stellen, wo die ursprüngliche Halle nur Wände gehabt hatte. Wäre da noch mehr gegangen, wenn damals noch mehr Geld zur Verfügung gestanden hätte? Oder anders: Könnte man die Halle folglich heute noch mal erweitern. Das Büro verweist auf das Baudezernat. Was in der Sache grundsätzlich nachvollziehbar ist, weil es um ein städtisches Gebäude geht und die Kommunikationshoheit hier dem Baudezernat obliegt.
„Eine echte Herausforderung“
Also die gleiche Nachfrage dort. Baudezernent Henning Keune antwortet nach Rücksprache mit dem Architekturbüro recht knapp: „Die Erweiterung der Ischelandhalle auf mindestens 3000 Zuschauerplätze war damals schon eine echte Herausforderung. Im Bereich der neu geschaffenen zwei Kopftribünen und der VIP-Tribüne sehen wir keinerlei Erweiterungsmöglichkeiten. Selbst bei Abriss und Neubau der Haupttribüne, auch unter Einbeziehung der Ecken, ist eine Schaffung von 1000 bis 1500 zusätzlichen Plätzen nach unserem Dafürhalten nicht möglich.“
Spricht man im Hintergrund mit Menschen, die am Planungsprozess damals beteiligt waren, erfährt man zunächst, dass ein Ausbau der Ecken neben den Haupttribünen schon deshalb nicht möglich ist, weil genau jene Haupttribüne der Knackpunkt ist. Das Betonwerk - ein Original aus dem Jahr 1966 - ist extrem steil und würde nach heutigen Baumaßstäben so nicht wieder errichtet. Wer die Tribüne je hoch gelaufen ist oder auf ihr gesessen hat, kennt das. Die Tribüne genießt Bestandsschutz. Dass an ihr weitere Tribünen befestigt oder aufgehängt werden, ist ausgeschlossen. Zumal man bei einem Eckenausbau nur 300 bis 400 weitere Plätze in der Halle schaffen könne.
Das Problem: das Hallendach
Für die heutige VIP-Tribüne waren bei der Erweiterung der Ischelandhalle drei Felder des Grundgerüsts der einstmals senkrechten Wand gegenüber der Haupttribüne geöffnet worden. „Nur drei“, weil eine weitere Öffnung - und damit eine breitere und fassungsstärkere VIP-Tribüne - dazu geführt hätte, dass das Hallendach zusätzlich hätte abgefangen werden müssen. Kostenpunkt damals: rund 800.000 Euro. Da die Hallenerweiterung aus dem Konjunkturpaket II aber eine Punktlandung war, mussten solche Gedankenspiele schnell begraben werden.
Hätte die Halle denn dann insgesamt nicht größer dimensioniert werden können? Die Kopftribünen waren seinerzeit wie Koffer an die Halle gesetzt worden. Weiter, höher, tiefer? Hier sprach die Sichtbehinderung dagegen. Auf noch höheren Tribünen hätten Zuschauer schlichtweg irgendwann das Spielfeld nicht mehr sehen können - unabhängig von der Sportart. Überdies wäre klar gewesen: die Halle noch mehr auszubauen, um möglicherweise in der Zukunft gefragte Zuschauerkapazitäten der BBL zu decken, hätte nach damaligem Stand zwei Millionen Euro mehr gekostet - ein Totschlagargument.
Noch höher geht nicht
Und: Die Halle in die Breite wachsen zu lassen, ist extrem schwierig. Das Schrägdach der Ische ruht auf einer Pfostenkonstruktion. Die Neigung des Daches macht es zusätzlich kompliziert. Alte Animationen einer ausgebauten „Ische“ - Pläne, die so nie umgesetzt wurden - zeigen eine Art lange stählerne Klammer, die den Versuch des Abfangens der Traglasten auf so weiter Strecke unternimmt. Wie gesagt: Umgesetzt wurde es nie.
Bliebe baulich nur der Abriss und Neubau an gleicher Stelle. Wer diese Musik bezahlen würde? Die Stadt zumindest nicht. Wenngleich andere Kommunen in Deutschland auch baulich in die Spitzensportförderung ihrer Städte eingreifen. Phoenix Hagen entschied zuletzt, dass die „Ische“ die Heimat des Clubs bleiben würde. Vorbehaltlich aller Fantasien der Basketball-Bundesliga.