Hagen. Feuerwehrleute sollen künftig länger arbeiten. Was Beamte aus Hagen gegen eine spätere Pensionierung haben.

Es klingt erst einmal harmlos, was sich die Landesregierung unter dem sperrigen Titel „Zweites Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes“ überlegt hat. Im Kern geht es darum, dass Feuerwehrleute länger als bisher in ihrem Leben arbeiten sollen.

Diese Verschiebung der Pensionierung nach hinten aber sorgt für massiven Unmut bei den Kollegen in Hagen. Und auch bei der Leitung der Wehr um Veit Lenke und bei den Personalräten Marco Slavkovski und Sven Hoffmann.

Feuerwehrleute im Einsatz am Vereinsheim des HTC Blau-Gold: Personalrat und Leitung sprechen von einer steigenden Belastung.
Feuerwehrleute im Einsatz am Vereinsheim des HTC Blau-Gold: Personalrat und Leitung sprechen von einer steigenden Belastung. © WP | Michael Kleinrensing

„Die Neuregelung verfolgt das Ziel, eine möglichst differenzierte, aber auch klare und damit einfach anzuwendende Regelung zu schaffen, die auf der einen Seite den besonderen Belastungen der verschiedenen Tätigkeiten im feuerwehrtechnischen Dienst Rechnung trägt, auf der anderen Seite aber auch den demografischen Wandel und Fachkräftemangel nicht außer Acht lässt“, schreibt die Landesregierung und begründet so, dass Feuerwehrleute nicht mehr mit 60 Jahren in Pension gehen sollen.

61 Jahre soll die künftige Grenze für den mittleren Dienst sein, 62 Jahre für den gehobenen Dienst. 320 Feuerwehrleute in Hagen wären laut Personalrat davon betroffen.

Verständnis für Unmut

Ein Plan, mit dem sich bei der Feuerwehr Hagen offenbar niemand anfreunden kann. Es brodelt unter dem Dach der Wachen Ost und Mitte. Und Veit Lenke, Leiter der Feuerwehr, kann den Unmut nur zu gut verstehen: „Das ist in meinen Augen ein vorschneller Vorstoß, der einfach nicht zu Ende gedacht worden ist“, kritisiert der Feuerwehrchef die Landesregierung überraschend deutlich.

„Das wird dazu führen, dass wir in einer Übergangsphase plötzlich viel zu viel Personal haben.“

Veit Lenke
Feuerwehrchef

Dabei blickt Lenke mit Sorge auf die Belastung der Kollegen, die „in den letzten Jahren definitiv nicht abgenommen habe“, aber auch auf die eigene Personalplanung, die durch eine solche Änderung durcheinandergewirbelt werde. „Das wird dazu führen, dass wir in einer Übergangsphase plötzlich viel zu viel Personal haben.“

Kritik an der geplanten Anhebung der Pensionierungsgrenze für Beamte der Berufseuerwehr Hagen (von links): Sven Hoffmann (Verdi), Marco Slavkovski (Komba), Pressesprecher Peter Thiele und Feuerwehr-Chef Veit Lenke
Kritik an der geplanten Anhebung der Pensionierungsgrenze für Beamte der Berufseuerwehr Hagen (von links): Sven Hoffmann (Verdi), Marco Slavkovski (Komba), Pressesprecher Peter Thiele und Feuerwehr-Chef Veit Lenke © WP | Michael Kleinrensing

Sieben Stunden pro Woche Mehrarbeit

Dabei macht Personalrat Marco Slavkovksi, gleichzeitig Vertreter der Kommunalbeamten-Gewerkschaft Komba, eine Rechnung auf, die das noch einmal unterstreichen soll: „Durch 48 Stunden Einsatzdienst pro Woche kommen die Kollegen auf sieben Stunden mehr als jeder Verwaltungsbeamte. Das sind in Summe am Ende eines Berufslebens mehr als sechs Jahre Arbeitszeit. Das ist in unseren Augen ein gewichtiges Argument, an der bisherigen Regelung festzuhalten.“

Die Einsätze des Rettungsdienstes in Hagen nehmen in den letzten Jahren zu.
Die Einsätze des Rettungsdienstes in Hagen nehmen in den letzten Jahren zu. © WP | Michael Kleinrensing

Für Lenke kommt hinzu, dass die neue Regelung jene, die bereit seien, sich für den höheren Dienst zu qualifizieren, sogar doppelt bestrafe: „Das wird die Motivation nicht steigern“, ist sich der Feuerwehrchef sicher und ergänzt: „Man muss dabei bedenken, dass ja auch die Kollegen im höheren oder gehobenen Dienst ganz normale Einsatzdienste leisten. Sonst würde das System nicht funktionieren.“ Er plädiert stattdessen für eine Einzelfallbetrachtung - auch abhängig davon, ob die Beamten in einer Klein- oder Großstadt Dienst täten.

Keine Zeit zur Regeneration

In der Großstadt Hagen hat das Aufkommen der Einsätze, die die Feuerwehr zu bewältigen hat, massiv zugenommen. Fast 38.000 waren es zuletzt. „Wir merken, wie die Hilflosigkeit in der Bevölkerung wächst“, so Peter Thiele, Sprecher der Feuerwehr: „Es mangelt an dem, was wir unter Hilfe zur Selbsthilfe verstehen.“

Die Folge: Die Zahl der Einsätze steige pro Jahr um fünf bis zehn Prozent. Zeit zur Regeneration während eines Dienstes bleibe den Kollegen insbesondere im Rettungsdienst kaum.

„Wir spüren schon jetzt ein länderübergreifendes Abwerben. Dagegen braucht es eine einheitliche Regelung.“

Marco Slavkovski
Komba

Hinzu käme die Neuordnung der Hagener Krankenhauslandschaft, mit der ja unter anderem der Wegfall der Notaufnahme am geschlossenen Johannes-Hospital in Boele verbunden gewesen war, die für Mehrarbeit im Rettungsdienst sorge. In Summe hätten Feuerwehrleute eine Lebenserwartung, die um fünf Jahre unter dem Bundesschnitt liege.

Konkurrenz der Bundesländer

Ganz anders als in NRW verhalte es sich in Baden-Württemberg: „Dort hat die Landesregierung die Pensionierungsgrenze gerade von 62 auf 60 Jahre gesenkt“, so Marco Slavkovski. „Wir spüren schon jetzt ein länderübergreifendes Abwerben. Dagegen braucht es eine einheitliche Regelung.“

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Ein Abwerben, das auch Lenke Sorgen bereitet: „Wir investieren in die Ausbildung unseres eigenen Nachwuchses“, so Lenke, „wenn dann aber Kameraden fertig sind und sich dorthin bewerben, wo sie bessere Bedingungen vorfinden, zahlt sich dieses Engagement nicht aus. Das Gesamtpaket hat eine gewisse Wirkung.“