Hagen. In Garenfeld fährt neuerdings ein Bus weniger zur Grundschule Berchum. Kinder müssen deshalb im Bus stehen. Zumutbar? Ein Fahrtbericht:
Ist es kleinen Kindern zumutbar, dass sie in einem vollen Bus zur Grundschule stehen müssen? Diese Frage kam jüngst auf, nachdem die Hagener Straßenbahn zwei Einsatzwagen zur Grundschule Berchum und Realschule Hohenlimburg zusammengelegt hat - zum Ärger eines Vaters, der anmahnt, die Kinder hätten im Stehen kaum Möglichkeiten, sich festzuhalten. Auch kommt der Bus nun so früh an der Grundschule an, dass die Kinder noch zwanzig Minuten bis Schulbeginn warten müssen. Wir haben die Schilderungen zum Anlass genommen, selbst in dem Einsatzwagen einzusteigen und die Fahrerin auf ihrer Tour zu begleiten.
Mehr Themen aus Hohenlimburg
- Hohenlimburg: Brücke gesperrt: „So viel Verkehr noch nicht gesehen“
- Hohenlimburg: Kleiner Gemüseladen hat keine Zukunft
- Laserpointer: Schüler und Lehrer am Gymnasium Hohenlimburg verletzt
- Hohenlimburg: Stromanlage kaputt - Stadtfest gefährdet?
- Hohenlimburg: Kann die Fußgängerzone weg?
Ein Bus weniger
7.03 Uhr, Haltestelle „Loxbaum“ in Hagen. „Guten Morgen Hagen“ steht auf der LED-Tafel des Busses, der gerade an der Haltestelle anrollt, und bringt Licht in die frühmorgendliche Dunkelheit. Als der Wagen zum Stehen kommt, wechselt die Anzeige: „E38 Rundturnhalle“. Die erste Jugendliche steigt ein. Eine Schülerin, die zur Realschule Hohenlimburg will. Für Vanessa Rafael ein bekanntes Bild. Sie fährt regelmäßig mit einem Kollegen den Einsatzwagen E38 und arbeitet auch an den Fahrplänen.
„Wir hatten vorher zwei Einsatzwagen mit jeweils wenig Auslastung auf den Routen“, erklärt Rafael, weshalb man sich entschieden habe, die Buslinien zusammenzulegen. Das kann man als Sparzwang auslegen. Man kann aber auch sagen, es fährt ein Bus und damit auch ein Busfahrer weniger auf der Straße - in Zeiten von Nachhaltigkeit und Personalmangel gewichtige Argumente für die Busplaner der Straßenbahn. „Wir brauchen händeringend Leute“, weiß Rafael. Sie selbst ist seit 2008 bei der Hagener Straßenbahn und sitzt seit zwölf Jahren hinterm Steuer.
Auch interessant
Wenig Fahrgäste
Der E38 rollt los, fährt zunächst die Haltestellen in Helfe ab. Nur wenige Schüler stehen an diesem Morgen am Straßenrand. Als der Bus weiterfährt in Richtung Garenfeld, sind nur eine handvoll Jugendliche eingestiegen und noch einige Plätze frei. „Gleich wird es voller“, weiß Rafael. Wie viele Schülerinnen und Schüler sie befördern wird, kann sie trotz Erfahrung im Vorfeld aber nie genau sagen. „Es ist unterschiedlich. Mal sind es mehr, mal weniger.“ An die Kapazitätsgrenze käme der Bus mit seinen knapp hundert Steh- und Sitzplätzen aber nie.
Schüler müssen stehen
Rund zwanzig Schülerinnen und Schüler sammelt sie an den Haltestellen in Garenfeld ein - die meisten wollen zur Realschule. Die Sitzplätze sind bald alle belegt. Wer dann zusteigt, der muss stehen. Grundsätzlich ist die Hagener Straßenbahn nicht verpflichtet, Sitzplätze für alle Kinder bereit zu halten. „Es stehen immer Schüler“, sagt Rafael. Um mehr Sitzplätze anbieten zu können, habe man zwar über den Einsatz eines Gelenkbusses auf der Route nachgedacht. „Aber ein Gelenkbus kann nicht durch die engen Straßen in Berchum fahren.“ Auf der kurzen Strecke von Garenfeld nach Berchum sei aber noch niemandem etwas passiert, blickt sie auf die kleinsten Fahrgäste in ihrem Bus.
Warten bis Schulbeginn
Gut zehn Minuten braucht der Bus von Garenfeld bis zur Grundschule in Berchum. Das liegt im gesetzlichen Rahmen: Das Schulministerium NRW gibt vor, dass für Schülerinnen und Schüler von Grundschulen ein Schulweg mit dem Bus von unter einer Stunde für Hin- und Rückfahrt zumutbar ist. Als der Einsatzwagen vor der Grundschule Berchum hält, steigen drei Kinder aus. An anderen Tagen sind es deutlich mehr, manchmal um die 20 Kinder. Es ist 7.35 Uhr - in zwanzig Minuten beginnt der Unterricht. Diese Wartezeit für die Kinder ist zumutbar, zumindest aus Sicht des Schulministeriums NRW, das maximal 45 Minuten Wartezeit vor und nach dem Unterricht als Maßstab vorgibt. Ein Maßstab, an dem sich auch die Straßenbahn orientiert.
Freie Plätze
Der Bus rollt weiter zur Haltestelle „Garenfelder Weg“ mitten in Berchum. Drei Jugendliche steigen ein, sie wollen zur Realschule Hohenlimburg. „Das ist ein Vorteil, den die Zusammenlegung hatte“, sagt sie. Denn nun ist die Realschule besser an Berchum angebunden. Die letzte Etappe führt den Bus vorbei an der Feuerwache und der Lenne-Arena. Zehn Minuten vor Schulstart hält der Einsatzwagen E38 vor der Realschule Hohenlimburg. Endstation. Der Bus ist kaum zur Hälfte gefüllt, Stehplätze gibt es noch reichlich. Das kann morgen wieder anders sein, weiß Vanessa Rafael. „Aber Platz gibt es genug.“